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Die Träume der Libussa (German Edition)

Die Träume der Libussa (German Edition)

Titel: Die Träume der Libussa (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tereza Vanek
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nun auch Tributzahlungen verlangen will. Das ist ein Bruch mit den alten
Sitten, den nicht einmal die Lemuzi wagten.“
    Er legte eine
kurze Pause ein. Nun musterten alle Anwesenden ihn aufmerksam.
    „Du willst uns
vorschlagen, dass wir weitere Verbündete suchen, nicht wahr?“, meinte
schließlich Lecho von den Lukanern. „Wir hatten das bereits in Erwägung
gezogen.“
    „Nein",
erklärte Premysl. „Ich wollte nur klar machen, dass Tyr mit keiner
Unterstützung rechnen kann, sobald er ohne seine Männer dasteht. Und die
könntet ihr abwerben. Die Krieger der Lemuzi werden mit Freuden in den Dienst
ihrer alten Herren zurückkehren, wenn man ihnen Straffreiheit verspricht. Tyr
behandelt sie wie Hunde. Und was jene Nordmänner betrifft, die damals mit ihm
kamen, so sind sie abgebrühte Kämpfer, die ihr Geschick dem Meistbietenden zur
Verfügung stellen. Sie kennen keine Loyalität, und ich hatte schon lange das
Gefühl, dass viele von ihnen Tyr heimlich verabscheuen. Bietet ihnen mehr
Entlohnung und ein besseres Leben. Dann kämpfen sie für euch. Ihr könnt Tyr
heimlich stürzen, genau wie er es mit den Lemuzi tat.“
    Libussa rieb
sich verwirrt die pochenden Schläfen. Konnte es wirklich so einfach sein, wie
er meinte?
    „Eine solche
Vorgehensweise ist hinterhältig und eines Kriegers unwürdig", kam es
plötzlich von Slavonik. „So etwas kann nur dem Schädel eines Bauern
entspringen.“
    Zustimmendes
Gemurmel erklang im Saal. Libussa zuckte zusammen, als Premysl mit der Hand auf
den Tisch schlug.
    „Ist es denn
ehrenhaft, einen Kampf zu führen, der vermieden werden könnte? Das Leben
unschuldiger Menschen zu opfern? Tyr ist auf einen möglichen Angriff
vorbereitet. Er lässt bereits Vorräte nach Zabrusany schaffen, damit er sich
dort im Notfall verschanzen kann. Ihr kennt die Mauern der Festung. Dort kann
er Monate ausharren. Wollt ihr warten, bis ihm die Mähren vielleicht zu Hilfe
eilen?“
    Das Murmeln
wurde lauter. Zahllose Stimmen hallten durch den Saal, verwirrt, empört oder
streitlustig.
    „Der Plan
klingt überzeugend. Es wäre einen Versuch wert", unterbrach Lecho all
diese Redner. „Tyr wartet auf eine Nachricht, ob er anerkannt wird oder ob es
zu einem Kampf kommt. Wir werden einen Boten schicken, der zum Schein
verhandelt, sich in Wahrheit aber umhört und heimlich Kontakt mit Tyrs Kriegern
aufnimmt. Das ist allerdings keine ungefährliche Aufgabe. Wir sollten morgen
genauer darüber reden. Jetzt brauchen wir alle etwas Schlaf.“
    Erleichtert
wollte Libussa die Versammlung auflösen. Sie sehnte sich  danach, kurz mit
Premysl zu reden, bevor er wieder nach Staditz zurück musste. Ihr war klar
geworden, dass sie ihm Dank schuldete. Doch Neklans Stimme riss sie plötzlich
aus ihren Überlegungen: „Soweit ist es also schon gekommen, dass Bauern unsere
Kriegsführung und die Verhandlungen übernehmen. Fürsten wie wir machen sich
zum  Gespött dieser Welt!“
    Libussa fuhr
herum. Der Zorn erfasste sie wie ein heftiges Fieber und sie sprach, ohne ihre
Worte lange abzuwägen. „Es reicht, Neklan! Du bist schuld an dieser misslichen
Lage. Du hast einen Mann in unser Land gebracht, der keine Gebote der Ehre
kennt und vor niemand Achtung hat. Nur, damit er dir durch seine Kraft bei der
Erfüllung deiner Wünsche hilft. Aber du konntest ihn nicht unter Kontrolle
halten. Deshalb ist jetzt deine Mutter tot und deine Schwester geschändet. Dann
bist du wie ein verwundeter Hund bei mir angekrochen gekommen. Premysl nahm
große Gefahren auf sich, um Ludmilla in Sicherheit zu bringen. Anstatt ihm Dank
zu zeigen, beleidigt du ihn, obwohl von dir noch kein einziger brauchbarer
Vorschlag gekommen ist. Alles, was du kannst, ist jammern und schimpfen. Das
macht wirklich einen eindrucksvollen Krieger aus dir.“
    Nach diesen
Worten überkam sie tiefe Erleichterung. Sie bemerkte die Stille im Saal. Auf
einmal war ihre Stimme bis in den letzten Winkel des Raumes gedrungen. Radka
musterte sie mit einem Lächeln auf den Lippen. „Na siehst du, es ist gar nicht
so schwer, sich bei den Kerlen Gehör zu verschaffen", sagten ihre
spöttisch blinzelnden Augen.
    Verwirrt strich
Libussa sich das Haar aus der Stirn. Hatte sie tatsächlich so gebrüllt wie ihre
Mutter, wenn sie wütend war?
    „Nun, wie ich
schon sagte“, unterbrach wieder einmal der vernünftige Lecho das fassungslose
Schweigen. „Wir sollten vielleicht den Rest der Nacht schlafen und morgen
entscheiden, wen wir als Gesandten zu Tyr

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