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Die Trasse von A'hi-nur

Die Trasse von A'hi-nur

Titel: Die Trasse von A'hi-nur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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Einbildung in die Koje kroch, die Sache mit Inge sei für mich erledigt. Du hast dich ein bißchen verliebt, dachte ich, es wäre ganz schön gewesen, es hat nicht sollen sein, und eigentlich ist es so viel besser. Das ist so mein Charakter. Ich habe mir schon als Kind, wenn ich mit Stubenarrest bestraft wurde, gedacht: Da kannst du wenigstens ungestört lesen. Wenn sie nicht so ein verteufelt schönes Mädchen gewesen wäre, hätte ich vielleicht anders reagiert, aber so dachte ich: Warum soll eine so tolle Frau gerade an einem solchen Klotz wie mir etwas Besonderes finden, und überhaupt, mit schönen Frauen hat man nur Ärger. Und so schlief ich ganz beruhigt ein.
    Am Morgen veränderte ich die Arbeitseinteilung so, daß ich frei war, erklärte den anderen, ich müsse etwas Bestimmtes kontrollieren und vertröstete sie auf Mittag. Ich nahm ein Bandmaß und einige andere Geräte und vermaß genau den Sandhaufen, der da ohne jede Existenzberechtigung an der Felswand lehnte: Höhe, Grundfläche, Neigungswinkel, Abstand von den Seitenhängen und so weiter.
    Die anderen blickten wohl hin und wieder zu mir herüber, sagten aber nichts. Von Inge fing ich ein paar zweifelnde Blicke auf, sie wußte mit meinem Verhalten offenbar überhaupt nichts anzufangen. Nur Achmed lächelte mir aufmunternd zu. Ich hatte das Gefühl, daß er volles Vertrauen zu mit hatte.
    Natürlich konnten die anderen nicht wissen, warum ich mich ausgerechnet in der Wüste, wo alles Sand ist, um so einen lächerlichen kleinen Sandhaufen bemühte. Nach meinen Berechnungen hätte die ganze Terrasse leergefegt sein müssen. Das war ja der Sinn des Sprengschemas. Wenn hier also noch ein Sandhaufen lag, mußte irgendein Hindernis die Detonationswelle gebrochen haben – gebrochen oder absorbiert, es mußte also entweder ein größerer Gegenstand oder eine Höhlung unter dem Sandhaufen verborgen sein.
    Aber auch die genauen Maße brachten mir kein eindeutiges Ergebnis. Zwar sprach viel für eine Höhlung und sogar für eine ziemlich tiefe; andererseits ließ die Steilheit darauf schließen, daß der Haufen noch einen wie auch immer gearteten inneren Halt haben mußte.
    Ich hatte mich eigentlich darauf gefreut, die anderen mit einer präzisen Vorhersage zu überraschen, was unter dem Haufen verborgen sein könnte, aber nun mußte ich ihnen notgedrungen einen unvollständigen Bericht geben – denn natürlich waren alle gespannt, weswegen ich dort herumhantiert hatte.
    Ich sagte also, was ich wußte, und schlug vor, den Haufen abzusaugen. Damit kam ich aber schön an! Achmed erklärte lachend – wirklich lachend, und ich stimmte dann auch mit ein –, dann könnten wir ja gleich das ganze Gebirge wegsprengen, und erläuterte dann, wenn auch nur die geringste Aussicht bestehe, daß dort etwas zu finden sei, dann müsse man den Sand löffelweise abtragen.
    Wir einigten uns schließlich darauf, mit kleinen Handschippen an den Sandhaufen zu gehen, dabei aber den abgeschippten Sand durchzusieben, und ich machte dann einen Vorschlag, zu dem alle freudig ja sagten: das in Nachtschichten zu tun. Den kleinen Platz konnten wir mit ein paar Lampen bequem ausleuchten, und es würde eine wahre Erholung sein, einmal nicht in der brennenden Sonne, sondern bei kühler Temperatur zu arbeiten.
    Die Nacht sah uns also mit Spielzeugschippen Sand auf ein Sieb werfen, und wenn nicht der trotz des Mundtuches ungewohnte Genuß gewesen wäre, in kühler Luft zu arbeiten, wäre das wohl eine ziemlich öde Tätigkeit geworden; denn der große Haufen wollte und wollte nicht abnehmen.
    Ich begriff, daß Achmeds Geduld und Beherrschung, die ich schon oft heimlich bewundert hatte und die er nur einmal, bei Entdeckung der ersten Fuge, verloren hatte, nicht nur eine Charaktereigenschaft, sondern auch ein Ergebnis der beruflichen Praxis war.
    Von Zeit zu Zeit rutschte der Haufen nach, und dann suchten wir sorgfältig mit den Augen die Oberfläche ab, ehe wir weiterarbeiteten.
    Erst gegen Morgen stieß Inge mit der Schippe hörbar auf einen Widerstand.
    »Halt!« gebot Achmed.
    Wir richteten uns alle auf. Achmed wühlte an der Stelle, wo Inge gearbeitet hatte, mit der Hand in dem Sand.
    »Stein!« sagte er und scharrte vorsichtig den Sand in der Umgebung beiseite. Aber das half nicht viel, denn von oben rutschte immer wieder Sand nach.
    »Wenn drei von uns mit den Händen Sand herunterziehen würden, ungefähr so wie Hunde oder Maulwürfe, könnten die anderen mit einer großen Schippe

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