Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Treibjagd

Die Treibjagd

Titel: Die Treibjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
Vom Netzwerk:
daß sie meinten, er habe ein niemals versagendes Glück in den anderen, ihnen nicht bekannten Spekulationen. Er gab eine unsinnige Menge Geld aus; seine Kasse wurde nicht müde, bedeutende Summen herzugeben, ohne daß es gelungen wäre, die Quellen dieses goldenen Flußes zu entdecken. Es war der reine Wahnsinn, eine Geldmanie; die Goldstücke flogen haufenweise zum Fenster hinaus, die Kaffe wurde jeden Abend bis zum letzten Sou geleert, füllte sich aber des Nachts immer wieder, ohne daß man gewußt hätte wieso, und lieferte niemals so bedeutende Beträge, als wenn Saccard behauptete, die Schlüssel derselben verloren zu haben.
    In diesem Reichthum, welcher rauschend und tosend gleich einem Wildbach über seine Ufer trat, wurde Renée's Mitgift mitgerissen, ertränkt. Die junge Frau, die in den ersten Tagen mißtrauisch gewesen und ihr Vermögen selbst verwalten wollte, wurde alsbald müde, sich mit Geschäften zu befassen; sodann auch kam sie sich neben ihrem Gatten arm vor und als sie sich in Schulden stürzte, mußte sie ihre Zuflucht dennoch zu ihm nehmen, ihn um Geld angehen. Bei jeder neuen Rechnung, die er mit dem Lächeln eines Mannes bezahlte, der Nachsicht mit den menschlichen Schwächen hat, lieferte sie sich ihm immer mehr aus, übergab sie ihm eine Anzahl Rententitres und betraute ihn damit, Dies oder Jenes zu verkaufen. Als sie das Hotel am Monceau-Parke bezogen, war sie fast aller Mittel bereits entblößt. Er trat an die Stelle des Staates und bezahlte ihr die Zinsen für die 100 000 Francs, die noch von dem Hause in der Rue de la Pepinière herrührten; andererseits hatte er sie überredet, ihre Besitzung in der Sologue zu verkaufen, um den Erlös für dieselbe in einem großen Unternehmen anzulegen, welches wie er behauptete, mit größter Sicherheit glänzenden Erfolg verhieß. Auf diese Weise war ihr nichts weiter in Händen geblieben, als der Grundbesitz in Charonne, welchen sie unter keinen Umständen veräußern wollte, um die treffliche Tante Elisabeth nicht zu betrüben. Und selbst hierbei plante er einen Geniestreich, bei welchem ihm sein alter Sündengenosse Larsonneau behilflich sein sollte. Bei Alledem blieb sie ihm verpflichtet, denn wenn er sich auch ihres Vermögens bemächtigt hatte, so bezahlte er ihr doch fünf- oder sechsfach das Erträgniß desselben. Die Zinsen der hunderttausend Francs und des für den Verkauf der Grundstücke erzielten Betrages beliefen sich kaum auf neun- oder zehntausend Francs, was gerade hinreichte, um die Rechnungen ihres Wäsche- und Schuhlieferanten zu begleichen. Er gab ihr das Fünfzehn- und Zwanzigfache dieses Bettels. Er hätte acht Tage lang gearbeitet, um ihr hundert Francs zu stehlen und ihre Ausgaben bestritt er mit königlicher Freigebigkeit. Und so hegte denn auch sie gleich Jedermann die höchste Achtung für diese großartige Kasse ihres Gatten, ohne dem Urquell dieses goldenen Flusses nachzuspüren, den sie vor Augen hatte und in den sie sich jeden Morgen von Neuem stürzte.
    In dem Hôtel am Park Monceau trat die wahnsinnige Krise, der leuchtende Triumph ein. Die Saccards verdoppelten die Zahl ihrer Wagen und Pferde; sie hatten eine Armee von Dienstleuten, welche sie eine dunkelblaue Livrée mit mastixfarbenen Beinkleidern und schwarz und gelb gestreiften Westen tragen ließen, welche sich ein wenig streng ausnahm, welche der Finanzmann aber gewählt hatte, um ernst zu erscheinen, was einer seiner liebsten Träume war. Schon die Außenseite ihres Hauses verrieth den Luxus, welchen sie entfalteten und an den Tagen, da die großen Diners gehalten wurden, gelangte die volle Pracht des Haushaltes zur Geltung. Der ewige Luftzug des zeitgenössischen Lebens, welcher die Thüren im ersten Stockwerk der Rue de Rivoli in fortwährender Bewegung erhalten, war im Monceau-Park zu einem wahren Orkan geworden, der die Wände umzuwerfen drohte. Inmitten dieser fürstlichen Gemächer, längs der vergoldeten Treppenbrüstung, auf den schweren Smyrnateppichen, in diesem feenhaften Palais des Emporkömmlings verspürte man den Geruch des Mabille-Gartens, schleppten sich die nachlässigen Tanzschritte der modernen Quadrille dahin, fanden sich die Vertreter dieser Epoche mit ihrem blöden Lachen, ihrem ewigen Hunger und Durst ein. Es war das verrufene Haus der weltlichen Vergnügungen, frechen Zerstreuungen, dessen Fenster nur so breit schienen, um die Vorübergehenden in die Geheimnisse der Schlafgemächer einzuweihen. Mann und Frau führten einen

Weitere Kostenlose Bücher