Die Treue Des Highlanders
Schutze seiner Burg in Glasgow geblieben. Die vorgelesene Anklageschrift klang etwas dünn, und es gab keine Zeugen, die Bothwell in der besagten Nacht in der Nähe von Kirk o’Field gesehen hatten. Die aufgerufenen Diener sagten übereinstimmend: »Es war Neumond und dunkel, wir haben weder im Haus noch im Garten, in dem Darnley zu Schaden kam, fremde Personen gesehen.«
»Die Verhandlung entbehrt jeglicher rechtlichen Grundlage«, schaltete sich Bothwell mit kühler und überlegener Stimme ein. »Wo ist ein Ankläger? Ich sehe keinen. Und welche Beweise werden gegen mich vorgebracht? Ich habe bisher keinen einzigen gehört. Gleichwohl – als loyaler Untertan Ihrer Majestät bin ich bereit, jede ernst zu nehmende Frage zu beantworten, denn es ist auch in meinem Interesse, diesen feigen und hinterhältigen Mord aufzuklären.«
Ein Gemurmel entstand unter den Richtern. Sie steckten die Köpfe zusammen und blätterten die dünne Akte durch. Von zehn Uhr morgens bis sieben Uhr abends erörterten sie und stellten Bothwell Fragen, mit deren Beantwortung er keinen Schuldbeweis lieferte. Schließlich sagte er mit einem gewinnenden Lächeln: »Es ist spät, Mylords, darum lasst uns dieses unerfreuliche Beisammensein beenden. Ihr müsst, ebenso wie ich, schrecklich hungrig sein. Warum gehen wir nicht in Ainslie’s Taverne, gleich hier um die Ecke? Ihr seid meine Gäste. Es wäre eine Freude für mich, Euch nach diesem anstrengenden Tag einen angenehmen und fröhlichen Abend zu bescheren.«
Lord Argyll, der Vorsitzende, zögerte nur einen Augenblick, dann erhob er sich und verkündete: »Mylord Bothwell, Ihr seid freigesprochen. Es gibt niemanden, der Anklage gegen Euch erhebt oder Beweise für Eure Schuld erbringen kann. Ihr könnt folglich gehen, wohin Ihr wollt!«
Bothwell verbeugte sich tief vor dem Gericht, aber der Spott stand ihm ins Gesicht geschrieben. »Ich danke Euch, Mylords, und ich begebe mich jetzt sofort in Ainslie’s Taverne. Der Wirt hat ein kräftiges, schäumendes Bier anzubieten, nach dem sich meine trockene Kehle verzehrt.«
Sechs Stunden und unzählige Krüge Bier später waren aus den Richtern und dem ehemaligen Angeklagten Freunde geworden. Und mehr als das – sie hatten mit Bothwell einen Pakt geschlossen und ein Dokument aufgesetzt, das besagte, dass er für alle Zeit von jeglichen Schuldzuweisungen und Vorwürfen freigesprochen wurde und jeder, der auch nur ein böses Wort gegen Bothwell sagte, des Todes sein sollte. Es war weit nach Mitternacht und die Mylords alle so betrunken, dass Bothwell ihnen die Hand mit der Feder führen musste, als die Lords ein zweites Dokument unterschrieben, in dem es unter anderem hieß:
... und sollte sich Ihre Majestät, Königin Maria von Schottland, herablassen, James Hepburn, den Earl von Bothwell, zu ihrem Ehemann zu wählen und den ehrenwerten Grafen einem ausländischen Prinzen den Vorzug zu geben, dann erklärt sich jeder einzelne der Unterzeichneten damit einverstanden, eine solche Ehe zu unterstützen und – wenn nötig – mit seinem Schwert zu verteidigen ...«
Einzig Lord Balnavas lallte, als Bothwell seine Hand zur Unterschrift führte: »Wie könnt Ihr das, Hepburn? Ihr seid doch schon verheiratet.«
»Das lasst meine Sorge sein«, murmelte Bothwell.
Mit einem satanischen Lächeln rollte er das Dokument zusammen, verstaute es sorgsam in seinem Wams und verließ sicheren Schrittes die Taverne. Keiner der Lords, die völlig betrunken auf den Bänken oder unter dem Tisch lagen, hatte bemerkt, dass in Bothwells Krug nur Wasser und kein Bier gewesen war. Es war nach zwei Uhr in der Nacht, als Bothwell durch eine verborgene Pforte nach Holyrood hineinschlich und wenig später das Schlafgemach der Königin betrat.
Maria Stuart war noch wach; sie hatte in dieser Nacht keinen Augenblick geschlafen. Als Bothwell eintrat, flog sie in seine Arme und küsste ihn wild und leidenschaftlich.
»Ich bin freigesprochen«, sagte Bothwell, als er wieder dazu kam, Luft zu holen.
»Ich habe keinen Augenblick daran gezweifelt, Liebster!«
Gemeinsam sanken sie auf das breite Bett, und auch in den kommenden Stunden fand Maria keinen Schlaf. Aber sie hatte auch nicht vorgehabt zu schlafen, denn nun galt es, Pläne für ihr weiteres Leben zu schmieden.
8. KAPITEL
Ein Wagen rumpelte über die unebenen Wege vor den Toren Edinburghs und hielt vor einem kleinen Herrenhaus. Diener halfen einem Mann und seiner Frau beim Aussteigen, und eine hoch gewachsene junge Frau folgte
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