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Die Treibjagd

Die Treibjagd

Titel: Die Treibjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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denken. Schon seit langer Zeit machte er seine Gattenrechte nicht geltend; der Bruch hatte sich ganz natürlich eingestellt, keines von Beiden kehrte sich an ein Band, welches ihnen gleicherweise gleichgiltig war. Wenn er daran dachte, sich in das Zimmer Renée's zu begeben, so mußte er zum Schluß seiner Gattenzärtlichkeiten ein vorteilhaftes Geschäft ankündigen können.
    Das Unternehmen in Charonne machte gute Fortschritte, erfüllte ihn aber mit einiger Unruhe in Bezug auf den Ausgang der Sache. Larsonneau mit seiner blendend weißen Wäsche, lächelte in einer Weise, die ihm mißfiel. Larsonneau war blos ein Vermittler, ein Strohmann, dessen Zuvorkommenheit er mit zehn Perzent von den zukünftigen Erträgnissen bezahlte. Und trotzdem der Expropriationsagent keinen Sou in dem Unternehmen stecken und Saccard, nachdem er die erforderlichen Mittel zur Erbauung des Café-Concert vorgestreckt, alle erforderlichen Vorsichtsmaßregeln getroffen hatte, als Wiederkäufe, Briefe mit freigelassener Stelle für das Datum, im Vorhinein gegebene Bestätigungen und so weiter, konnte sich Letzterer einer dumpfen Angst, des Vorgefühls irgend eines sich vorbereitenden Verraths nicht erwehren. Er witterte bei seinem Genossen die Absicht, ihm mit Hilfe des falschen Inventars, welches Jener sorgfältig aufbewahrte und welchem er seine Betheiligung an dem Unternehmen zu danken hatte, irgend einen bösen Streich zu spielen.
    Eben deshalb drückten sich die beiden Ehrenmänner kräftig die Hand und Larsonneau nannte Saccard »theurer Meister«. In Wahrheit hegte er eine aufrichtige Bewunderung für diesen Seiltänzer, dessen Kunststücke auf dem gespannten Seil der Spekulation er als Dilettant verfolgte. Der Gedanke, diesen Mann zu betrügen, erfüllte ihn mit der Freude eines seltenen und pikanten Genusses. Er arbeitete an einem noch nicht endgiltig festgestellten Plane und wußte noch nicht recht, wie er sich der Waffe bedienen sollte, die er besaß und mit welcher er sich selbst zu verwunden fürchtete. Zudem fühlte er sich noch abhängig von seinem ehemaligen Kollegen. Die Grundstücke und Baulichkeiten, welche laut den sachverständig aufgestellten Inventarien bereits einen Werth von beinahe zwei Millionen repräsentirten, die aber in Wahrheit nicht den vierten Theil dieser Summe werth waren, mußten von dem finsteren Abgrund eines kolossalen Bankerotts verschlungen werden, wenn die Fee der Expropriation sie nicht mit ihrem goldenen Zauberstabe berührte. Nach den ursprünglichen Plänen, die ihnen zugänglich gewesen, sollte der neue Boulevard, der eröffnet wurde, um den Artillerie-Park zu Vincennes mit der Kaserne des Prinzen Eugen zu verbinden und diesen Park mit Umgehung des Saint-Antoine-Viertels in die Mitte von Paris zu versetzen, einen Theil dieser Grundstücke beanspruchen; doch stand zu befürchten, daß dieselben kaum gestreift werden und die geistreiche Spekulation des Café-Concert an ihrer eigenen Kühnheit zu Grunde gehen würde. In diesem Falle bliebe Larsonneau in einer schönen Patsche. Dessenungeachtet hinderte ihn diese Gefahr, trotz der sekundären Rolle, die er gezwungenermaßen spielte, nicht, auf's Tiefste betrübt zu sein, wenn er an die mageren zehn Perzent dachte, die ihm bei einem solch kolossalen Millionendiebstahl zufallen sollten. Und so vermochte er dem Kitzel nicht zu widerstehen, ebenfalls die Hand auszustrecken, um seinen Antheil einzuheimsen.
    Saccard hatte nicht einmal wollen, daß er seiner Frau Geld borge, da er sich an dieser großen Komödie ergötzte, bei welcher seine Vorliebe für verwickelte Geschäfte so reichlich ihre Rechnung fand.
    »Nein, nein, mein Lieber,« sagte er mit seinem provençalischen Accent, den er noch verschärfte, wenn er einem Scherz eine größere Würze verleihen wollte; »wir wollen unsere Rechnung nicht verwickeln. Sie sind der einzige Mensch in Paris, dem ich niemals etwas schuldig sein zu wollen geschworen habe.«
    Larsonneau begnügte sich mit der Bemerkung, daß seine Frau ein bodenloser Abgrund sei. Er rieth ihm, ihr keinen Sou mehr zu geben, um sie zu zwingen, ihm ihren Antheil an den Grundstücken sofort abzutreten. Er würde es vorziehen, wenn er mit ihm allein zu thun hätte. Zuweilen streckte er Fühlhörner aus und trieb es mitunter so weit, daß er mit seiner lässigen, gleichartigen Miene des Lebemannes sagte:
    »Ich müßte endlich doch etwas Ordnung in meine Papiere bringen ... Ihre Frau, mein Lieber, flößt mir Schrecken ein und ich will

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