Die Treue Des Highlanders
an sein Lebensende büßen, und Anna sollte auf ewig in der Hölle schmoren!
Trotz der vielfältigen, nicht immer angenehmen Gerüche der Stadt stieg der Duft des Frühlings in Annas Nase, und sie atmete tief ein und aus. Sie musste sich zwar auf Duncans Arm stützen und langsam einen Schritt vor den anderen setzen, aber sie war froh, endlich der Enge des Hauses zu entkommen. In ihre Wangen war die Farbe zurückgekehrt, aber ihre Beine waren noch schwach, trotzdem hatte sie auf einen Spaziergang bestanden. Während sie an Duncans Arm langsam die High Street hinaufging, sagte sie: »Ich habe versagt. Es tut mir Leid.«
Duncan schüttelte den Kopf. »Nicht nur du, Anna, wir beide haben es nicht geschafft, unsere Mission zu erfüllen. Darnley ist tot und Bothwell freigesprochen. Das Einzige, was die Königin jetzt noch daran hindert, Bothwell zum Mann zu nehmen, ist seine eigene Ehe.«
»Er wird sich scheiden lassen«, sagte Anna müde. »Kannst du nicht versuchen, mit ihm zu sprechen?«
»Wie denn? So tief ist unsere Bekanntschaft leider nicht, dass er auf mich hören würde. Außerdem ist er sehr ehrgeizig und würde sich niemals von einem einfachen Laird die Krone Schottlands ausreden lassen.«
Anna seufzte. »Dann gibt es nur einen Weg: Ich muss noch einmal zur Königin und ihr sagen, was ich weiß. Wenn sie Bothwell heiratet, dann wird sie das nicht nur den Thron, sondern auch ihr Leben kosten.«
Duncan stoppte und sah Anna ernst an. »Sie wird dir nicht glauben.«
Eine Woge der Zärtlichkeit wärmte Anna. In Duncans Augen konnte sie Liebe und Sorge lesen. Seit er sie aus den Fängen des Quacksalbers befreit und ihr seine Liebe gestanden hatte, versuchte Anna nicht mehr, ihre Gefühle zu verstecken. Sie hatten nicht mehr über ihre Beziehung zueinander gesprochen, und Duncan benahm sich in ihrer Gegenwart immer zurückhaltend. Keine Umarmung, kein Kuss oder ein Wort darüber, wie es mit ihnen weitergehen sollte. Anna wusste, dass Duncan ihre Gefühle erwiderte, aber sie würde ihn nicht drängen. Duncan war nicht der Mann, der sich zu irgendetwas drängen ließ, gleichgültig, in welcher Beziehung. Sein Stolz war auch ein Grund, warum Anna ihn liebte, denn sie hatte nie zuvor einen Mann wie ihn kennen gelernt, und sie würde ihn nicht anders haben wollen. Früher oder später würde er zu ihr finden und erkennen, dass er sein Herz nicht ewig unter einem Panzer verstecken konnte. Trug sie sich aber wirklich mit dem Gedanken, bei Duncan zu bleiben und alles zu vergessen, das achtundzwanzig Jahre ihres Lebens ausgemacht hatte? Ihre Krankheit hatte ihr gezeigt, wie schnell man in dieser Zeit dem Tod geweiht sein konnte, auch wenn man nur eine harmlose Erkältung hatte.
»Ich werde Maria Stuart aufsuchen«, sagte sie schnell, um ihre Gedanken in eine andere Richtung zu lenken.
»Dann werde ich dich begleiten.«
»Nein, ich werde versuchen, mit Maria alleine zu sprechen. Von Frau zu Frau, denn sie mag zwar Königin sein, aber in erster Linie ist sie eine Frau, die liebt. Trotzdem hoffe ich, dass sie die Liebe zu einem Mann, der ihr Verderben sein wird, nicht über die Belange Schottlands stellt.«
Die Vorstellung, Anna alleine nach Holyrood gehen zu lassen, verursachte Duncan Unbehagen, aber er wusste, er konnte Anna von ihrem Entschluss nicht abbringen. Sie war eine Frau, die genau wusste, was sie wollte und was sie tat. Das war ja auch ein Teil ihres Charakters, den er liebte. Duncan beschäftigten ähnliche Sorgen wie Anna, aber auch er schwieg. Am liebsten hätte er gerufen: »Bleib bei mir! Werde meine Frau, und wir werden für immer glücklich und zufrieden auf Glenmalloch Castle leben!«, aber er durfte nicht so egoistisch sein. Obwohl sich Anna besser als erwartet in seine Zeit eingelebt hatte, konnte sie vor ihm nicht verbergen, wie abstoßend sie manche Dinge fand. Glaubte er Annas Erzählungen aus der Zukunft, und es gab keinen Grund, das nicht zu tun, so würden die meisten Menschen in Europa eines Tages nicht mehr der Willkür von Königen ausgesetzt sein, sondern selbst bestimmen, wer sie regierte. Man wählte den Menschen, der das Land regierte, und wenn dieser seine Arbeit nicht gut genug tat, dann setzte man ihn einfach ab. Selbst die Frauen durften wählen oder sich sogar als Staatsoberhaupt aufstellen lassen. Nun, das war für Duncan eine unglaubliche Vorstellung, aber war ihm nicht vieles, was er im einundzwanzigsten Jahrhundert gesehen und erlebt hatte, unvorstellbar vorgekommen? Duncan wünschte,
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