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Die Treibjagd

Die Treibjagd

Titel: Die Treibjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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auf dem weißen Tafeltuch seine rechte Hand ruhen hatte, – die Hand eines sinnlichen Greises, kurz, dick, mit blauen Flecken und rothen Haaren reich besäet.
    Mechanisch trank Renée die wenigen Tropfen Tokajer aus, die noch in ihrem Glase geblieben. Siedend stieg ihr das Blut in die Wangen; die kurzen blonden Haare an der Stirne und im Nacken flatterten wie von einem feuchten Hauche bewegt. Ihre Nasenflügel, die Lippen zuckten nervös; ihr Gesicht hatte den Ausdruck eines Kindes, welches ungewässerten Wein getrunken. Wenn ihr angesichts der Dunkelheit des Monceaux-Parkes gut spießbürgerliche Gedanken gekommen waren, so verschwanden dieselben zu dieser Stunde, unter der Aufregung, hervorgerufen durch die Gerüchte, den Wein, das blendende Licht, die betäubende Atmosphäre, inmitten dieses sinnverwirrenden Getriebes, welches den Athem heißer, das Blut rascher kreisen machte. Sie tauschte kein ruhiges Lächeln mehr mit ihrer Schwester Christine und ihrer Tante Elisabeth, die sich bescheiden und schüchtern verhielten und kaum zu sprechen wagten. Durch einen harten Blick hatte sie den armen Mussy gezwungen, die Augen niederzuschlagen. Obschon sie es jetzt vermied, sich umzuwenden und sich gegen die Lehne ihres Stuhles stemmte, was ein leises Knistern ihres seidenen Mieders zur Folge hatte, so erschauerten trotz ihrer scheinbaren Zerstreutheit ihre Schultern leise, so oft ein neuer Heiterkeitsausbruch von der Ecke her ertönte, an welcher sich Maxime und Luise inmitten der immer allgemeiner werdenden Stille noch immer laut genug unterhielten.
    Und hinter ihr, halb vom Schatten verdeckt, stand die den in Unordnung gerathenen Tisch und die ermatteten Gäste hoch überragende Gestalt Baptiste's mit unbewegtem, bleichem Gesicht, ernster Miene und der verächtlichen Haltung eines Lakaien, der seine Gebieter gemästet hat. In der von Trunkenheit schweren Atmosphäre, unter dem grellen Lichte der Kronleuchter behielt er allein sein korrektes Aussehen bei, mit seiner silbernen Kette um den Hals, seinen kalten Augen, denen der Anblick der nackten Schultern der Frauen keinen wärmeren Strahl entlockte. Er glich einem Eunuchen, der den verlotterten Parisern des zweiten Kaiserreiches aufwartete und dabei nichts von seiner Würde verlor.
    Endlich stand Renée mit einer nervösen Bewegung auf; Jedermann folgte ihrem Beispiel. Man begab sich in den Salon, wo der Kaffee aufgetragen wurde.
    Der große Salon des Hauses war ein langer, weiter Raum, eine Art Galerie, die sich von einem Pavillon zum anderen erstreckte und die ganze Gartenfront des Gebäudes einnahm. Eine breite Glasthür führte auf den Perron. In dem weiten Raum schimmerte Alles in Gold. Die leicht gerundete Decke war mit zahllosen Schnörkeln bedeckt, die um große vergoldete Medaillons liefen, welche gleich Wappenschildern funkelten. Rosetten, Guirlanden zogen sich längs der Wölbung hin: Goldlinien erstreckten sich wie flüssiges Metall über die Wände und umrahmten die in rother Seide gehaltenen Wandfüllungen; Rosenbüschel hingen neben den Spiegeln herab. Ueber das Parquet breitete ein Aubussonteppich seine purpurnen Blumen aus. Die rothen Seidenmöbel, die Vorhänge und Portièren aus demselben Stoff, die mächtige Muscheluhr, die auf dem Kamin stand, die auf den Konsols stehenden chinesischen Vasen, die Füße der mit Florentiner Mosaik eingelegten zwei langen Tische bis zu den in den Fensternischen stehenden Blumenständern – Alles schimmerte in Gold, Alles war überladen mit Gold, In den vier Ecken standen vier große Lampen auf rothen Marmorsockeln, an welchen sie mit Ketten von Goldbronze befestigt waren, die in anmuthigen Bogen herunterhingen. Außerdem hingen von der Decke drei große Kronleuchter mit Kristallprismen herab, die in einem Meere von rothem und blauem Lichte schimmerten und deren blendendes Licht alles Gold des Raumes scharf hervortreten ließen.
    Nach kurzer Zeit zogen sich die Herren in das Rauchzimmer zurück. Herr von Mussy nahm vertraulich den Arm Maximes in den seinigen, den er noch vom Colleg her kannte, obschon er sechs Jahre älter war als er. Er zog ihn mit sich auf die Terrasse hinaus und nachdem sie ihre Zigarren angezündet, begann er sich bitter über Renée zu beklagen.
    »Was hat sie denn, sagen Sie es mir doch? Ich sah sie gestern, sprach sogar mit ihr und da war sie anbetungswürdig. Und nun behandelt sie mich in einer Weise, als wäre Alles zu Ende zwischen uns. Welches Verbrechen mag ich begangen haben? Es wäre

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