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Die Treibjagd

Die Treibjagd

Titel: Die Treibjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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erregen. Das breite Trottoir, über welches die Kleider der Mädchen dahinfegten und auf welchem die Schuhe der Männer mit so eigenthümlich vertrautem Klang sich vernehmbar machten, der graue Asphalt, welcher der Tummelplatz der Vergnügungen und der käuflichen Liebe zu sein schien, erweckte neuerdings die in ihr schlummernden Wünsche und ließ sie den langweiligen Ball vergessen, welchen sie soeben verlassen, um ihr andere, höhere Freuden zu zeigen. Hinter den Fenstern der Sonderzimmer des Restaurants Brébant sah sie von den weißen Vorhängen weibliche Schatten sich abheben und dabei erzählte ihr Maxime die sehr gewagte Geschichte eines betrogenen Gatten, der auf diese Weise den Schatten seiner Gattin in flagranti mit dem Schatten ihres Liebhabers überrascht hatte. Sie hörte ihm kaum zu. Er aber wurde gesprächiger und ihre Hände erfassend, begann er sie zu necken, indem er von dem armen Mussy sprach.
    Sie fuhren abermals bei Brébant vorüber und da sagte sie mit einem Male:
    »Weißt Du, daß mich Herr von Saffré heute Abend zum Souper geladen hat?«
    »Da würdest Du schlecht gespeist haben,« erwiderte er lachend. »Saffré hat keinen Dunst von kulinarischen Genüssen, er kommt über den Hummernsalat nicht hinaus.«
    »Nein, nein; er sprach von Austern und kaltem Rebhuhn. Doch duzte er mich und das war mir nicht recht.«
    Sie schwieg, blickte abermals auf den Boulevard hinaus und fügte nach einer Weile verzagten Tones hinzu:
    »Das Schlimmste an der Sache ist, daß ich einen fürchterlichen Hunger habe.«
    »Wie! Du bist hungrig?« rief der junge Mann aus. »Nun, dann gehen wir ganz einfach mit einander soupiren ... Willst Du?«
    Er sagte das ganz ruhig und natürlich; sie aber lehnte unter Hinweis auf Céleste ab, die ihr daheim sicherlich einen schmackhaften Imbiß vorbereitet hatte. Er aber hatte, da er nicht ins Café Anglais gehen wollte, den Wagen an der Ecke der Rue le Peletier, vor dem Restaurant des Café Riche anhalten lassen, war abgestiegen und da seine Stiefmutter noch immer zögerte, so sagte er:
    »Wenn Du fürchtest, daß ich Dich kompromittire, so sage es ... Ich werde mich dann neben den Kutscher setzen und Dich zu Deinem Gatten nach Hause bringen.«
    Sie lächelte und stieg aus dem Wagen mit dem Gehaben eines Vogels, der sich die Füße zu beschmutzen fürchtet. Sie strahlte vor Freude. Dieses Trottoir, welches sie unter den Füßen spürte, wärmte ihr die Sohlen und ließ sie einen ganz leisen, doch nur um so köstlicheren Schauder der Furcht und der befriedigten Laune empfinden. Seitdem sich der Fiaker wieder in Bewegung gesetzt, hatte sie ein unbändiges Verlangen gefühlt, aus demselben zu springen. Mit kleinen Schritten kam sie über das Trottoir, als hätte ihr die Furcht gesehen zu werden ein Vergnügen bereitet. Ihr muthwilliger Streich nahm ganz entschieden eine Wendung zum Abenteuerlichen. Nein, sie bedauerte nicht, die brutale Einladung des Herrn von Saffré abgelehnt zu haben; dagegen wäre sie unmuthig und zornig heimgekehrt, wenn Maxime nicht auf den Gedanken gekommen wäre, ihr von der verbotenen Frucht zu verkosten zu geben. Der junge Mann schritt die Treppe rasch empor, als fühlte er sich zu Hause. Sie folgte ihm ein wenig außer Athem. Ein Geruch nach Fischen und Wildpret erfüllte die Luft, und von dem Teppich, der mittelst Messingstäben an den Treppenstufen festgehalten war, ging ein Staubgeruch aus, der ihre Erregung noch vermehrte.
    Im Halbstock angelangt, begegneten sie einem würdevoll aussehenden Kellner, der zur Seite trat, um sie vorübergehen zu lassen.
    »Charles,« sagte Maxime zu ihm, »Sie werden uns bedienen, nicht wahr? ... Geben Sie uns den weißen Salon.«
    Charles verneigte sich, stieg wieder einige Stufen hinauf und öffnete die Thür eines Kabinets. Das Gas war halb abgedreht und es schien Renée, als beträte sie im Dämmerlicht einen verdächtigen, aber reizenden Ort.
    Ein unablässiges Rollen drang durch das weit geöffnete Fenster und der Lichterglanz der gegenüberliegenden Kaffeehäuser warf die Schatten der Passanten auf die Decke des Zimmers. Mit einem Druck des Fingers ließ der Kellner das Gas heller brennen. Die vorüberhuschenden Schatten an der Decke verschwanden und das Kabinet füllte sich mit grellem Licht, welches voll auf den Kopf der jungen Frau fiel. Diese hatte ihre Kapuze bereits zurückgeschlagen. Die kleinen Haarlöckchen waren während der Fahrt ein wenig in Unordnung gerathen; das blaue Band aber saß unverrückt

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