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Die Treibjagd

Die Treibjagd

Titel: Die Treibjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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fünfzigtausend Francs vorzubringen, als mit einem Male eine noch größere Mutlosigkeit sie befiel; sie küßte rasch ihren Vater und entfernte sich.
    Tante Elisabeth wollte sie bis zur Treppe begleiten und während sie durch die hohen, düsteren Gemächer schritten, fuhr sie fort, mit ihrer feinen Stimme zu plaudern:
    »Du bist glücklich, mein theures Kind. Es freut mich, Dich so schön und wohlauf zu sehen, denn wenn Deine Ehe eine unglückliche gewesen wäre, so hätte ich mich dafür verantwortlich gemacht! ... Dein Gatte liebt Dich, Du hast Alles, was Du benöthigst, nicht wahr?«
    »Gewiß, gewiß,« erwiderte Renée und zwang sich zu lächeln, obschon ihr sehr bitter zu Muthe war.
    Ueber das Geländer der Treppe geneigt, fuhr die Tante zu sprechen fort:
    »Siehst Du, ich habe nur die eine Befürchtung, Du könntest durch Dein Glück unvorsichtig gemacht werden. Sei klug und verkaufe nichts ... Wenn Du einmal ein Kind haben solltest, so wirst Du für dasselbe ein kleines Vermögen bereit finden.«
    Als Renée wieder in ihrem Coupé saß, stieß sie einen Seufzer der Erleichterung aus. Kalte Schweißtropfen standen ihr auf den Schläfen und als sie dieselben abtrocknete, dachte sie an die eisige Feuchtigkeit des Hôtels Béraud. Dann aber rollte der Wagen über das sonnenbeschienene Asphalt des Quai Saint-Paul, sie erinnerte sich der fünfzigtausend Francs und ihr Schmerz erwachte lebhafter denn je. Man hielt sie für muthig und doch war sie vorhin so feige gewesen! Und es handelte sich doch um Maxime, um seine Freiheit, um ihre beiderseitigen Freuden! Inmitten der bitteren Vorwürfe, die sie sich machte, schoß ihr ein Gedanke durch den Kopf, welcher ihre Verzweiflung noch vermehrte; sie hätte über diese fünfzigtausend Francs mit Tante Elisabeth auf der Treppe sprechen müssen. Wo hatte sie denn nur ihren Verstand? Die gute Frau hätte ihr diese Summe vielleicht vorgestreckt, oder wäre ihr wenigstens rathend zur Seite gestanden. Schon neigte sie sich vor, um ihrem Kutscher zu sagen, er möge nach der Rue Saint-Lous-en-l'ile zurückkehren, als sie die Gestalt ihres Vaters vor sich zu sehen meinte, wie er langsam durch das feierliche Halbdunkel des großen Salons schritt. Nein, sie besaß den Muth nicht, sofort wieder in dieses Gemach zu treten. Was sollte sie auch sagen, um ihren abermaligen Besuch zu erklären? Und ehrlich gesprochen, fühlte sie sogar, daß sie jetzt nicht mehr wagen würde, mit Tante Elisabeth über die Sache zu reden. Sie befahl ihrem Kutscher, nach der Rue du Fauburg-Poissonnière zu fahren.
    Frau Sidonie stieß einen Freudenschrei aus, als sie die dicht verhängte Thür des Ladens sich öffnen sah. Sie war nur zufällig zu Hause und wollte soeben ausgehen, um sich zum Friedensrichter zu begeben, wo sie mit einer Klientin zu thun hatte. Nun würde sie dies aber für den nächsten Tag verschieben, denn sie war zu erfreut darüber, daß ihre Schwägerin so liebenswürdig war, ihr einen kleinen Besuch abzustatten, Renée lächelte ein wenig verlegen. Frau Sidonie wollte durchaus nicht zugeben, daß sie unten bleibe; sie führte sie über die kleine Treppe in ihr Zimmer hinauf, nachdem sie den Messingknopf des Ladens weggenommen hatte. Diesen durch einen einfachen Nagel festgehaltenen Knopf zog sie wohl zwanzig Mal im Tage ab, um ihn eben so oft wieder anzubringen.
    »So, meine Schöne,« sagte sie, nachdem sie ihr auf einer Chaiselongue einen Platz angewiesen; »hier wollen wir gemüthlich mit einander plaudern ... Denken Sie nur, Sie kommen mir wie gerufen, denn ich wollte heute Abend zu Ihnen gehen.«
    Renée, die dieses Zimmer kannte, ward daselbst von einem gewissen Unbehagen erfaßt, wie es etwa ein Spaziergänger empfindet, der die Wahrnehmung macht, daß an einer ihm besonders liebwerthen bewaldeten Stelle die Bäume ausgehauen worden.
    »Ah!« sagte sie endlich; »Sie haben dem Bette einen anderen Platz gegeben?«
    »Ja,« erwiderte die Spitzenhändlerin ruhig. »Eine meiner Klientin findet, es sei dem Kamin gegenüber besser am Platze. Sie hat mir auch den Rath gegeben, rothe Vorhänge anzubringen.«
    »Ich wollte auch eben die Bemerkung machen, daß die Vorhänge nicht mehr die früheren seien ... Roth ist übrigens recht gewöhnlich, meiner Ansicht nach.«
    Und ihre Lorgnette hervornehmend, blickte sie in dem Gemach umher, welches mit dem Luxus eingerichtet war, wie man ihn in größeren Hotels Garnis antrifft. Auf der Kaminplatte erblickte sie lange Haarnadeln aus Schildpatt,

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