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Die Treppe im See: Mystery-Thriller (German Edition)

Die Treppe im See: Mystery-Thriller (German Edition)

Titel: Die Treppe im See: Mystery-Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald Malfi
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»Eine Art Geheimgang?«
    Ich schaute zu, wie sie Elijah Dentmans Sachen heraustrugen, sein Bücherregal, den Schreibtisch, die Spielzeugtruhe und das Bettchen. Mit einigen Kisten half ich ihnen. Während ich sie auf die Ladefläche schob und sich das Zimmer im Keller zusehends leerte, stellte sich Erleichterung ein.
    »Wohnt Ihr Kind hier unten?«, wollte der andere Möbelpacker wissen. Weil ich ihm nicht antwortete, vermutete er bestimmt das Schlimmste, den Rest der Stunde arbeiteten sie in aller Stille weiter.
    Nachdem sie aufgebrochen waren, schaute ich eine Weile in den leeren Raum. Es kam mir vor als blicke ich in meinen Sarg. Als Jodie neben mir auftauchte, fragte ich mich, ob sie genauso empfand – oder sah sie ebenfalls meinen Sarg? Sie streichelte meinen Rücken und reichte mir mit der anderen Hand einen heißen Tee, ehe sie meine Stirn befühlte, um sich zu vergewissern, dass das Fieber nicht wieder schlimmer geworden war. War es nicht.
    Während sie das Loch gern versiegelt hätte, kam mir eine bessere Lösung. Ich riss die Wände, diese schmucklosen Gipsplatten, allesamt ein. Vor allem wegen derjenigen mit dem graugrünen Handabdruck war ich besonders froh darüber. Am Ende war ich völlig in weißen Staub gehüllt. Jodie lachte und behauptete, ich sähe aus wie ein Pantomime.
    Über das, was passiert war, nachdem mich die Cops an jenem Tag zu Hause abgesetzt hatten, redeten wir nicht. Zwei Wochen war es mittlerweile her. Das Bild ihres Ehemannes, der die Treppe mit der Axt kurz und klein schlug, hatte sich gewiss für lange, lange Zeit ins Gedächtnis meiner Frau eingebrannt, doch sie schaffte es alles hinter sich zu lassen, und liebte mich wieder. Es war eine fürchterliche Erfahrung, die notwendig gewesen war. Die Offenbarung jenes Tages hatte mich zurück auf den Boden der Tatsachen geholt, und genau dies hatte ich gebraucht. Ich brauchte Gewissheit, ob ich recht oder unrecht hatte.
    Ich hatte unrecht.
    Nachdem ich den Kellerraum gesäubert hatte, nahm ich meine Notizbücher – diejenigen mit dem unvollendeten Fragment von Elijah Dentmans mutmaßlichem Schicksal – und verstaute sie in einem meiner Koffer. Ich hab es versucht, Kleiner , beteuerte ich. So sehr, dass ich einer Sache hinterherhetzte, die gar nicht da war. Und in diesem Moment wusste ich nicht genau, ob ich mit Elijah oder meinem toten Bruder Kyle redete.
    Ja, es war ein Brustkorb gewesen. Und ich hatte ihn fasziniert angestarrt, völlig verblüfft ob meiner Vorahnung, dass ich richtig lag ; ich lag richtig ; ich lag richtig , meine Arbeit war getan, und meine Schreibarbeit war getan, und der Junge gerettet. Ich hatte ihn gerettet. Ich hatte es geschafft, ihn gefunden, ihn gesühnt.
    Adam war aus dem Wasser auf die Treppe geklettert und hatte dabei zweimal fast das Gleichgewicht verloren. Als er mich erreichte, schlang er die Arme um mich und drückte meinen Körper an sich. Dabei merkte ich, wie schwer er Luft holte, und sein Atemhauch wirkte heiß an meinem halb erfrorenen Hals.
    »Sieh hin«, verlangte ich, ohne mir die Mühe zu machen, mit dem Finger nach unten zu zeigen.
    Adam hatte bereits hingeschaut und schwieg. Lange Zeit ließ er auf sich warten, dann sagte er endlich: »Es … es sieht aus wie … ist es …?«
    »Ja«, bestätigte ich.
    Er flüsterte mir leise ins Ohr: »Woher wusstest du es?«
    »Keine Ahnung«, gab ich zu. »Ich kam einfach darauf. Gerade eben.«
    »Aber wie?«
    Ich drehte ihm den Kopf zu. Sein Gesicht befand sich nun dicht vor meinem »Ein Geist. Ich glaube, ein Geist hat es mir gesagt.«
    Adam wirkte verwirrt und beklommen, aber irgendwie auch erleichtert.
    »Ich bin nicht verrückt«, bekräftigte ich dann.
    Adam blickte in den Schacht, den das hohle Treppengerüst bildete. »Schau!«
    Verblüfft sah ich noch etwas auftauchen – mehr Knochen, aber nicht nur das: Es war ein zweiter Torso.
    »Adam …« Die Stimme klang gequält, meine Kehle war wie zugeschnürt, ich konnte mich nicht richtig artikulieren.
    Wir beide standen da und schauten zu, wie zahllose Knochen an die Oberfläche drängten. Sie wippten auf und ab wie Äpfel in einem Wasserfass, bis sie die gesamte Öffnung ausfüllten. Auch Schädel befanden sich darunter. Winzige Schädel.
    Über all dies dachte ich nach, schloss meinen Koffer und kehrte nach oben zurück, wo ein nettes Abendessen auf mich wartete.
     
    Tiere. Tierknochen. An einem der größeren Skelette hing sogar noch ein Hundehalsband, dessen Leder schwarz und schleimig, im

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