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Die träumende Welt 01 - Der Traumstein

Die träumende Welt 01 - Der Traumstein

Titel: Die träumende Welt 01 - Der Traumstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Wylie
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Ihr Gesicht verzerrte sich zu einer wütenden Maske. Sie konnte es tun! Sie hatte die Macht dazu, sie musste sie bloß einsetzen.
    Ihr giftiger Blick fiel kurz auf Arden, der wie alle anderen auch offenen Mundes zu ihr hinauf starrte. Sein Gesicht war wie versteinert, blass vor Schrecken und Hilflosigkeit, doch in seinen Augen stand noch eine andere Angst, und es war offensichtlich, dass er ihr Bedürfnis nach Gewalt ablehnte. Tu es nicht, sagten seine Augen. Versuch zu fliehen.
    Gemma erwachte wieder zum Leben. Endlich erkannte sie die Gefahr, in der sie schwebte, und rannte aus dem
    Gericht, stolperte in ihrer Hast über andere. Als sie den Mittelgang erreicht hatte, stürzte sie zur Tür, nur undeutlich das Geschrei wahrnehmend, das um sie herum anhob.
    Zwei Posten versuchten sie beim Sturz durch die Tür aufzuhalten, und obwohl sie nicht gestoppt wurde, blieben ihr Hut und ihre Perücke hängen. Sie wand sich aus dem Griff ihrer Häscher, rannte weiter, hängte ihre Verfolger ab. Als sie hinaustrat in das Sonnenlicht auf dem Platz des Collosseums, blieb sie einen Augenblick lang stehen. Ihr Haar leuchtete feuerrot. Dann lief sie weiter. Sie stürzte sich in das Gedränge und versuchte, nicht auf die Schreie ihrer Verfolger zu hören.
    »Diese Hexe!« brüllte einer von ihnen. »Haltet diese Hexe!«

23 . KAPITEL
    Die Rufe der Posten nach der »Hexe« halfen Gemma sogar bei der Flucht, denn die meisten Menschen schreckten vor ihr eher zurück, als dass sie riskierten, den Zorn einer Zauberin aus dem Norden auf sich zu ziehen. Alle hatten von ihrer eindrucksvollen Vernichtung von Mendles Auktionshalle gehört, und niemand hatte die Absicht, ähnliches zu erleiden. Außerdem machte sich in Great Newport kaum jemand die besondere Mühe, einen Flüchtigen aufzuhalten, egal um wen es ging. Diese gefährliche Aufgabe überließ man den Posten. Viele hatten selbst Grund genug, den Gesetzeshütern der Gilde aus dem Weg zu gehen.
    Daher kam es, dass Gemma auf dem ersten Teil ihrer wilden Flucht den Weg wundersam frei vorfand, als sie mit Karacho über den Platz hastete. Sie brauchte bloß den unbeweglichen Gegenständen aus dem Weg zu gehen - den Ständen, Karren, einer Statue, teilnahmslosen Katzen - und weiterzurennen. Eine Zeitlang gelang es ihren Verfolgern, sie im Blick zu behalten, doch in der Menge kamen sie nur schwer voran. Als Gemma scheinbar nach einer Ewigkeit die andere Seite des Platzes erreicht hatte, tauchte sie in der nächstbesten Gasse unter und rannte blindlings weiter, bog nach Belieben ab und verlief sich in dem Irrgarten aus kleinen Sträßchen und Gassen.
    Schließlich zwangen sie ihre schmerzenden Beine und ihr schwergehender Atem, langsamer zu werden, und sie begann, ihre Umgebung wahrzunehmen. Nichts war vertraut. Der Zustand der Wohnhäuser verriet ihr, dass sie sich in einem der ärmeren Viertel der Stadt befand, aber darüber hinaus hatte sie absolut keine Ahnung, wo sie war. Sie zwang sich, weiterzugehen, halb laufend, halb rennend, immer darauf achtend, ob sie verfolgt wurde.
    Sie zog verschiedene neugierige Blicke von den Bewohnern des Viertels auf sich, und dann erst dachte sie daran, dass sie ihr Haar verstecken musste, um unauffälliger zu sein. Sie duckte sich in einen Hauseingang, und dankbar darüber, Luft holen zu können, improvisierte sie hastig eine Kapuze aus dem unteren Teil ihres Rockes. Die Verzweiflung verlieh ihr Kraft. Dann blickte sie um die Ecke und hörte Rufe, die sie weitertrieben - unabhängig davon, ob sie etwas mit ihren Verfolgern zu tun hatten oder nicht. In gleichmäßigem Dauerlauf entfernte sie sich von den Stimmen und nutzte jede Gelegenheit, die Richtung zu wechseln.
    Nach einer Weile bog sie erschöpft in eine lange, schmale Gasse ein, an deren Ende sich ein offener Platz abzuzeichnen schien. Doch sie hatte sich getäuscht - die Gasse endete abrupt, ebenso wie die Gebäude zu beiden Seiten. Vor ihr fiel der Boden senkrecht in die Tiefe, und sie blickte über die gigantische Müllgrube hinweg, bei der ihr erst vor ein paar Tagen so übel geworden war. Geländer oder eine Umgrenzung gab es nicht. Wäre sie immer noch so schnell gerannt wie zuvor, sie wäre glatt über den Rand hinausgeschossen und hätte sich schwer verletzt, wenn nicht gar umgebracht. Nach Gemmas Schätzung betrug der Fall über zwanzig Schritte. Als sie über den Rand der Grube blickte, entdeckte sie kleine Metallsprossen in der Grubenwand. Sie warf einen Blick zurück durch die Gasse,

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