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Die Tränen der Vila

Die Tränen der Vila

Titel: Die Tränen der Vila Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Jaedtke
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heben, denn er wand sich stetig nach Nordosten. Als eine Kreuzung auftauchte, wählte Hartmann die linke Abzweigung, um endlich wieder nach Süden zu gelangen. Am Mittag rasteten wir für einige Stunden, denn die Männer waren erschöpft von den durchwachten Nächten, und die Sonne brannte heiß. Diesmal wagten wir kein Feuer zu entzünden; stattdessen wurden die kalten Reste der Hühner verzehrt, während Herbort und Ulfrik Wache standen.
    Am Nachmittag jedoch schien sich unser Glück zu wenden. Zunächst wurde der Wald lichter und zerfiel in weite Wildwiesen, dann kreuzte der Weg einen Bach, so dass wir unsere Feldflaschen füllen konnten. Schließlich begann das Gelände sich stetig abzusenken, und Marschland tauchte auf. Seeadler kreisten hoch über uns in der Luft, als näherten wir uns einem großen Gewässer. Im Stillen hoffte ich, es möge der See sein, an welchem unsere unglückselige Wanderung ihren Anfang genommen hatte.
    Schließlich beschrieb der Weg eine breite Kurve, und von einer Böschung aus sahen wir tatsächlich eine große Wasserfläche, die in der Sonne blinkte. Unsere Gefährten brachen bei diesem Anblick in Jubelrufe aus, Hartmann jedoch gebot ihnen Ruhe.
    „Das ist nicht der See, an dem das Heerlager liegt“, sagte er, beschattete die Augen mit der Hand und blickte zum gegenüberliegenden Ufer. „Er ist schmaler, und das Land ringsum ist offener.“
    „Seht!“, rief Herbort, der die schärfsten Augen hatte und nach Westen deutete. „Dort drüben verläuft eine Brücke! Und wo eine Brücke ist, wird auch eine Siedlung sein.“
    Wir folgten dem Weg die Böschung hinab, bis sich Herborts Vermutung als zutreffend herausstellte: Auf einer Landzunge, die in den See hinausragte, erhoben sich zwei Dutzend Häuser, einige unmittelbar am Ufer, andere rund um einen Dorfplatz angeordnet. An der äußersten Spitze der Landzunge lagen vertäute Boote im Wasser, und dort begann auch die Holzbrücke, die zum jenseitigen Ufer führte.
    Hartmann ließ uns am Wegrand in Deckung gehen und schickte Herbort als Späher aus. Als wir schließlich auf seinen Wink vorrückten und die ersten Häuser erreichten, verwandelte sich die Furcht der Männer in Begeisterung, denn die Siedlung war viel größer und wohlhabender als das kleine Dorf in den Wäldern. Auch schien sie in Eile verlassen worden zu sein, denn die Speichergruben waren bis zum Rand gefüllt, und in einigen Häusern standen noch Gedecke samt Speisen auf den Tischen. Ordulf und Volkrad wollten sich bereits über die reiche Beute hermachen, doch Hartmann rief sie zur Ordnung und befahl, zunächst jeden Winkel abzusuchen und jede Grube aufzudecken, um einen Hinterhalt auszuschließen. Zu diesem Zweck schwärmten die Männer in Zweiergruppen aus, während ich mich meinem Herrn anschloss, der mit vorgehaltenem Schwert eine Haustür nach der anderen öffnete.
    „Ich glaube, wir kommen am Ende doch noch zu einer vorzeigbaren Beute“, sagte er gut gelaunt, als wir uns einer Gruppe von Häusern am Seeufer näherten. „Schau, das muss die Werkstatt eines Schmieds sein!“
    Tatsächlich fanden wir im Innern des Hauses Amboss und Esse vor, außerdem Roheisen, Kupferbarren und eine Unmenge von Pflugscharen, Sicheln, Spatenblättern und sogar Schwertklingen. Hartmann prüfte die Waffen mit Kennermiene und musste zugeben, dass sie vorzüglich gearbeitet waren. Dann suchte er längere Zeit nach Schmuck und Edelmetallen. Die Ausbeute war nicht groß, doch es gab ein paar schlichte goldene Schmuckreifen und Kupferringe, die er mit zufriedenem Lächeln in ein Ledersäckchen stopfte und unter seinem Sarrock verschwinden ließ.
    Offenbar hatten wir eine ganze Handwerkersiedlung gefunden, denn das benachbarte Haus stellte sich als Werkstatt eines Bootsbauers heraus. Das dritte Haus schließlich war klein, verrußt und von einem eigenartigen Geruch erfüllt. Neben einem großen Schmelzofen lagerten Bündel von Birkenrinde, daneben abgedeckte Tontiegel.
    „Ah!“, machte Hartmann, als er einen der Tiegel öffnete. „Schau, das ist Pech!“
    Ich trat hinzu und betrachtete die schwärzliche Masse.
    „Man gewinnt es durch Schwelfeuer aus Baumharzen“, erklärte er. „Es wird verwendet, um Bootsrümpfe zu verkleiden, die dann undurchlässig für Wasser werden. Das wird der Grund sein, warum der Pechbrenner seine Werkstatt gleich neben dem Bootsbauer hat.“
    Er ergriff zwei der Gefäße und drückte sie mir in die Arme.
    „Aber was sollen wir damit anfangen?“,

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