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Die Treibjagd

Die Treibjagd

Titel: Die Treibjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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der Sinne, ein absonderliches Empfinden von Unbehagen und gesteigertem Vergnügen. Sie war ihrer Sache selbst nicht mehr sicher und berührte nur zweifelnd seine feine Haut, seinen vollen, runden Hals, beobachtete zweifelnd, wie er sich seiner Mattigkeit hingab und sich von derselben übermannen ließ. Sie empfand eine Zeit der Ueberfülle. Indem Maxime ihr unbekannte Genüsse bot, vervollständigte er gewissermaßen ihre unsinnigen Toiletten, ihren erstaunlichen Luxus, ihre bis zum Aeußersten getriebene Lebenslust. Er gab bei ihr den Ton des kommenden Verderbens an, der rings um sie her bereits vernehmbar wurde. Er wurde der Liebhaber, wie ihn die Mode und die Thorheiten jener Zeit erzeugen mußten. Dieser hübsche, junge Mann, dessen eng anschließende Kleider seine zarten Formen erkennen ließen; dieses verfehlte Mädchen, welches mit dem in der Mitte gescheitelten Haar und einem leisen gelangweilten Lächeln über den Boulevard schritt, wurde in den Händen Renée's ein Abbild jener ausschweifenden Epoche, welche Geist und Körper zu Grunde richten sollte. Und insbesondere gab das Treibhaus den Schauplatz ab, wo Renée der Mann war. Der liebeglühenden Nacht, welche sie daselbst verbracht, folgten noch mehrere andere. Das Gewächshaus liebte, glühte mit ihnen. In der schweren Atmosphäre, in dem fahlen, weißen Lichte des Mondes schien es ihnen, als würde die fremde Welt der sie umgebenden Pflanzen undeutliche Bewegungen ausführen und sich in sinnlichen Umarmungen ergehen. Das schwarze Bärenfell schien die üppige Vegetation auf einen Punkt zu konzentriren. Zu ihren Füßen dampfte leise murmelnd das Bassin, in welchem die zahllosen Wurzelfasern sich innig durch einander schlangen, während sich auf der Wasserfläche die rosigen Sterne der Nymphäen gleich einem jungfräulichen Mieder erschlossen und die Tornelien ihr an das Haar erschlaffter Nereiden gemahnendes Strauchwerk herabhängen ließen. Rings um sie her reckten sich die Palmen und Bambusrohre im Kreise, neigten und vermengten sie ihre Blätter in der schwankenden Art ermüdeter Liebender. Weiter unten erinnerten die Farrenkräuter, Pteriden und Alsophilen mit ihren mit regelmäßigen Volants besetzten breiten Röcken an grüne Damen, die am Ende der großen Allee stehend, stumm und regungslos die Liebe erwarteten. Neben ihnen nahmen sich die rothgefleckten krausen Blätter der Bégonien und die weißlichen Blätter der Caladien wie eine undeutliche Reihe von blauen und bleichen Flecken aus, die sich die Liebenden nicht zu deuten suchten, die ihnen aber mitunter die runden Formen der Schultern, Hüften oder Kniee anzunehmen schienen, die unter der Brutalität stürmischer Zärtlichkeitsbezeugungen zu Boden gedrängt werden. Und die unter der Last ihrer Früchte gebeugten Bananen redeten ihnen von der üppigen Fruchtbarkeit des Bodens, während andererseits die abessynische Wolfsmilch, deren stachelige, mißgestaltete, von scheußlichen Höckern entstellte Blüthen in dem Dunkel nur schwer auszunehmen waren, den Saft, die überfließende Gluth dieser Flammengeneration von sich zu geben schien. Doch je tiefer ihre Blicke in die einzelnen Winkel des Treibhauses drangen, desto mehr füllte sich die Dunkelheit mit den absonderlichsten Blättern und Kelchen; sie unterschieden auf den Ständern nicht mehr die sammtweiche Maranta, die violetten Blüthen der Gloxinia, die Blätter des Drachenbaumes, die an lackierte Schwertklingen erinnerten; – es war das eine Versammlung lebender Pflanzen, die einander mit unbefriedigter Inbrunst verfolgten. In den vier Ecken, wo die von Schlinggewächsen gebildeten Vorhänge reizende Verstecke darstellten, gewann ihre sinnliche Phantasie noch reichere Nahrung und die üppigen Triebe der Vanille, der Kockelskörner, der Bauhinien waren die endlosen Arme unsichtbarer Liebender, die ihre Umarmungen immer mehr ausdehnten, um alle vorhandenen Freuden an sich zu reißen. Diese Arme, die kein Ende hatten, hingen bald schlaff herab, bald schlangen sie sich in einem Anfall von Liebesraserei durch einander, suchten sich, verwickelten sich, wie in einer einzigen großen Brunst. Dies war die mächtige, großartige Brunst des Treibhauses, dieses Stück Urwaldes, in welchem die Blüthen und Knospen der tropischen Vegetation stammten.
    Dank ihren irregeleiteten Sinnen fühlten sich Maxime und Renée hingerissen durch diese mächtige Hochzeitsnacht der Erde. Durch das Bärenfell hindurch brannte ihnen der Boden den Rücken und von den

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