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Die Treibjagd

Die Treibjagd

Titel: Die Treibjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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nochmals durchlebte, mußte dem jungen Mann schließlich gefallen und ihm bedeutend drolliger dünken als Sylvia, die als Tochter eines ehrsamen Papierhändlers bei aller Schlauheit im Grunde genommen eine sehr spießbürgerliche Natur war.
    Lachend wurde die Heirath vereinbart und man beschloß zu warten, bis »die Kinder« herangewachsen wären. Die beiden Familien verkehrten häufig mit einander. Herr von Mareuil betrieb seine Kandidatur, Saccard lauerte auf seine Beute. Man einigte sich dahin, daß Maxime seine Ernennung zum Auditor im Staatsrathe in den Hochzeitskorb legen werde.
    Indessen schien das Glück der Saccard seinen Höhepunkt erreicht zu haben. Dasselbe erhellte ganz Paris gleich einem kolossalen Freudenfeuer. Es war die Stunde, da die heiße Jagd einen Theil des Waldes mit dem Geläute der Hunde, dem Knallen der Peitschen und den Flammen der Fackeln erfüllte. Der entfesselte Heißhunger sättigte sich endlich in der Schamlosigkeit des Triumphes bei dem Geräusch, welches die niedergerissenen Stadtviertel und die binnen sechs Monaten gesammelten Reichthümer erregten. Die ganze Stadt war nichts weiter als ein großes Gelage der Millionen und der Frauen. Das von oben herab kommende Laster floß durch die Straßenkanäle, drang in die Tiefe und stieg mit den Wasserstrahlen der Springbrunnen der Gärten wieder in die Höhe, um als feiner, durchdringender Regen auf die Dächer zurückzufallen. Und wenn man des Nachts über die Brücken schritt, so schien es, als wälzten die Fluthen der Seine allen Unrath der Stadt, die von den Tischen gefallenen Brocken, die auf den Sophas gelassenen Spitzen, die in den Fiakern vergessenen Haarlocken, die in's Mieder geschobenen Banknoten, – all' das, was die Brutalität des Verlangens und die augenblickliche Befriedigung des Instinktes auf die Straße wirft, nachdem es mißbraucht und besudelt worden, mitten durch die schlafende Stadt. Wenn Paris in fieberhaftem Schlummer lag, konnte man noch mehr als während des athemlosen Jagens des Tages die geistige Zerrüttung, den vergoldeten wollüstigen Alpdruck einer Stadt beurtheilen, die toll war ob des eigenen Fleisches, des eigenen Goldes. Bis Mitternacht vernahm man das Singen der Geigen; dann wurden die Fenster dunkel und die Schatten senkten sich über die Stadt, Es war, als befände man sich in einem ungeheuren Alkoven, wo die letzte Kerze ausgelöscht, das letzte Schamgefühl abgestreift worden. Inmitten der herrschenden Dunkelheit war nichts weiter zu vernehmen, als ein mächtiges Keuchen der tollen und müden Liebe, während die am Ufer des Flusses gelegenen Tuilerien ihre Arme wie zu einer riesenhaften Umarmung in die Finsterniß hinausstreckten.
    Saccard hatte den Bau seines Hôtels am Monceau-Parke auf einem der Stadt gestohlenen Grundstücke beendet. Er hatte sich im ersten Stockwerke desselben ein prächtiges, in Gold und Palissander gehaltenes Arbeitszimmer eingerichtet, mit hohen Bibliothekschränken, in welchen man lauter Aktenbündel, doch kein einziges Buch sah. Die in die Mauer eingefügte eiserne Kasse wölbte sich daselbst gleich einem stählernen Alkoven, groß genug, um in ihrem Inneren die Liebesergüsse einer Milliarde zu beherbergen. Sein Vermögen breitete sich schamlos in derselben aus. Alles schien ihm zu gelingen. Als er die Rue de Rivoli verließ, seinen Haushalt vergrößerte und seine Ausgaben verdoppelte, sprach er vor seinen vertrauten Freunden von bedeutenden Gewinnsten, die er letzthin wieder erzielt. Seiner Angabe nach warf ihm seine Verbindung mit den Herren Mignon und Charrier ungeheure Summen ab; seine Spekulationen mit Häusern und Baugründen schlugen besser ein als je und was gar den Crédit Viticole betraf, so war das eine Kuh, deren Milch niemals erschöpft werden konnte. Er hatte eine Art, seine Reichthümer herzuzählen, welche seine Zuhörer betäubte und sie am klaren Sehen hinderte. Er näselte mehr denn je, entzündete mit seinen kurzen Sätzen und nervösen Bewegungen ein wahres Feuerwerk, welches die Millionen in leuchtenden Garben emporsandte und die ungläubigsten Gemüther blendete. Dieser lebhaften Mimik des reichen Mannes verdankte er zum größten Theil seinen Ruf eines glücklichen Spielers. In Wirklichkeit hatte Niemand Kenntniß davon, ob er ein solides und sicheres Kapital besitze. Seine verschiedenen Geschäftsfreunde, deren jeder seine Situation kannte, so wie dieselbe ihm gegenüber beschaffen war, erklärten sich sein ungeheures Vermögen in der Weise,

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