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Die Tränen der Vila

Die Tränen der Vila

Titel: Die Tränen der Vila Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Jaedtke
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bewegen, den Pfeiler loszulassen.
    „Helft mir doch!“, schrie ich zu Huno und Volkrad hinüber, die sich unweit von mir festgeklammert hatten. Volkrad rührte sich nicht. Schließlich aber hatte Huno ein Einsehen, ließ seinen Halt fahren und kam herübergeschwommen.
    „Nimm du seinen rechten Arm, ich nehme den linken!“, rief er, und gemeinsam packten wir den Verzweifelten und zogen ihn mit uns fort. Ordulf freilich dankte uns den Rettungsversuch nicht, denn sobald er den festen Halt verloren hatte, geriet er in Panik, trat mit den Füßen ins Leere und wand sich derart, dass wir Mühe hatten, ihn über Wasser zu halten.
    „Volkrad!“, rief ich. „Hilf uns!“
    Und nun kam auch Volkrad herüber – doch statt seinerseits Ordulfs Arm zu packen, hob er die Faust und zielte auf mein Gesicht.
    „Es ist alles deine Schuld!“, brüllte er. „Du bist mit den Wenden im Bunde, verdammter Heidenknecht!“
    Ich sah die Faust kommen, duckte mich und ließ instinktiv Ordulfs Arm los, um den Angreifer abzuwehren. Im nächsten Moment empfing ich einen harten Schlag, jedoch nicht von Volkrad, sondern von Ordulf, dessen befreiter Arm wild fuchtelnd durch die Luft fuhr. Plötzlich war ich unter Wasser, drehte mich um mich selbst und verlor jedes Gefühl für oben und unten. Benommen kämpfte ich mich an die Oberfläche zurück, prustete und spuckte Wasser. Dann erst bemerkte ich, dass ich nicht als Einziger zu kämpfen hatte: Rings um mich rangen nunmehr vier Männer miteinander, dass das Wasser in alle Richtungen spritzte. Hartmann war durch die Bruchstelle der Brücke herabgesprungen und hatte sich auf Volkrad gestürzt, um ihn zurückzuhalten.
    „Ich bringe ihn um!“, brüllte Volkrad und reckte die Faust nach mir, während Hartmann ihn mit erstaunlicher Kraft umklammert hielt und versuchte, ihn zur Vernunft zu bringen.
    Der zweite Kampf spielte sich knapp unterhalb der Oberfläche ab. Ohne meine Hilfe war es Huno nicht gelungen, den wild strampelnden Ordulf über Wasser zu halten, so dass dieser versunken war und in seiner Todesnot Hunos Bein gepackt hatte. Nun war es Huno, der mit den Armen ruderte und verzweifelt versuchte, nach einem der Pfeiler zu greifen. Statt seiner erreichte ich den rettenden Halt, klammerte mich daran fest und streckte den Arm aus, so weit ich konnte.
    „Huno! Nimm meine Hand!“
    Mit Mühe gelang es ihm, doch nun zerrte das Gewicht zweier Männer an mir, so dass ich glaubte, der Arm würde mir aus der Schulter gerissen. Binnen weniger Augenblicke wurde Huno unter Wasser gezogen, und ein Strom von Luftblasen zerplatzte an der Oberfläche. Noch hielt er sich an mir fest, dann aber erschlaffte sein Griff, und ich spürte, wie seine Hand aus der meinen glitt. Beide Männer sanken hinab auf den Grund des Sees, während ich mich, von Grauen geschüttelt, an den Pfeiler klammerte.
    Hartmann kam zu spät, denn er hatte eben erst die Oberhand über Volkrad gewonnen, der geflohen war und mit kräftigen Stößen auf den See hinausschwamm.
    „Was ist mit Ordulf?“, rief Hartmann, der den gegenüberliegenden Pfeiler ergriffen hatte.
    Ich schüttelte den Kopf.
    Hartmann wandte den Kopf nach oben und rief durch die eingebrochenen Planken hinauf: „Noch jemand da oben? Theutbert? Herbort?“
    Als keine Antwort kam, wandte er sich wieder mir zu.
    „Hör zu!“, keuchte er. „Wenn wir einfach auf den See hinausschwimmen, sind wir ein leichtes Ziel. Wir bleiben in Deckung und schwimmen unter der Brücke entlang – verstanden?“
    Ich nickte. Wir ließen unseren Halt fahren und schwammen drauflos, wobei wir uns mittig unter dem Bohlenweg hielten. Zu beiden Seiten glitten die Stützpfeiler vorbei, und schließlich spürte ich, dass wir uns dem brennenden Ende der Brücke näherten, denn es wurde heiß, und Asche trieb auf dem Wasser. Noch hielt die Brücke stand, und die brennenden Bohlen sanken nicht ein. Trotzdem duckte ich mich so tief wie möglich ins Wasser, denn die ungeheure Hitze versengte mir die Haare. Gleichzeitig stieß ich mit den Füßen auf Grund und begriff, dass wir seichtes Uferwasser erreicht hatten.
    Hartmann hielt inne und musste schreien, um sich verständlich zu machen, denn das Prasseln des Pechfeuers über unseren Köpfen war ohrenbetäubend.
    „Wenn wir nacheinander an Land gehen, wird der Schütze uns einen nach dem anderen abschießen! Also tauchen wir gleichzeitig, verstanden? Auf mein Zeichen!“
    Hartmann paddelte nach links und lugte unter der Brücke hervor zum

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