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Die Treibjagd

Die Treibjagd

Titel: Die Treibjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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Wichtigeres zu sagen. Höre einmal ... Du hörst doch, nicht wahr?«
    Und die Stimme noch mehr dämpfend, sagte er:
    »Die Sache ist die ... Herr von Mussy ist sehr unglücklich; er hat es mir soeben gesagt. Es ist, wie Du Dir denken kannst, nicht meine Sache, Euch mit einander auszusöhnen, wenn Ihr Streit gehabt habt. Du weißt aber, daß ich ihn noch vom Colleg her kenne und da er wirklich sehr betrübt dreinblickte, so habe ich ihm versprochen, ein Wort für ihn bei Dir einzulegen ...«
    Er hielt inne, denn Renée blickte ihn mit einer unerklärlichen Miene an.
    »Du antwortest nicht?« fuhr er fort. »Gleichviel; ich habe das Meinige gethan und Ihr könnt nun thun, was Ihr wollt ... Offen gestanden, scheint es mir, als wärst Du sehr grausam. Der arme Junge flößt mir Mitleid ein. An Deiner Stelle würde ich ihm wenigstens ein gutes Wort bieten.«
    Nun erwiderte Renée, die nicht aufgehört hatte, Maxime starren Auges anzublicken, in welchem ein brennender Ausdruck lag:
    »Sage Herrn von Mussy, daß er mich langweilt.«
    Damit ließ sie ihn stehen und schritt wieder lächelnd, grüßend, Händedrücke austheilend zwischen den Gruppen dahin. Maxime verharrte einen Augenblick regungslos, erstaunt; dann begann er leise zu lachen.
    Da es ihn nicht sonderlich drängte, Herrn von Mussy von dem Resultate seiner Bemühungen in Kenntniß zu setzen, so begann er einen Rundgang durch den Salon. Die Festlichkeit, die ebenso gelungen und ebenso gewöhnlich war, wie derlei Festlichkeiten zu sein pflegen, war ihrem Ende nahe. Mitternacht war nicht mehr fern, die Gäste begannen sich zu entfernen. Er wollte nicht mit dem Gefühle des Aergers zu Bett gehen und beschloß, Luise aufzusuchen. Vor der Ausgangsthür vorüberschreitend, erblickte er im Vestibüle die hübsche Frau Michelin, die ihr Gatte zärtlich in einen blau-rothen Ueberwurf hüllte.
    »Er war reizend, geradezu reizend,« sagte die junge Frau. »Während des Speisens sprachen wir immer nur von Dir. Er wird mit dem Minister sprechen; nur hängt die Sache nicht von ihm ab ...«
    Und da zur selben Zeit ein Lakai unweit von ihnen den Baron Gouraud in einen warmen Mantel verpackte, flüsterte sie ihrem Gatten, während er ihr die Schnur des Capuchons unter dem Kinn zusammenband, leise ins Ohr:
    »Dieser Dickwanst kann den Ausschlag geben. Er thut was er will, der Minister vertraut ihm rückhaltslos. Morgen, bei den Mareuils wird man trachten müssen ...«
    Herr Michelin lächelte. Vorsichtig nahm er seine Frau mit sich, als hätte er ein gebrechliches, kostbares Spielzeug am Arme geführt. Nachdem sich Maxime mit einem Blick überzeugt hatte, daß Luise nicht im Vestibüle sei, begab er sich direkt in den kleinen Salon. Thatsächlich traf er sie dort an, beinahe allein, ihren Vater erwartend, der den ganzen Abend im Rauchzimmer, in Gesellschaft der politisirenden Herren verbracht hatte. Die Marquise und Frau Haffner waren nicht mehr zugegen. Nur Frau Sidonie war noch anwesend und erzählte mehreren ältlichen Damen, daß sie eine große Thierfreundin sei.
    »Ah! mein kleiner Gatte!« rief Luise aus, als sie den jungen Mann erblickte. »Setzen Sie sich doch zu mir und sagen Sie mir, in welchem Fauteuil mein Vater eingeschlafen ist. Er wird gemeint haben, sich schon im Parlament zu befinden.«
    Maxime antwortete in demselben Tone und dasselbe heitere Lachen, welches während des Diners so oft ertönt, erscholl neuerdings von den Lippen der beiden jungen Leute. Auf einem niedrigen Schemel zu ihren Füßen sitzend, nahm er ihre Hände in die seinigen, um mit denselben zu spielen, als hätte er einen Kameraden vor sich. Und in der That glich sie in ihrem rothgetupften weißen Seidenkleidchen, dem hohen Leibchen mit der flachen Brust und dem kleinen, schmächtigen, häßlichen Knabenkopfe einem als Mädchen verkleideten jungen Burschen. Von Zeit zu Zeit aber verriethen die dünnen Arme, die verbogene Taille eine gewisse Hingebung und ein heißer Ausdruck erschien in ihren noch voll Unschuld blickenden Augen, ohne daß sie im Entferntesten ob des Getändels ihres Gesellschafters erröthet wäre. Und Beide lachten, sich allein wähnend, ohne selbst Renée zu bemerken, die halb verborgen hinter einer Pflanze des Treibhauses, sie von Weitem beobachtete.
    Vor einigen Sekunden war die junge Frau, als sie durch eine Allee des Treibhauses schritt, bei dem Anblicke Maximes und Luisens hinter einem Strauche stehen geblieben. Rings um sie her breitete das Gewächshaus, das einem

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