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Die Traumjoblüge - warum Leidenschaft die Karriere killt

Die Traumjoblüge - warum Leidenschaft die Karriere killt

Titel: Die Traumjoblüge - warum Leidenschaft die Karriere killt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Campus
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nicht anders ergehen als Jane, Lisa oder dem jungen Mann von eben: Sie alle genießen ihr aufregendes neues Leben, können sich aber dafür die nächste Mahlzeit nicht leisten. Doch es gibt mehr als eine Falle auf dem Weg in die Selbstbestimmung. Wenn andere Ihren Wert erkennen, legen sie Ihnen oft Hindernisse in den Weg, denn schließlich möchte man Sie lieber auf einem weniger autonomen Weg voranschreiten sehen. Mehr dazu im nächsten Kapitel. | 124 |

KAPITEL 10
    DIE ZWEITE FALLE AUF DEM WEG ZUR SELBSTBESTIMMUNG
    In diesem Kapitel stelle ich Ihnen die zweite Falle auf dem Weg zur Selbstbestimmung vor: Wenn Sie über genügend Karrierekapital verfügen, um mehr Eigenverantwortung in Ihrem Arbeitsleben einfordern zu können, sind Sie damit so wertvoll für Ihren Arbeitsgeber geworden, dass er nicht mehr auf Sie verzichten und Ihnen keinesfalls mehr Autonomie zugestehen will.
Weshalb Lulu Beförderungen strikt ablehnt
    Lulu Young ist Software-Entwicklerin und liebt ihren Beruf. Sie wohnt in Roslindale, einem Vorort von Boston, in einer wunderschönen, frisch renovierten Doppelhaushälfte. Als ich sie an einem regnerischen Frühlingstag 2011 kennen lernte, um mit ihr über das Thema Arbeit und Selbstbestimmung zu sprechen, brauchte sie ein wenig Zeit, um aufzutauen. Doch dann bekam ich die wohl detaillierteste Autobiografie zu hören, die mir während meiner Recherchen zu Ohren gekommen ist. Ich weiß nun zum Beispiel, dass sie in der Highschool Klassenbeste in Chemie war und ihren ersten Job einer zufälligen Begegnung mit ihrem | 125 | Arbeitgeber im Restaurant Bertucci’s in Wellesley Hills verdankte. Kurz nach unserem Gespräch schrieb ich in meinen Notizblock: »Sie hat sich ziemlich viele Gedanken über ihre künftige Laufbahn gemacht.«
    Dieses Nachdenken hat sich offenbar ausgezahlt, denn Lulu ist mit sich und ihrem Leben im Reinen. Das liegt vor allem an dem hohen Maß an Selbstbestimmung, das sie genießt. Von Beginn ihres Berufslebens an musste sie sich diese persönliche Freiheit im Job hart erkämpfen, manches Mal sehr zum Entsetzen ihres jeweiligen Vorgesetzten oder auch ihrer Freunde. »Mir wird oft gesagt, dass ich viele Dinge anders mache als alle anderen«, grinste sie. »Meine Antwort lautet dann immer: ›Tja, ich bin ja auch nicht alle anderen‹.«
    Sie gewann diese Kämpfe, weil sie – wie Sie noch erfahren werden – wusste, was es mit der ersten Falle auf dem Weg in die Selbstbestimmung auf sich hatte, von der Sie im vorherigen Kapitel gelesen haben. Sie achtete folglich immer peinlich genau darauf, über ausreichend Karrierekapital zu verfügen, bevor sie mehr Eigenverantwortung einforderte. Und das ist der Hauptgrund, weshalb ich Ihnen ihre Geschichte nicht vorenthalten möchte: Schließlich ist sie ein tolles Beispiel, wie das mit der Selbstbestimmung funktionieren kann.
    Nachdem Lulu das Wellesley College mit guten Noten, vor allem in Mathematik, verlassen hatte, trat sie ihre erste Stelle auf der untersten Sprosse einer möglichen Karriere bei einem Software-Entwickler an. Sie wurde in der Qualitätssicherung als Junior Quality Engineer beschäftigt, eine ziemlich hochtrabende Bezeichnung für einen Software-Tester.
    | 126 | »Du musstest also zum Beispiel Text kursiv darstellen und prüfen, ob das auch so gedruckt wird?«, fragte ich sie. »Nein, nein, wir wollen doch auf dem Boden der Tatsachen bleiben. So eine anspruchsvolle Aufgabe haben sie mir nicht zugetraut«, feixte sie.
    Ihr Job war mehr als langweilig. Weit entfernt von einem Traumjob. Genau an diesem Punkt hätte Lulu in die erste Falle auf dem Weg in die Selbstbestimmung tappen können: Wer sich in seinem Job langweilt, für den ist die Versuchung groß, woanders anzufangen, weil es eigentlich nur besser werden kann. Doch Lulu wusste, dass sie besser zuerst das nötige Karrierekapital aufbauen sollte.
    Und wie ging es weiter mit ihr und ihrem Job? Zunächst setzte sich Lulu mit dem UNIX-Betriebssystem auseinander, auf dem die gesamte Software der Firma lief. Sie brachte sich dann bei, wie man sogenannte Scripts schreibt, um die Produkttests zu automatisieren, was ihrem Arbeitgeber Geld und Zeit sparte. Die vom ihr eingeführten Neuerungen erregten Aufsehen, und schon nach ein paar für sie wie im Flug vergangenen Jahren wurde sie zum Senior Quality Engineer befördert.
    Bis zu diesem Moment hatte Lulu eine erkleckliche Menge Karrierekapital angehäuft, und nun wollte sie wissen, was sie im Gegenzug dafür bekommen könnte.

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