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Die Treppe im See: Mystery-Thriller (German Edition)

Die Treppe im See: Mystery-Thriller (German Edition)

Titel: Die Treppe im See: Mystery-Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald Malfi
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zwischen den Bäumen im Finstern verschwunden war, hatte ich schon fast vergessen, wie er aussah.
    Ich glaube, ich werde ohnmächtig , dachte ich. Ich glaube, ich werde –
    Dunkelheit.
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     

 
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
    Kapitel 27
     
    Ein leichtes und undeutliches Etwas kroch lautlos neben mich. Federleicht kletterte es auf meine Brust. Heißer Atem fuhr mir über die Stirn. Ich spürte eine Zunge, die mir die Tränen ableckten, die mir als heiße Rinnsale die Wangen hinunterliefen.
    »Kyle«, sagte ich.
    Keine Antwort.
     
    Als ich zu mir kam, erhob sich die Sonne gerade über den Bäumen am Friedhof. Sie strahlte mir so perfekt in die Augen, wie es eben nur die Sonne vermochte. Ich fuhr zusammen und drehte den Kopf weg, wobei ich mir plötzlich gar nicht mehr so sicher war, wo ich mich befand. Das Sonnenlicht ließ die Bäume bluten und die schneebedeckten Hügel leuchten wie eine Supernova. In der Ferne sah ich eine Kirche, deren Turm sich gegen den blassen Himmel wie die Spitze einer Meeresschnecke ausmachte.
    Als ich mich aufsetzen wollte, wurde mir so schwindlig, dass ich mich fast übergeben musste. Ich versuchte, meinen rechten Arm anzuheben, aber es ging nicht – ich war immer noch an den Zaun gekettet. Mit der freien Hand tastete ich vorsichtig meine Schläfe ab und zuckte zusammen. Die Beule an der Seite meines Schädels fühlte sich wie ein Schaumstoffball an.
    Die Ereignisse der vergangenen Nacht strömten zurück in einem erstickenden Wirbelwind. Ich betrachtete meine Linke und fand sie blutverkrustet. In meiner Handfläche klaffte eine beträchtliche Schnittwunde, die ich mir irgendwie im Eifer des Gefechts zugezogen haben musste. Die Fingerspitzen waren blau angelaufen.
    Dann realisierte ich, wie heftig ich zitterte. Ich konnte mich weder beruhigen noch auf irgendeine Weise wärmen. Schätzungsweise fünf, sechs Stunden lang lag ich schon hier draußen im Schnee. Mir war schummrig, vermutlich wegen einer leichten Gehirnerschütterung. Das Blut an meiner Hand war über Nacht getrocknet, es zog sich in breiten roten Streifen vom Handgelenk über den Arm in meine Ellbogenbeuge und war schließlich in den Schnee geflossen. Ich sah aus, als hätte ich gerade ein Schwein geschlachtet.
    »Fuck …«
    Meine eigene Stimme zu hören, schickte Splitter gebrochenen Glases in die graue Substanz meines Gehirns.
    Stimmen: Jetzt hörte ich sie von fern, da näherte sich jemand durch die Bäume. Sie waren zu dritt, und als sie näher kamen, erkannte ich, dass es sich um zwei Polizisten handelte; der dritte Mann, so schlussfolgerte ich, war der Friedhofsverwalter.
    Die drei blieben wenige Fuß vor mir stehen. Mein Notizblock lag gleich neben einem der schwarz glänzenden Schuhe im Schnee.
    »Hey«, sagte der größere Beamte. »Was zur Hölle ist mit Ihnen geschehen?«
    »Ich erfriere hier, verdammt«, brachte ich hervor.
    Der Verwalter zeigte auf mich. Er war ein kleiner fetter Widerling mit grässlichen Zähnen, ein Charakter, der einem Roman von Dickens entsprungen sein mochte. »Sehen Sie? Seine Hand? Ich sagte doch, er wurde angekettet.«
    »Ich h-heiße T-T-Trav –«
    »Ich weiß, wer Sie sind.« Der größere Cop war, wie sich herausstellte, Douglas Cordova, der Partner meines Bruders, den ich auf der Weihnachtsfeier kennengelernt hatte. Mit seiner bügelsteifen Uniform, dem kantigen Kinn und seinen jadegrünen Augen wirkte er glatt wie von einem Rekrutierungsposter. »Mach ihn los«, befahl er seinem Begleiter.
    Der zweite Officer kniete sich mit einem Bein in den Schnee und nestelte an seinem Gürtel, um einen Schlüssel für die Handschellen zu finden. Er wirkte weniger einschüchternd als Cordova, mit seinen schlaffen, müden Hunde-Zügen, sein praktisch nicht vorhandenes, fliehendes Kinn verlieh dem Profil eine unfertige Note. Freers stand auf seiner Namensplakette.
    »Brauchen Sie einen Arzt oder so?« Freers fragte zu dicht an meinem Gesicht. Sein Atem roch nach Zwiebeln.
    »Nein.«
    »Sie bluten, wissen Sie das?«
    Ich warf einen Blick auf meine zerschnittene Hand.
    »Ich meinte Ihr Gesicht«, deutete Freers.
    Mit weichen Knien erhob ich mich und hielt mich dabei an der dicken Eiche fest. Meine Jeans krachte hörbar, der Stoff war an meinen Beinen festgefroren. Ohne meinen Parka hätte ich die Nacht sicher nicht

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