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Die Treibjagd

Die Treibjagd

Titel: Die Treibjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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größten Luxus eingerichtet waren. Saccard gab sein Amt im Stadthause auf und da ihm nunmehr bedeutende Mittel zu Gebote standen, so stürzte er sich kopfüber in die hohe Spekulation, während Renée, von einem Vergnügungstaumel erfaßt, mit ihren Equipagen, Diamanten und Toiletten Paris blendete.
    Zuweilen begaben sich Mann und Frau, diese zwei von der brennenden Sucht nach Geld und Zerstreuungen erfüllten Naturen, nach der in eisige Nebel getauchten Insel Saint-Louis und da schien es ihnen immer, als beträten sie eine todte Stadt.
    Das zu Beginn des siebzehnten Jahrhunderts erbaute Hôtel Béraud war ein massives, düsteres Gebäude mit schmalen hohen Fenstern, wie sie im Marais-Stadtviertel sehr zahlreich sind und wie man solche an Pensionate, Selterwasser-Fabrikanten und Wein- und Alkoholhändler vermiethet. Es war aber ausgezeichnet erhalten. Auf der an der Rue Saint-Louis-en-l'Ile gelegenen Seite hatte es blos drei Stockwerke, deren jedes fünfzehn bis zwanzig Fuß hoch war. Das etwas niedrigere Erdgeschoß hatte mit mächtigen Eisengittern versehene Fenster, die traurig in die dicken Mauern versenkt waren, und ein abgerundetes Thor, welches fast ebenso breit als hoch, mit einem gußeisernen Hammer versehen, dunkelgrün gestrichen und mit mächtigen Nägeln beschlagen war, die auf den beiden Flügeln Sterne und Rauten bildeten. Dieses Thor war typisch mit seinen Prellsteinen auf beiden Seiten, die halb zurückgelehnt reichlich mit eisernen Schutzreifen versehen waren. Deutlich war zu sehen, daß man ehemals in der Mitte des leicht abschüssigen, mit Kies bestreuten Torweges eine Rinne zur Ableitung des Schmutzwassers angelegt hatte. Doch hatte sich Herr Béraud entschlossen, diese Rinne zuschütten zu lassen, was übrigens das einzige Opfer war, welches er der modernen Architektur brachte. Die Fenster der Stockwerke waren mit kleinen eisernen Ausladungen versehen, die die aus starkem braungebeiztem Holz gearbeiteten Fensterkreuze mit den kleinen grünlichen Scheiben sehen ließen. Bei den Mansarden oben brach das Dach mit einem Male ab und die Dachtraufe setzte ihren Weg allein fort, um das Regenwasser zu den Abflußröhren zu leiten. Und was die strenge Kahlheit der Fassade noch vermehrte, war der gänzliche Mangel an Vorhängen und Fensterläden, den der Umstand, daß die Sonne dieses farblose, melancholische Mauerwerk niemals, zu gar keiner Jahreszeit beschien, erklärlich machte. Diese Fassade lag mit ihrem ehrwürdigen Anstrich, ihrer bürgerlichen Strenge in ewigem Schlummer da, welchen kein Wagengerassel, keinerlei Unruhe des Viertels störte.
    Im Innern des Hotels lag ein von Arkaden umgebener viereckiger Hof, der die Place Royale in verkleinertem Maßstäbe darstellend, mit mächtigen Quadern gepflastert war, was die Ähnlichkeit dieses toten Hauses mit einem Kloster noch erhöhte. Dem Vorhofe gegenüber sandte ein Brunnen, ein halb zerstörter Löwenkopf, von dem man nur mehr den halb offen stehenden Rachen sah, durch eine eiserne Röhre einen monotonen, schwerfälligen Wasserstrahl in ein moosüberwuchertes und an den Rändern durch den Gebrauch abgenütztes Becken. Dieses Wasser war kalt wie Eis. Zwischen den Quadern sprießte das Gras. Im Sommer vermochte ein dünner Sonnenstrahl in den Hof zu dringen und dieser seltene Besuch hatte eine Ecke der Fassade gebleicht, während die drei anderen Seiten düster und schwärzlich, von feuchten Flecken überzogen herniederblickten. In diesem Hofe, wo es kühl und still war, wie in einem Brunnenschachte und den nur ein blasses, winterliches Licht erhellte, hätte man sich tausend Meilen von diesem neuen Paris entfernt geglaubt, wo in dem Getümmel der Millionen alle Genüsse winkten.
    Ruhig und traurig, kalt und feierlich wie der Hof, waren auch die inneren Räumlichkeiten. Von einer breiten, mit einem eisernen Geländer versehenen Treppe durchschnitten, auf welcher die Schritte und das Räuspern der Besucher wie in einem Kirchenschiffe widerhallten, zogen sich in langen Reihen weite und hohe Räume hin, in welchen die alten Möbel aus dunklem, starkem Holz ganz verloren gingen; das in denselben herrschende Halbdunkel belebten bloß die Tapetenfiguren, deren Umrisse undeutlich wahrzunehmen waren. Hier war der ganze Luxus der alten Pariser Bourgeoisie anzutreffen, ein unbequemer und unverwüstlicher Luxus; Sitze, deren Holz kaum mit etwas Stoff überzogen waren, Betten mit starren, steifen Falten, Kleidertruhen, deren schwerfällige, rauhe Bauart bewies,

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