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Die träumende Welt 01 - Der Traumstein

Die träumende Welt 01 - Der Traumstein

Titel: Die träumende Welt 01 - Der Traumstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Wylie
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versuchte, wieder zu Atem zu kommen, und fragte sich, ob ihre Verfolger aufgeholt hatten. Obwohl es vollkommen still war, wagte sie nicht umzukehren. Doch die Alternative war ekelhaft. Schon der Gestank war abstoßend genug.
    Runter! befahl sie sich selbst. Für Empfindlichkeiten ist keine Zeit!
    Geschickt ließ sie sich über den Rand herab, probierte jede Sprosse mit dem Fuß. Ein oder zwei saßen ein wenig locker, und an einer Stelle fehlten ein paar, was sie vorübergehend aus der Fassung brachte, doch sie kam zügig voran und landete schließlich sicher auf dem Boden der Grube. Zum Glück bot ihr die Maskerade wenigstens teilweise Schutz vor den Gefahren dieser fremdartigen Umgebung.
    Dann blickte sie plötzlich in die aggressiv neugierigen Augen zweier zerlumpter Jungen und eines gleichermaßen abgerissenen Mädchens.
    »Was willst du hier?« wollte der größere Junge wissen. »Das ist unser Platz.«
    »Allerdings!« fügte der kleinere trotzig hinzu.
    »Ich will überhaupt nichts«, sagte Gemma. »Ich versuche bloß ... einigen Leuten aus dem Weg zu gehen.«
    »Den Schlüsseln?« fragte der Anführer.
    »Wem?«
    »Den Schlüsselmännern. Den Posten«, ließ er sich endlich zu einer Erklärung herab.
    Das Mädchen spuckte auf den Boden. »Dieser Abschaum.«
    Gemma sah nicht, warum sie hätte lügen sollen.
    »Ja«, gestand sie. »Den Posten.«
    »Warum hast du das nicht gesagt?« fragte der größere Junge, als wäre ihr Geständnis die Eintrittskarte zu diesem seltsamen Land.
    »Naja, ich bin neu hier«, meinte sie schmunzelnd.
    Das Mädchen musterte sie eingehend.
    »Hast du was dabei?« fragte sie schroff.
    »Was sollte ich dabeihaben?«
    »Die Posten verfolgen niemanden zum Spaß. Was hattest du dabei?«
    »N- ... nichts«, stammelte Gemma. »Ich musste das Zeug verstecken, um fliehen zu können«, fügte sie rasch improvisierend hinzu.
    »Schade.«
    »Du redest komisch«, mischte sich der kleine Junge ein. »Wie ein Mädchen.«
    »Idiot! Mädchen tragen nicht solche Sachen.« Die Straßengöre verpasste dem Jungen einen Knuff. Gemma sah allerdings keinen Sinn darin, sie aufzuklären.
    »Wohin wolltest du denn?« fragte der ältere Junge. »Zu Carmen? Oder den Stickles?«
    Gemmas Gesicht sagte alles. »Keine Ahnung«, meinte sie und sah zu der Stelle hinauf, von wo sie gekommen war. Die Kinder sahen ebenfalls hoch.
    »Wir bringen ihn zu den Tunneln«, entschied ihr Anführer. »Da kann er sich überlegen, was er will.« Damit zottelte er über die Müllhaufen davon, sich vorsichtig über die Pfade tastend, die Gemma kaum sah. Sie ging ihm nach, dicht gefolgt von den anderen Kindern. Sie war froh über die Eskorte. Pfützen schleimiger Flüssigkeit, ein Gewirr aus stacheligem Unterholz, fauligem Pflanzenwuchs und trügerisch hohlen Halden umgingen sie denkbar knapp. Alleine wäre sie möglichweise von jeder verschluckt worden. Das seltsame Trüppchen passierte mehrere Müllsammler, die alleine zwischen den Trümmern arbeiteten. Eine Gruppe von Männern hatte sich trotz der sommerlichen Hitze um ein Lagerfeuer geschart und ließ eine Flasche kreisen. Die Männer starrten erst Gemma und dann die Kinder an, als sie vorbeikamen, sagten aber nichts. Tiefer und tiefer drang der eigenartige Konvoi in diese seltsame Welt ein, bis sogar Gemmas Nase sich akklimatisiert hatte und sich nicht mehr so heftig gegen die Umgebung sträubte.
    Hier bin ich vor den Posten sicher! dachte sie, aber fragte sich auch, welche anderen Gefahren sie wohl von diesem Dreck und seinen Bewohnern zu erwarten hatte.
    Nach einer Weile näherten sie sich einem Mann, der auf einem Hügel aus Bruchgestein und Geröll hockte. Er stocherte sich mit einem nadelspitzen Messer in den Zähnen herum.
    »Der hier muss in die Tunnel«, meinte der Anführer und zeigte mit einem schmutzigen Finger auf Gemma. »Er ist auf der Flucht vor den Schlüsseln.«
    Der ganz in Schwarz gekleidete Mann hob langsam den Kopf. Die Narben in seinem Gesicht gaben ihm ein finsteres Aussehen. Er starrte Gemma an.
    »Nimm den Schal vom Kopf«, befahl er. Seine Stimme war ein tiefes Grollen. Widerstrebend zog Gemma ihre behelfsmäßige Kapuze ab. Den Kindern stockte der Atem.
    »Siehst du! Hab ich doch gesagt«, meinte der Jüngste. »Er ist ein Mädchen.«
    »Sie ist ein Mädchen, Blödmann«, gab einer seiner Kumpels zurück.
    Der Mann starrte einfach. Ein bitteres Grinsen kroch über sein Gesicht.
    »Hier ist jemand, der dich sehen will«, meinte er langsam. »Haut ab,

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