Die Treue Des Highlanders
Schultern und sah ihr in die Augen. »Anna, das wird die Rolle deines Lebens! Keiner wird danach mehr darum herumkommen, dir einen Oscar zu verleihen, aber du hast noch viel, sehr viel zu arbeiten. Und dafür brauchst du Ruhe, absolute Ruhe!«
Anna seufzte und drehte den Kopf. »Wenn du der Meinung bist, dass mein Talent nicht ausreicht, die Lady Marjorie zu spielen, dann frage ich mich, warum du nicht eine andere, bessere Schauspielerin suchst!«, sagte sie scharf.
»Weil dir die Rolle wie auf den Leib geschneidert ist. Ich habe keinen Zweifel, dass du damit Filmgeschichte schreiben wirst. Und gerade deswegen möchte ich, dass du dieses Mal mehr als zu hundert Prozent vorbereitet bist. Du musst Lady Marjorie werden, innerlich wie äußerlich.«
»Ach, und du meinst, wenn ich in einer armseligen Hütte unter primitiven Bedingungen hause, dann gelingt es mir spielend, nachzuvollziehen, wie sich eine schottische Lady im sechzehnten Jahrhundert gefühlt hat?«, entgegnete Anna spöttisch. »Ich erinnere mich, dass Lady Marjorie zwar in einer alten Burg lebt – selbstverständlich ohne Heizung und modernem Herd –, aber sie ist von einer Schar von Dienern umgeben, die ihr Feuer machen und das Essen kochen.«
Bruce seufzte, ging jedoch auf ihre Bemerkung nicht ein. »Ich sagte dir gestern Abend schon, dass sich die Besitzerin um den Boiler kümmern wird. Okay, ein Vorschlag zur Güte – wir kaufen ein mobiles Kochfeld, Steckdosen gibt es hier ja genügend. Ich besorge es dir in Inverness und bringe es in zwei, drei Tagen mit, wenn ich wiederkomme.«
»Inverness?« Anna fuhr von dem Hocker hoch. »Du hast mir kein Wort davon gesagt, dass du so bald nach Inverness musst.«
»Der Anruf kam auch erst vorhin auf mein Handy. Du warst schon aufgestanden, darum hast du es nicht gehört. Sie beginnen heute Nachmittag mit dem Casting für die Nebenrollen. Du weißt doch, dass alle Komparsen aus der Umgebung stammen sollen, weil wir nur ursprüngliche Charaktere haben möchten.«
»Wie lange wirst du bleiben?«
»Zwei, vielleicht drei Tage. Ich rufe dich auf jeden Fall an.«
»Ich kann ja mitkommen«, schlug Anna vor, doch Bruce schüttelte lächelnd den Kopf.
»Stell dir mal vor, was geschehen wird, wenn eine Anna Wheeler beim Casting anwesend ist. So gänzlich unbekannt bist du nämlich nicht. Alle Bewerber würden sich schrecklich verbiegen und unnatürlich wirken, weil sie dir imponieren wollen. Nein, nein, wir suchen natürliche Talente.«
»Ich kann mich ja im Hintergrund halten.«
»Ach Anna, die Leute werden alles versuchen, dich zu beeindrucken. Dadurch werden sie verkrampft und versuchen, einen Charakter darzustellen, der gar nicht zu ihnen passt.«
Anna senkte den Kopf. Sie konnte in diesem Punkt Bruce nicht widersprechen. Egal, wo sie auftauchte, wenn sie als Anna Wheeler erkannt wurde, veränderten sich plötzliche alle Personen in ihrer Umgebung. Auf einmal versuchten alle, das Glas mit der gleichen Eleganz wie Anna zu halten, mit derselben Lässigkeit blinzelten die Damen kokett die Herren an, und selbst ihr Gang wurde imitiert. Aber das war der Preis des Ruhms, den Anna zu tragen hatte, und wenn sie ehrlich war, würde sie in keiner anderen Welt leben wollen.
»Ich kann ja eine der Perücken aufsetzen und eine Sonnenbrille tragen«, wagte sie den schwachen Versuch, Bruce umzustimmen. »Oder ich mache Einkäufe. Es gibt bestimmt viele interessante Geschäfte in der Stadt, und ich war schon ewig nicht mehr ausgiebig shoppen.«
»Ja, es ist bestimmt drei Wochen her«, antwortete Bruce trocken. »Nein, mein Mädchen, du bleibst hier und wirst schön deine Rolle lernen.«
Fest presste Anna ihre Kiefer aufeinander. Nein, sie würde ihm jetzt keine Szene machen. Anna wusste nämlich ganz genau über den Ablauf solcher Castings Bescheid. Sie konnte sich sicher sein, dass später am Set mindestens eine oder zwei Mägde oder Küchenmädchen dabei sein würden, die ihre Rollen nicht ihrer schauspielerischen Begabung, sondern dem Weg über Patrick Sandlers Bett zu verdanken hatten. Daher schien es für die Crew kein Problem darzustellen, dass Patrick bei dem Casting anwesend war, während man sie in die Einöde verbannte. Anna konnte es egal sein, was ihr Kollege trieb, für den es tiefe Gefühle ohnehin nur in Drehbüchern gab. Allein die Tatsache, dass einige der Crewmitglieder im
Caledonien Hotel
versammelt waren und sie hier von allen abgeschnitten wohnen musste, stimmte Anna traurig. Wenn wenigstens Bruce bei ihr bliebe,
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