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Die Treibjagd

Die Treibjagd

Titel: Die Treibjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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die Tilgung der Schuld. Noch nie hatte es einen besseren, weiseren Mechanismus gegeben. Mit einem feinen Lächeln hatte Eugen seinem Bruder erklärt, daß man in den Tuilerien den Wunsch habe, es möge Alles ehrbar zugehen. Herr Toutin-Laroche deutete diesen Wunsch in der Weise, daß er die Darlehen an die Weingartenbesitzer nach wie vor bewilligte und nebstbei ein Bankhaus errichtete, welches die großen Kapitalien an sich zog und sich mit fieberhafter Spielwuth in allerlei Abenteuer stürzte. Dank dem vom Direktor ausgehenden kräftigen Antrieb hatte sich der Crédit Viticole in kurzer Zeit den Ruf einer blühenden und über jeden Zweifel erhabenen Institution erworben. Um an der Börse zu Beginn der Operationen mit einem Schlage eine ganze Masse neuer Aktien, die eben erst die Presse verlassen hatten, auf den Markt zu werfen und den Papieren ein Aussehen zu geben, als befänden sie sich schon seit Langem im Umlauf, verfiel Saccard auf den ingeniösen Gedanken, sie während einer ganzen Nacht von den Dienern mit Birkenbesen bearbeiten zu lassen. Man hätte die Anstalt für eine Filiale der Bank von Frankreich ansehen können. Das Haus, in welchem sich die Bureaux befanden, schien mit seinem von Equipagen wimmelnden Hofe, seinem massiven Eisengitter, dem breiten Perron und der monumentalen Treppe, mit seiner Flucht glänzend eingerichteter Kabinete, seinen zahllosen Beamten und livrirten Dienern ein ernster, würdevoller Tempel des Geldes zu sein und die Leute, die mit ihren Angelegenheiten hierher kamen, wurden von einem andächtigen Schauer erfaßt, wenn sie das Heiligthum, die Kasse erblickten, zu welchem ein vollkommen kahler Korridor führte und in welchem man die eiserne Kasse sehen konnte, die an die Wand geschmiedet, mit ihren drei Schlössern und mächtigen Seitentheilen das Aussehen einer grimmigen Gottheit hatte.
    Saccard vermittelte damals ein bedeutendes Geschäft für die Stadt. Nachdem die Stadt durch den Wirbeltanz der Millionen, welchen sie selbst entfesselt hatte, um dem Kaiser gefällig zu sein und gewisser Leute Taschen zu füllen, fortgerissen und in Schulden gestürzt worden, war sie genöthigt, ihre Zuflucht zu versteckten Anlehen zu nehmen, um nicht zu verrathen, daß auch sie von der Spekulationswuth angesteckt worden. Sie hatte gerade ihre sogenannten Delegationsbons, welche eigentlich unverfälschte Wechsel auf lange Zeit waren, in's Leben gerufen, um die Unternehmer sofort am Tage des Kontraktabschlusses zu bezahlen und diesen durch Veräußerung dieser Bons die Möglichkeit zur Beschaffung neuer Mittel zu bieten. Der Crèdit Viticole hatte dieses Papier entgegenkommend von seinen Klienten angenommen und an dem Tage, da es der Stadt an Geld mangelte, trat Saccard an sie heran. Sie erhielt eine bedeutende Summe ausbezahlt, auch eine neue Emission von Delegationsbons, welche Herr Toutin-Laroche von Konzessionen besitzenden Gesellschaften bekommen zu haben vorgab und welche er durch alle Pfützen der Spekulation zog. Fortan war der Crèdit Viticole unantastbar; er hielt ja Paris an der Kehle gefaßt. Der Director sprach nur mehr mit einem Lächeln von der famosen Marokkaner Hafengesellschaft; indeß lebte diese noch immer und die Zeitungen fuhren fort, die großen Handelsstationen zu preisen. Eines Tages redete Herr Toutin-Laroche Saccard zu, er möge Aktien dieser Gesellschaft kaufen; Jener lachte ihm aber in's Gesicht und fragte ihn, ob er ihn denn wirklich für so dumm ansehe, daß er sein Geld in Papieren der »Gesellschaft von Tausendundeiner Nacht« anlegen werde.
    Bislang hatte Saccard mit Glück gespielt, hatte betrogen, sich selbst verkauft und aus jeder Operation Nutzen gezogen. Doch bald genügte ihm diese Thätigkeit nicht mehr; es widerstrebte ihm, sozusagen die Nachlese zu halten und das Gold zusammenzuraffen, welches Toutin-Laroche, Baron Gouraud und ihresgleichen hinter sich niederfallen ließen. Er fuhr mit beiden Armen bis an die Schulter in den Sack. Er verbündete sich mit den Herren Mignon, Charrier und Comp., diesen famosen Unternehmern, die damals noch am Beginn ihrer Thätigkeit standen und ein ungeheures Vermögen erwerben sollten. Die Stadt war bereits zu dem Entschluß gelangt, die Arbeiten nicht in eigener Regie auszuführen, sondern die Boulevards auf Akkord zu vergeben. Die im Besitze der Konzession befindlichen Gesellschaften verpflichteten sich, ihr gegen eine vereinbarte Entschädigung die fertige Straße sammt Bäumen, Bänken und Gaslaternen zu übergeben.

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