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Die Treibjagd

Die Treibjagd

Titel: Die Treibjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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an das Ende der Schulternreihe, in die Nähe der zweiten Thür gedrängt, welcher der Kaiser schwerfälligen, wankenden Schrittes zustrebte.
    Er war im Frack und trug die rothe Schärpe des Großkordons. Von neuerlicher Erregung erfaßt, sah Renée die Dinge nur wie durch einen Nebel und es schien ihr, als bedecke dieser rothe Streifen die ganze Brust des Monarchen. Sie fand, daß er klein sei, zu kurze Beine und schlotterige Hüften habe; doch war sie entzückt, denn sie sah ihn ganz deutlich mit seinem bleichen Gesicht, seinen schweren, bleiernen Lidern, die sich über sein lebloses Auge legten. Unter seinem Schnurrbarte öffneten sich die Lippen in weicher Biegung, während aus dem ganzen verfallenen Gesichte blos die Nase knochig hervorragte.
    Der Kaiser und der alte General fuhren fort, langsam weiterzuschreiten, wobei sie sich leise lächelnd gegenseitig zu stützen schienen. Sie blickten die sich verneigenden Damen an und ihre nach rechts und links schweifenden Augen versenkten sich in die Mieder. Jetzt neigte sich der General ein wenig und flüsterte seinem hohen Herrn etwas zu, wobei er ihm mit der heiteren Miene eines guten Kameraden den Arm drückte. Und matt und schlaff, düsterer noch als gewöhnlich, kam der Kaiser schleppenden Ganges immer näher.
    Sie waren in der Mitte des Salons angelangt, als Renée ihre Blicke auf sich gerichtet fühlte. Der General blickte sie ganz offen und unbefangen an, während in dem grauen, verschwommenen Auge des Kaisers eine wilde Flamme aufzuckte, als er die Lider halb emporhob. Außer Fassung gebracht, senkte Renée den Kopf und verbeugte sich, wobei sie nichts weiter, als die Rosen des Teppichs sah. Doch verfolgte sie ihre beiden Schatten, ja sie wußte sogar, daß sie einige Sekunden vor ihr stehen geblieben waren. Und sie glaubte zu hören, wie der Kaiser, dieser zweideutige Träumer, während er sie in ihrem mit schwarzen Sammtstreifen durchzogenen weißen Gazekleide betrachtete, seinem Begleiter zuflüsterte:
    »Sehen Sie doch, General, da gäbe es eine Blume zu pflücken, eine geheimnißvolle Nelke mit weißen und schwarzen Streifen.«
    Worauf der General brutal erwiderte:
    »Sire, diese Nelke würde sich in unseren Knopflöchern verteufelt gut ausnehmen!«
    Renée hob den Kopf empor. Doch die Erscheinung war verschwunden und eine Menge Menschen drängte sich um jene Thür. Seit diesem Abend kam sie oft nach den Tuilerien und ward ihr sogar die Ehre zu Theil, von Seiner Majestät ein Kompliment über ihre Schönheit zu erhalten und ein wenig seine Freundin zu werden; doch erinnerte sie sich immer wieder an den langsamen, schwerfälligen Gang des Monarchen durch den Salon, zwischen den zwei Reihen nackter Schultern und wenn ihr das steigende Glück ihres Gatten irgend eine neue Freude bereitete, erblickte sie immer wieder den Kaiser, der achtlos an den schönen Frauen vorüberschreitend, auf sie zukam und sie mit einer Nelke verglich, welche ihm der alte General in sein Knopfloch zu stecken rieth. Das Wort gellte ihr zeitlebens in den Ohren.

     

 
IV.
    Das deutliche und brennende Verlangen, welches inmitten der betäubenden Düfte des Wintergartens in Renée aufgestiegen war, während sich Maxime und Luise auf einem Divan des kleinen goldenen Salons unterhielten, schien gleich einem Alpdruck zu verschwinden, welcher nur mehr einen leisen Schauer zurückläßt. Während der ganzen Nacht hatte die junge Frau den bitteren Geschmack des Tanghin auf den Lippen verspürt und das Brennen dieser Giftpflanze ein Gefühl in ihr erweckt, als preßte sich ein Flammenmund auf ihre Lippen, der ihr eine verzehrende Liebe einhaucht. Dann aber war dieser Mund von ihr gewichen und ihr Traum in den sie umwallenden dichten Schatten aufgegangen.
    Erst des Morgens schlief sie ein wenig ein und als sie erwachte, glaubte sie krank zu sein. Sie ließ die Fensterläden schließen, klagte ihrem Arzte über Brechreiz und Kopfschmerz und weigerte sich während zweier Tage auszugehen. Und da sie leidend war, verschloß sie ihre Thür. Vergebens pochte Maxime an dieselbe. Er schlief nicht im Hôtel, um sich freier bewegen zu können und führte auch im Uebrigen ein sehr nomadenhaftes Leben, indem er sich in den neuen Häusern seines Vaters niederließ und jeden Monat seine Wohnung wechselte, sei es aus Laune, sei es um ernsten Miethern den Platz zu räumen. In Gesellschaft seiner Maitressen war er der erste Bewohner der neuen Räume. An die Launen seiner Stiefmutter gewöhnt, heuchelte er

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