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Die Traenen des Mangrovenbaums

Die Traenen des Mangrovenbaums

Titel: Die Traenen des Mangrovenbaums Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne de Witt
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Küstenvorland von Java und Sumatra entlang der Sundastraße. Als fahre ein nasser Schwamm über eine eng beschriebene Tafel, wischte die von Pulau Krakatau ausgehende Flutwelle alles weg, was sich in ihrer Bahn befand. Seltsam lautlos und ohne jeden Widerstand überrannte die graue Woge die beiden Küsten, zertrümmerte mit unwiderstehlicher Wucht Holz und Stein, walzte Villen und Schiffe platt, zerdrückte ganze Kampongs mit einem Schlag zu Splittern, ebnete Städte bis zur Unkenntlichkeit ein.
    Dann war es still.

Heimkehr
    N ach der Katastrophe beschlossen die Vanderheydens, nach Deutschland zurückzukehren. Zwar war der nördliche Teil der Küste ebenso wie die Stadt Batavia selbst von den Auswirkungen der Eruption verschont geblieben, aber Simeon hatte der Schock tief getroffen, sein Zustand verschlechterte sich, als hätten alle die erstickenden Gase, die der Vulkan in die Atmosphäre geschleudert hatte, das in seinem Körper schwärende Gift von Neuem aufgestachelt. Es machte ihm Angst, die blutrot und chromgelb gefärbten Sonnenuntergänge zu sehen, die noch lange nach dem Unheil anhielten, und selbst das Murren des kleinen Blaaskaak hinter dem Tal versetzte ihn in Aufregung.
    Für Edgar Zeebrugge war es ein bitterer Tag, an dem er erfuhr, dass die heimlich geliebte Frau nach Deutschland zurückkehren wollte, aber er nahm es wie ein Mann – als einen weiteren der vielen schmerzlichen Verluste in seinem Leben. Er hatte sich nie ernstlich Hoffnungen gemacht, nicht einmal, als er überzeugt gewesen war, dass Simeon sterben würde. Aber vermissen würde er ihre liebe Gegenwart doch.
    Im Oktober 1883 gingen die Vanderheydens mit ihren mittlerweile zweieinhalbjährigen Zwillingen an Bord der Anne-Kathrin, als diese von Singapur kommend nach Deutschland zurückkehrte. An Bord sah Anna Lisa einen alten Bekannten wieder: Dr. Max Lutter. Sie freute sich über die Maßen, als sie erfuhr, dass er immer noch Schiffsarzt war, und der Gedanke tröstete sie, dass jetzt außer Pahti und Gesine noch jemand da war, der ihr helfen würde, die Sorge um den kranken Gatten und die beiden kleinen Kinder zu tragen. Und ihr Wiedersehen war, als wären sie nie voneinander getrennt gewesen.
    Anna Lisa ergriff impulsiv seine Hand. »Wie schön, Sie wiederzusehen, Doktor! Auch wenn ich Ihnen leider gleich sagen muss, dass Simeon Ihre Dienste wieder brauchen wird und noch intensiver als damals.«
    »Was! Hat er sich diesmal beide Beine verstaucht?«, fragte er und lachte, aber als er den Ausdruck auf ihrem Gesicht sah, erlosch seine Heiterkeit. »Um Himmels willen«, sagte er, während er ihre Hände in die seinen nahm, »ist er ernsthaft krank?«
    »Ja. Er wurde vergiftet. Es war ein Mordanschlag – mit einer Pflanze, die man Rangdas Zunge nennt; ich weiß nicht, ob Sie davon schon gehört haben.«
    Ernste Sorge prägte jetzt sein Gesicht. »Ja, ich habe davon gehört. Ihre Wirkung ist schrecklich, und was das Schlimmste ist, sie nistet sich im Körper ein und verlässt ihn nicht wieder. Andere organische Gifte werden mit der Zeit wieder ausgeschieden, aber dieses wirkt und wirkt weiter. Wie lange leidet er schon?«
    »Drei Jahre. Es geschah kurz nach unserer Ankunft in Java. Er wäre gestorben, hätte Dr. Liao ihm nicht ein Gegenmittel verabreicht, das ihn jedenfalls am Leben erhielt, aber er ist körperlich und vor allem geistig in einem schlimmen Zustand. Nicht immer, manchmal geht es ihm wochenlang gut, aber er verträgt keine Aufregung, jeder kleinste Schrecken löst die entsetzlichen Halluzinationen wieder aus. Wäre da nicht das Elixier, mit dem ihn der Chinese behandelt und das ihn beruhigt, ich fürchte, er hätte sich längst das Leben genommen, so schrecklich leidet er bei diesen Wahnzuständen. Es ist auch eine Tragödie für die Kinder. So klein sie sind, sie bekommen mit, dass ihr Vater sehr krank ist, und vor allem Simone leidet auf eine Weise mit ihm, als wären sie durch ein unsichtbares Band miteinander verbunden …«
    Dr. Lutter nickte. Dann sagte er: »Wir müssen jetzt vor allem darauf achten, dass er die Folgen der Katastrophe nicht zu sehen bekommt. Das würde ihn völlig verstören – es ist schlimm genug, um einem gesunden Menschen Albträume zu bereiten. Lassen Sie auch die Kinder nicht an Deck, ehe wir das offene Meer erreicht haben. Ich komme zu Ihnen, sobald Sie sich in Ihrer Kabine eingerichtet haben.«
    Er hielt Wort. Anna Lisa sah ihm an, dass er bei Simeons Anblick erschrak. Obwohl er die

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