Die träumende Welt 01 - Der Traumstein
können! Beim Gedanken an ihre rein instinktiven Aktionen brach ihr kalter Schweiß aus. Aber Cai hätte mich niemals unterstützt, wenn es nicht richtig gewesen wäre. Dann dachte sie zurück. In Newport hatte Cai ihr nicht aktiv geholfen. Und doch war der Zauberer in Keld bereit gewesen, sie zu motivieren. Zur Heilung, entschied sie. Er hat die Anwendung seiner Kräfte zugelassen, weil es darum ging, jemanden zu heilen. Das muss es sein.
Mallory sagte etwas.
»Was?« Ihr Gedankenfluss wurde unterbrochen.
»Vielleicht ermöglicht dir erst die Drachenblumenessenz, dieses Wissen zu erkennen«, wiederholte Mallory. »Um einen Lehrer zu finden - Cai vielleicht.«
Gemma sah sie erstaunt an.
»Woher kennst du Cai?«
»Ich bin nicht so dumm, wie ich aussehe«, antwortete Mallory mit einem Lächeln.
Du bist alles andere als dumm, dachte Gemma.
»Außerdem hast du seinen Namen gestern Abend ein paarmal erwähnt, als du das Mädchen geheilt hast«, fuhr Mallory fort. »Arden hat mir ebenfalls von ihm erzählt.«
»Meine Augen brennen«, sagte Arden beim Hereinkommen. »Offenbar sprecht ihr über mich.« Sein Gesicht war vom Tanzen oder Trinken gerötet, wahrscheinlich von beidem. »Was nur natürlich ist«, fügte er mit einem Grinsen hinzu.
»Eigentlich haben wir über Cai gesprochen«, klärte Mallory ihn auf.
»Ach, über den!« tat Arden die Bemerkung ab. »Der wundersame Zauberer des Nordens.« Er schwenkte die Arme und wäre fast gestürzt. »Was wollt ihr von dem? Er ist meilenweit entfernt, ich dagegen ...« Er ließ sich unvermittelt auf das Fußende von Gemmas Bett fallen und legte sich die Hand aufs Herz. »Ich bin hier. Höchstpersönlich.«
»Und betrunken«, fügte Mallory hinzu.
Arden löste seinen Blick von Gemma und funkelte seine Anklägerin an.
»Willst du einem Mann alle einfachen Freuden versagen?« wollte er wissen.
»Arden, nichts an dir ist einfach«, meinte Gemma.
»Wie weise von dir«, meinte er halb im Spaß. »Eigentlich ist meine Mutter schuld. Seit ich klein war -«
Er unterbrach sich abrupt, sein ganzes Auftreten änderte sich, und die Farbe wich aus seinen Wangen. In der folgenden Stille verhallten die Geräusche der Feier draußen ungehört. Gemma und Mallory warteten schweigend darauf, dass er weitersprach.
Arden starrte gedankenverloren vor sich hin, bis er schließlich bemerkte, dass die beiden Frauen ihn gespannt betrachteten.
»Arden, erzähl uns davon, es wird dir helfen.«
Einen Moment lang verlor sich sein Blick in ihrem Gesicht, dann begann er leise zu sprechen.
»Ich habe nie verstanden, warum ich ihr einziges Kind war, und als ich es herausfand, war es zu spät, ihr zu helfen.«
Er hielt inne und ließ die Vergangenheit vor seinem geistigem Auge Revue passieren.
»Sie war so wunderschön«, erzählte er, »sie hätte jeden Mann haben können, den sie wollte, und doch blieb sie bei ihm ... meinem Vater.« Er spie das Wort angewidert aus. »Er war brutal, doch in welchem Ausmaß, das habe ich erst herausgefunden, als meine Mutter gerufen wurde.«
Gemma und Mallory sahen sich an, doch Arden bemerkte es nicht.
»Sie wurde damals verrückt und ist einfach gegangen. Er hatte sie allerdings bald eingeholt und schlug sie wie von Sinnen. Was habe ich ihn dafür gehasst ...« Arden rang die Hände. »Es hat nichts genützt. Beim nächstenmal verschwand sie wieder, ohne auch nur daran zu denken, was er ihr antun könnte. Sie wäre auch geradewegs über eine Klippe gegangen, wenn das der geradeste Weg gewesen wäre. Das Ganze machte überhaupt keinen Sinn - sie nahm nicht einmal ein Pferd oder Vorräte mit.« Sein Gesicht hatte einen ungläubigen Ausdruck angenommen, wie das eines verlorenen Kindes.
»Natürlich hat er sie wieder eingeholt und nach Hause geschleppt. Diesmal war er so wütend, dass er den Verstand verlor - und sie umbrachte. Dann betrank er sich völlig und fing an, auf sie einzureden, er fluchte und brüllte, schließlich begann er zu schluchzen und meinte, es täte ihm leid. Ich sah sie dort liegen, regungslos, zerbrochen, doch immer noch wunderschön.« Er musste hart schlucken, doch seine Augen blieben trocken. »Ich sah, dass sie nie wieder aufstehen würde. Dann legte er sich bewusstlos auf das Bett, unfähig, sich zu bewegen.«
Ardens Blick fand sein Ziel, er sah Gemma und Mallory an, betrachtete ihre erschütterten Gesichter.
»Ich habe das Haus niedergebrannt«, gestand er. »Mit den beiden darin.«
Die beiden Frauen wussten nicht, was sie
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