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Die Treibjagd

Die Treibjagd

Titel: Die Treibjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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ich bin auch ein Mann.«
    Der Boulevard war noch nicht beleuchtet und während der Fiaker in der Richtung der Madeleine-Kirche dahinfuhr, herrschte im Inneren desselben eine solche Dunkelheit, dass sie einander nicht sehen konnten. Nur von Zeit zu Zeit, wenn der junge Mann seine Zigarre zum Munde führte, leuchtete ein rother Punkt durch die dichte Finsterniss. Und dieser rote Punkt interessierte Renée. Maxime, halb bedeckt von der Fluth des schwarzen Seidendomino's, der den Fiaker beinahe ganz ausfüllte, fuhr anscheinend ärgerlich, schweigend zu rauchen fort. Tatsächlich hatte ihn der Einfall seiner Stiefmutter gehindert, einer Schaar Damen in's Café Anglais zu folgen, wo dieselben den Ball der Blanche Müller zu beginnen und auch zu beschließen gedachten. Er war zornig und sie errieth dies trotz der Dunkelheit.
    »Bist Du unwohl?« fragte sie ihn.
    »Nein; mir ist kalt,« erwiderte er.
    »Und ich ersticke fast vor Hitze... Ziehe meine Röcke ein wenig über Deine Kniee.«
    »Ach, Deine Röcke!« murmelte er ärgerlich. »Die reichen mir ohnehin bis zu den Augen.«
    Diese Worte brachten ihn aber selbst zum Lachen und allmälig wurde er wärmer. Sie schilderte ihm, wie sehr sie sich vorhin in dem Park gefürchtet habe. Dann gestand sie ihm einen anderen Wunsch: sie hätte gar zu gerne des Nachts auf dem kleinen Parkteich eine Spazierfahrt in dem Kahne unternommen, welchen sie von ihren Fenstern aus vor einer Allee liegen sah. Er fand, dass sie elegisch zu werden beginne. Der Fiaker rollte immer weiter, die Dunkelheit blieb dieselbe. Sie neigten sich näher zu einander, um sich in dem Lärm der Wagenräder besser verständlich zu machen, und wenn sie einander zu nahe kamen, streiften sie sich und fühlten gegenseitig den warmen Athem. Und in regelmäßigen Zwischenpausen erglühte die Zigarre Maxime's, erschien gleich einer rothen Spitze inmitten der Dunkelheit und warf einen schwachen rosigen Schimmer auf das Gesicht Renée's. Bei dieser flüchtigen Beleuchtung erschien sie entzückend schön, so dass der junge Mann ganz betroffen davon war und sich nicht enthalten konnte auszurufen:
    »Oh oh! wir sind heute Abend sehr hübsch, Stiefmama ... Laß' einmal sehen ...«
    Er brachte seine Zigarre noch näher und machte einige rasche Züge hinter einander, so daß Renée, die in ihrer Ecke lehnte, von einem warmen und sozusagen lebenden Lichte beleuchtet war. Sie hatte ihre Kapuze ein wenig zurückgeschlagen. Ihr unbedeckter Kopf, den eine Menge Löckchen zierten, die von einem einfachen blauen Bande durchzogen waren, glich dem eines richtigen Straßenjungen, zumal die große Blouse aus schwarzer Seide bis zum Halse reichte. Es dünkte ihr sehr drollig, bei dem Lichte einer Zigarre betrachtet und bewundert zu werden. Sie lehnte sich leise lachend zurück, während er mit komischem Ernste hinzufügte:
    »Alle Wetter! ich werde Dich bewachen müssen, wenn ich Dich meinem Vater heil und unversehrt zurückbringen will.«
    Der Fiaker hatte die Madeleine-Kirche erreicht und rollte auf den Boulevards dahin. Jetzt ward er von unstäten Lichtstrahlen erleuchtet, die aus den Schaufenstern der Verkaufsläden herrührten. Blanche Müller wohnte in einem der auf den Gründen der Rue-Basse-du-Rempart erbauten neuen Häuser. Es standen erst wenige Wagen vor dem Thore; es war kaum zehn Uhr geworden. Maxime wollte eine Rundfahrt über die Boulevards antreten und erst in einer Stunde zurückkehren; doch Renée, deren Neugierde lebhafter denn je erwacht war, erklärte ihm rundheraus, daß sie allein hinaufgehen würde, wenn er sie nicht begleiten wollte. Er folgte ihr und traf zu seiner Freude mehr Leute an, als er gehofft hatte. Die junge Frau hatte ihre Maske angelegt. Sie nahm jetzt den Arm Maxime's, dem sie leisen Tones Weisungen ertheilte, welchen er schweigend entsprach und durchschritt mit ihm alle Räume, schob die Portieren zur Seite, besichtigte aufmerksam die ganze Einrichtung und hätte selbst die Schränke durchstöbert, wenn sie nicht gefürchtet hätte, dabei ertappt zu werden.
    Die sehr elegant eingerichtete Wohnung hatte gewisse Räume, in welchen der zigeunerhafte Charakter der Hausfrau zum Ausdruck gelangte und die Schauspielerin zum Vorschein kam. An diesen Orten erbebten die rosigen Nasenflügel Renée's und sie zwang ihren Begleiter, ganz langsam zu gehen, damit ihr gar nichts verborgen bleibe und sie den dort herrschenden Duft einathmen könne. Am längsten verweilte sie in dem Ankleidezimmer, welches Blanche

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