Die Treibjagd
Mann, der sich aus dem Konzepte bringen läßt und als sich das allgemeine Gelächter ein wenig gelegt hatte, nahm er von Neuem auf:
»Oh! meine Herren, der gestrige Tag brachte uns einen großen Trost, da ja unsere Verwaltung so vielen unlauteren Angriffen ausgesetzt ist. Man beschuldigt den Magistrat, die Stadt zu Grunde zu richten und nun sehen Sie, daß sobald die Stadt ein Anlehen aufnehmen will, uns von allen Seiten, selbst von den ärgsten Schreiern, Geld in Hülle und Fülle angeboten wird«
»Sie haben ein Wunder vollbracht,« sagte Saccard. »Paris ist die Hauptstadt der Welt geworden.«
»Ja, das ist wirklich wunderbar,« unterbrach ihn Herr Hupel de la Noue. »Denken Sie doch, ich, der ich ein alter Pariser bin, erkenne mein Paris nicht mehr! Als ich gestern vom Stadthause nach dem Luxembourg-Garten gehen wollte, verirrte ich mich. Erstaunlich, in der That!«
Eine Pause trat ein. Alle ernsten Herren hörten jetzt aufmerksam zu.
»Die gänzliche Umänderung der Stadt,« fuhr Herr Toutin-Laroche fort, »wird der Regierung zum Ruhme gereichen. Das Volk ist undankbar; es sollte die Füße des Kaisers küssen. Ich äußerte mich heute Morgens in diesem Sinne auch in der Magistratssitzung, wo man von dem großen Erfolge des Anlehens sprach. »Meine Herren, sagte ich, lassen Sie diese oppositionellen Krakehler schreien; Paris umstürzen heißt dasselbe fruchtbar machen.«
Lächelnd schloß Saccard die Augen, wie um den geistreichen Sinn dieser Worte besser zu genießen. Er neigte sich hinter dem Rücken der Frau von Espanet zu Herrn Hupel de la Noue und bemerkte laut genug, daß es Jedermann vernehmen konnte:
»Er hat einen bewunderungswürdigen Geist.«
Seitdem von den öffentlichen Arbeiten der Stadt die Rede war, hielt Herr Charrier den Hals vorgestreckt, als wollte er an der Unterhaltung theilnehmen. Sein Verbündeter, Herr Mignon, der mit Frau Sidonie beschäftigt war, wurde von dieser entsprechend bearbeitet. Seit dem Beginn des Diners überwachte Saccard die beiden Unternehmer verstohlen.
»Die Stadtverwaltung hat viel guten Willen angetroffen,« sagte er jetzt, »Jedermann wollte das Seinige zu dem großen Werke beitragen. Ohne den ausgiebigen materiellen Beistand, welcher der Stadt von allen Seiten entgegengebracht wurde, waren diese Erfolge schwerlich erzielt worden.«
Er wandte sich zu den beiden Maurermeistern und fügte mit einer Art brutaler Schmeichelei hinzu:
»Die Herren Mignon und Charrier wüßten Einiges davon zu erzählen; sie, die ihren Antheil an der Mühe hatten, aber auch den Ruhm mitgenießen werden.«
Die reich gewordenen Maurer nahmen die Worte mit behaglichem Schmunzeln hin. Mignon, zu dem Frau Sidonie gerade gezierten Tones sagte: »Ach, mein Herr, Sie schmeicheln nur; die rosa Farbe wäre zu jugendlich für mich ...« wandte sich inmitten des Satzes weg von ihr, um Saccard zur Antwort zu geben:
»Sie sind sehr gütig; wir haben unser Geschäft dabei gemacht.«
Charrier aber ging schlauer ins Zeug. Er leerte sein Glas Pomard und brachte die Phrase zu Stande:
»Die öffentlichen Arbeiten haben dem Arbeiter Brod gegeben.«
»Aber auch den finanziellen und gewerblichen Angelegenheiten einen herrlichen Aufschwung,« fügte Herr Toutin-Laroche hinzu.
»Die künstlerische Seite nicht zu vergessen! Die neuen Straßenanlagen sind majestätisch!« bemerkte Herr Hupel de la Noue, der sich etwas darauf zu Gute that, daß er Geschmack hatte.
»Ja, ja, es ist ein schönes Stück Arbeit,« murmelte Herr von Mareuil, nur um auch etwas zu sagen.
»Und was die Ausgaben betrifft,« erklärte der Abgeordnete Haffner, der den Mund nur bei großen Anlässen öffnete; »so werden unsere Kinder für dieselben aufkommen und das wird nur recht und billig sein.«
Und da er bei diesen Worten Herrn von Saffré anblickte, mit dem die niedliche Frau Michelin seit einigen Minuten zu schmollen schien, so wiederholte der junge Sekretär, um zu beweisen, daß er dem Gespräche gefolgt war:
»In der That, das wird nur recht und billig sein.«
Unter der Gruppe, welche die ernsten Männer in der Mittelpartie des Tisches bildeten, hatte Jedermann seine Bemerkung gemacht. Herr Michelin, der Bureau-Chef, lächelte und wiegte den Kopf; dies war für gewöhnlich seine Art und Weise, an einer Unterhaltung theilzunehmen. Er lächelte um zu grüßen, zu antworten, um beizustimmen, zu danken, um Abschied zu nehmen; er hatte eine ganze Sammlung solcher Lächeln und diese enthoben ihn fast immer der
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