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Die Träume der Libussa (German Edition)

Die Träume der Libussa (German Edition)

Titel: Die Träume der Libussa (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tereza Vanek
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Mensch. Er mochte mich so, wie ich war.
Manchmal spielte er mir wunderschöne Melodien auf der Harfe vor. Er versprach,
auch mir den Umgang mit diesem Instrument beizubringen, wenn ich alt genug
wäre. An seiner Seite spürte ich sofort, dass wir vom selben Blut waren. Bei
meiner Mutter oder meinen Brüdern hatte ich nie dieses Gefühl.“
    Gegen ihren
Willen und alle Überzeugung begann Libussa allmählich zu begreifen. Dieser Mann
hatte Ludmillas zartes Wesen verstanden. Vom selben Blut. Das waren auch die
Väter.
    „Und wo ist er
jetzt?“  
    „Ich weiß es
nicht. Er ging noch weiter fort, auf eine Insel, wo es viele Druiden geben
soll. Die letzten auf dieser Welt. Aber das war weit weg. Er verabschiedete
sich von mir und sagte, er würde nicht mehr kommen können. Ich flehte ihn an,
mich mitzunehmen, aber er meinte, ich hätte hier eine Leben als Fürstin vor
mir, das er mir nicht nehmen wollte.“
    Ludmilla hatte
bekümmert den Kopf gesenkt. Sie klang wie ein enttäuschtes, von ihrem Liebhaber
im Stich gelassenes Mädchen. Dabei war all das schon so lange her!
    „Nun, er hat
eben seine Entscheidung getroffen“, warf Libussa energisch ein. „Es hat keinen
Sinn, ihm nachzutrauern. Du hast hier in der Tat eine Zukunft vor dir. Wenn Tyr
erst einmal gestürzt ist, wirst du wirklich Fürstin der Lemuzi.“
    Sie staunte
über den zuversichtlichen Klang ihrer Stimme. Seit Wochen war keine Nachricht
von Thetka gekommen. Aber Tyr musste besiegt werden. An eine andere Möglichkeit
wollte sie gar nicht denken, es wäre zu schrecklich, zu unfassbar, wenn die
vertraute Ordnung nicht mehr aufrechterhalten werden könnte.
    Ludmilla
wickelte das gesponnene Flachsgarn nachdenklich zu einem Knäuel.
    „Das will ich
aber nicht", sagte sie nach einer Weile. Ihre Stimme klang dabei
entschiedener als sonst.
    „Was willst du
nicht? Dass Tyr gestürzt wird? Das kann doch nicht dein Ernst sein?“
    Ludmilla
richtete ihre großen, dunklen Augen auf Libussas Gesicht.
    „Es ist mir
gleich, was mit Tyr geschieht. Aber ich will nicht Fürstin der Lemuzi werden.
Niemals.“
    Libussa tat
einen tiefen Seufzer. Die Erziehung langer Jahre bäumte sich in ihr auf.
    „Es geht nicht nur um das, was du
willst. Deine Aufgabe wurde dir von den Göttern auferlegt. Du bist die Mutter
deines Landes. Es ist deine Pflicht, für das Wohl deiner Leute zu sorgen, und
ich weiß, du kannst es. Viel besser als deine selbstsüchtige Mutter oder deine
hitzköpfigen, hochmütigen Brüder. Lerne, dir selbst zu vertrauen, Ludmilla. Du
hast es allein geschafft, vor Tyr zu fliehen, was dir offen gesagt niemand
zugetraut hat. Meinst du nicht, dass auch ich schreckliche Angst vor dem
Versagen habe? Aber niemand fragt nach meinen Wünschen. Ich muss tun, was mir
bestimmt ist.“
    Zu ihrem
Befremden lächelte Ludmilla nur. „Wie überzeugt du immer von allem warst,
Libussa. Der Dienst an den Göttern, die alten Sitten, unsere heiligen
Traditionen. Früher einmal habe ich dich um diese Fähigkeit zu glauben
beneidet. Aber durch Tyr habe ich einiges gelernt, weißt du. Die Dinge bleiben
nie so, wie sie früher waren. Alles ist im Wandel. Männer wie Tyr gibt es
zuhauf. Sie schießen aus dem Boden wie Unkraut. Und wenn wir weiter als
unbemannte Landesmütter auf unseren Festungen sitzen, dann stürzen sie sich auf
uns, um so die Macht an sich zu reißen.“
    „Dann müssen
wir uns eben gegen diese Männer wehren!“ Libussa packte den Umhang in eine
Kiste, deren Deckel sie laut zuknallen ließ. Wie konnte dieses zarte Vögelchen
sie so wütend machen?
    „Als die Kelten
mich zu Premysl brachten, da verbarg er mich unter dem Boden der Hütte. Dort
lagern die Bauern manchmal ihre Vorräte, die sie vor meinen Brüdern verstecken
wollen. Ich lag in einem mit Brettern zugedeckten Loch in der Erde. Es gab nur
eine winzige Öffnung, durch die ich atmen konnte. Vorher hatte er meine
Kleidung verbrannt und meinen Körper mit Salben der Kelten eingerieben, damit
ich anders roch. Wegen Tyrs Spürhunden, verstehst du. Ich weiß nicht, wie viele
Tage ich im Dunkeln zubrachte, ohne mich bewegen zu können. Nur mitten in der
Nacht durfte ich kurz hinaus, um zu trinken und zu essen.“
    Libussas Wut
schwand. Kazi hatte ihr diese Geschichte bereits erzählt. Bei ihrem Sprung aus
dem Fenster ihrer Kammer hatte Ludmilla sich den linken Fuß gebrochen. Die
Knochen wuchsen nicht richtig zusammen, vermutlich auch eine Folge des langen
Liegens in einer unnatürlichen Haltung. Es bestand

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