Die Tränen der Maori-Göttin - Lark, S: Tränen der Maori-Göttin
seit längerem nicht mehr beigelegen – ohne zu warten, bis sie selbst es sich verbat. Juliet war seitdem eher noch unleidlicher. Sie genoss die Liebe mit Patrick nicht so sehr wie damals mit Kevin, aber es fehlte ihr doch etwas, und sie hasste es, unförmig und unbeweglich zu sein wie ein gestrandeter Wal.
»Na, hier ist die Versorgung ja auch nicht die allerbeste«, griff sie jetzt eines ihrer Lieblingsthemen wieder auf, die Frage nach der Geburtshilfe.
Nach endlosen Wortgefechten hatte man sich darüber auf einen Kompromiss geeinigt: Juliet würde keine Maori-Hebamme haben, aber auch keinen Arzt aus der Stadt. Stattdessen würde die pakeha -Hebamme aus Lawrence kommen – sofern sie nicht gerade eine andere Entbindung hatte. Juliet hielt ihrem Mann und ihren Schwiegereltern immer wieder vor, dass eine einzige Geburtshelferin doch keinen ganzen Landkreis abdecken könne, ohne dass man gefährliche Engpässe riskiere.
Patrick und Lizzie dachten dagegen eher an den zu fälschenden Geburtstag des Kindes – auch in Lawrence war man schließlich fähig, die Monate von der Hochzeit zur Geburt zusammenzurechnen. Allerdings wusste dort niemand, dass Juliet vorher mit Kevin zusammen gewesen war, insofern würde der Klatsch nicht allzu bösartig ausfallen. Lizzie hätte trotzdem eine Maori-Frau vorgezogen. Denen war die Vaterschaft der Kinder weitgehend egal.
Letztendlich ging dann aber alles sehr gut – zumindest in den Augen der Drurys, die Geburten realistisch sahen. Wie die meisten Erstgebärenden lag Juliet viele Stunden in den Wehen. Die Hebamme hatte reichlich Zeit, zu ihr zu kommen und warauch nicht anderweitig beschäftigt. Dazu hatte sich das Kind einen Samstag ausgesucht, um zur Welt zu kommen – Patrick war schon auf dem Weg nach Lawrence, als die Wehen einsetzten. Er kam fast gleichzeitig mit der Hebamme auf Elizabeth Station an – wo er eine gelassene Lizzie und eine völlig hysterische Juliet vorfand. Juliet hatte seit Stunden Wehen und war überzeugt, noch an diesem Tag sterben zu müssen.
»Ich habe ihr jetzt schon dreimal gesagt, dass sich die Geburt bei Menschen nun mal länger hinzieht als bei Schafen oder Pferden«, beschied Lizzie ihren Sohn, der gleich bereit schien, sich ebenfalls aufzuregen. »Sie glaubt es mir bloß nicht, keine Ahnung, in welcher Welt sie bisher gelebt hat! Jedenfalls brauchst du mir keine Vorwürfe zu machen, ich habe getan, was ich konnte. Sie hat ein ordentliches Zimmer, ein sauberes Bett – ich habe ihr Tee gekocht und sogar eine Flasche Wein aufgemacht, in der Hoffnung, dass es sie etwas beruhigt. Und jetzt ist Sharon ja auch da, sie ist also in besten Händen.«
Aus Juliets Zimmer erklang eben ein Aufschrei. Patrick wurde blass. »Kann ich … kann ich wohl zu ihr?«
Sharon Freezer, die Hebamme, trat aus Juliets Zimmer und hörte seine bange Frage.
»Aber klar«, antwortete sie für Lizzie. »Gehen Sie nur, vielleicht können Sie Ihre Frau ja beruhigen. Es ist alles in bester Ordnung, das Kind liegt richtig, der Muttermund weitet sich langsam. Es kann noch fünf, sechs Stunden dauern, eine Aussicht, die Ihre Gattin allerdings ziemlich … hm … bestürzt hat. Sie ist ein wenig überempfindlich. Aber vielleicht bessert sich das ja, wenn Sie ihr etwas Trost spenden. Bekomme ich solange einen Tee, Lizzie?«
Lizzie und Sharon tranken Tee, während Patrick sich mit nimmermüder Geduld seiner Gattin widmete. In seiner Hilflosigkeit berichtete er Juliet von sämtlichen Entbindungen, die er je mitangesehen hatte – von Mutterschafen über Stutenbis hin zu Hütehündinnen. Dabei sparte er nicht mit drastischen Einzelheiten. Juliet fühlte sich binnen kürzester Zeit erst gelangweilt, dann angeekelt, schließlich bis zur Panik verängstigt. Immerhin schrie sie nicht mehr, sondern wimmerte nur noch vor sich hin, als die Wehen schließlich stärker wurden. Patrick vermerkte die kürzeren Abstände zwischen den Kontraktionen mit der freudigen Gelassenheit des geborenen Züchters, wahrscheinlich hätte er sein Kind auch selbst auf die Welt holen können. Juliet fand allerdings schon seine Anwesenheit am Wochenbett entwürdigend – wie sollte sie diesen Mann jemals wieder bezaubern und umgarnen können, nachdem er sie einmal so unförmig und verschwitzt, wimmernd und schreiend gesehen hatte? Schließlich verlangte sie dringend nach der Hebamme, und Sharon warf Patrick umgehend hinaus, als sie feststellte, dass es nun wirklich ernst wurde.
»Habt ihr euch schon
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