Die Treue Des Highlanders
müssen.«
»Aber wir bringen keine Menschen um, nur weil sie eine etwas übersteigerte Phantasie haben!«, rief Anna erbost und wollte noch mehr hinzufügen, dann dachte sie plötzlich an die zahlreichen sinnlosen Kriege, die seit dem sechzehnten Jahrhundert auf der ganzen Welt geführt worden waren und immer noch geführt wurden. Anna hatte Duncan nichts von den zwei schrecklichen Weltkriegen im zwanzigsten Jahrhundert erzählt, nichts von Atombomben und Gaskammern und auch nichts vom internationalen Terrorismus, der die ganze Welt in Atem hielt. Sie wusste, er würde es nicht verstehen. Wie sollte er in einer Zeit, in der gerade das Schießpulver eine immer weitere Verbreitung fand, es auch verstehen, wenn sie selbst nicht den Sinn von Kriegen und Morden verstand. »Lass uns bitte zurückreiten«, bat Anna leise und ging zu ihrem Pferd, das friedlich grasend am Ufer stand.
Duncan betrachtete Anna nachdenklich. Sie war eine außergewöhnliche Frau, impulsiv und vorlaut, aber sie strahlte eine Herzlichkeit aus, die Duncan bisher bei keiner Frau erlebt hatte. Sie war wie ein Kamerad, ein guter Freund, mit dem man über alles sprechen konnte. Wenn sie aus seiner Zeit käme, dann ... Duncan hieb seinem Hengst die Fersen in die Seite und galoppierte davon. Es war müßig, über Dinge nachzudenken, die unmöglich waren. Erst bei den Stallungen der Burg wartete Duncan auf Anna, die langsam angetrottet kam. Obwohl sie den ungewohnten Ritt besser als erwartet gemeistert hatte, war sie jetzt froh, absteigen zu können, denn sie spürte schmerzhaft jeden Knochen in ihrem Körper. Bestimmt würde sie am kommenden Tag einen furchtbaren Muskelkater haben.
Duncan und Anna übergaben die Pferde einem Stallburschen. Als sie über den Hof zum Hauptgebäude gingen, erklang ein spitzer Schrei. Eine Person rannte aus der Tür und warf sich um Duncans Hals.
»Wie kommt Lilian Graham hierher?«, flüsterte Anna entsetzt und zwinkerte mit den Augen. Es war doch völlig unmöglich, dass sich diese Wasserstoffblondine an Duncan klammerte und sein Gesicht von oben bis unten mit Küssen bedeckte. Es dauerte einige Minuten, bis Anna erkannte, dass die Frau, die Duncan so ungeniert in aller Öffentlichkeit küsste, nicht Lilian war, obwohl sie dem Scriptgirl verblüffend ähnlich sah. Das gleiche blonde Haar und eine entsprechende Oberweite, die schamlos aus dem weit ausgeschnittenen Mieder der Frau hervorquoll. Anna sah, wie Duncan ihre Arme löste und die Frau von sich schob. Er war peinlich berührt und wich Annas Blick aus.
»Duncan, mein Liebling, warum hast du dich nicht gemeldet? Ich bin vor Sorge beinahe gestorben, als du so lange verschwunden warst! Geht es dir gut? Bist du verletzt?«
Die Stimme der Blondine zwitscherte wie ein junger Vogel, ihre babyblauen Augen hingen wie hypnotisiert an Duncans Gesicht.
Anna trat einen Schritt vor. »Möchtest du uns nicht vorstellen?«, fragte sie spitz.
Erst jetzt schien die Frau Anna zu bemerken. Sie runzelte die Stirn und schenkte Anna einen wenig freundlichen Blick. Mit sichtlichem Unbehagen trat Duncan von einem Fuß auf den anderen.
»Äh ... also ... das ist meine ... Cousine Anna. Anna, das ist Alice Skelton, eine Nachbarin.«
Das also war Duncans Verlobte! Anna schluckte. Sie war sehr schön. Kein Wunder, dass ein Mann wie Duncan eine solche Frau zum Altar führen wollte.
»Deine Cousine?« Alice lächelte herablassend und verzichtete darauf, Anna die Hand zu geben. »Du hast mir nie erzählt, dass du eine Cousine hast, Duncan.«
»Es ist auch nur eine sehr entfernte Verwandtschaft, Annas Familie lebt nicht in Schottland. Sie kommt aus ...«
»Irland!«, kam es wie aus der Pistole geschossen aus Annas Mund. Sie glaubte nicht, dass Alice je in Irland gewesen war, und ihre Reaktion gab Annas Vermutung Recht.
»Aus Irland? Diesem unzivilisierten Land? Dann habt Ihr eine weite Reise hinter Euch.«
Anna nickte und ballte hinter ihrem Rücken beide Hände zu Fäusten. Obwohl es völlig unsinnig war, aber die Vorstellung, Duncan würde diese Frau heiraten, machte sie furchtbar wütend. Wahrscheinlich lag es an ihrer Ähnlichkeit mit Lilian, an die sie Bruce verloren hatte. Es schien ihr Schicksal zu sein, dass alle Männer, die ihr etwas bedeuteten, blonde, vollbusige Vamps bevorzugten.
Reiß dich zusammen, Anna Wheeler!, schalt sie sich stumm. Sie und Duncan verband lediglich die Zeitreise, mehr war nicht zwischen ihnen. Dem Beinahekuss in der Küche des Cottage durfte sie nicht zu viel
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