Die Treue Des Highlanders
und nahm Cathy und Marla bei der Hand. »Anna, du auch«, fügte Lady Flamina hinzu. »Wir haben eine Familienangelegenheit zu besprechen. Douglas, du bleibst hier, ich habe eine Aufgabe für dich.«
Unmittelbar nachdem Alice Skelton Anna von ihrer Schwangerschaft erzählt hatte, war sie zu Duncans Mutter gelaufen. Anna war überzeugt, dass sie einzig aus diesem Grund heute nach Glenmalloch gekommen war. Anna versuchte, in Duncans Gesicht nach einer Regung zu suchen, aber er verzog keine Miene. Nur das leichte Zucken seiner Wangenmuskeln verriet, dass er keineswegs so ruhig war, wie er vorgab.
»Komm«, flüsterte Helen ihr zu und zog sie aus der großen Halle.
Unschlüssig blieb Anna vor der Tür stehen. Es interessierte sie brennend, was sich nun in der Halle abspielen würde, aber sie konnte unmöglich vor den Augen von Helen ihr Ohr an die Tür legen und lauschen.
Helen blinzelte ihr verschwörerisch zu. »Mutter wird Duncan die Hölle heiß machen«, flüsterte sie. »Das will ich mir nicht entgehen lassen, aber erst müssen wir die Kleinen ins Bett bringen.«
Anna folgte ihr zum Kinderzimmer, in das Helen ihre zwei Schwestern schob und ein Mädchen aufforderte, die Kinder sofort ins Bett zu bringen, dann huschte sie durch den Flur und stieg eine steile Wendeltreppe nach oben. Anna folgte ihr, in diesem Teil der Burg war sie bisher noch nicht gewesen. Oben angekommen öffnete Helen eine Tür zu einem kleinen Zimmer, das bis auf ein Bett mit zerschlissenen Vorhängen und zwei Truhen leer war. Die muffige Luft verriet, dass der Raum lange nicht mehr benutzt worden war. Sie mussten sich beinahe unter dem Dach befinden, denn die Decke war niedrig, und es gab nur zwei kleine Fenster.
»Es interessiert dich doch, was unten in der Halle geschieht, nicht wahr?«, sagte Helen, es war keine Frage, sondern eine Feststellung. Sie deutete auf zwei Alkoven, die in die Wände eingelassen und so klein waren, dass eine Person gerade darin stehen konnte. Der Alkoven auf der rechten Seite hatte zwei Gucklöcher, durch die man direkt in die Kapelle hinuntersehen konnte.
»Unsere Großmutter hat sich das Zimmer entsprechend umbauen lassen, als sie zu schwach war, die Treppen hinunterzugehen. So konnte sie trotzdem der Messe folgen, ohne ihr Zimmer zu verlassen, und hier ...«, mit einem verschwörerischen Lächeln schob Helen einen schweren Samtvorhang vor der linken Wand zur Seite, »... hat Großmutter alles beobachten können, was in der Halle vor sich geht.«
»Dann war sie sozusagen bei allem wie bei einer Liveübertragung im Fernsehen dabei«, bemerkte Anna trocken.
»Was?«
»Ach nichts«, winkte Anna ab und kroch in den kleinen Raum. Sie befanden sich hoch über der großen Halle, und ein schmales Guckloch, nicht mehr als eine Schießscharte, bot einen guten Überblick über alles, was da unten vor sich ging.
»Wir müssen nur sehr leise sein«, flüsterte Helen an Annas Ohr. »Ebenso wie wir jedes Wort verstehen können, was da unten gesprochen wird, kann man uns entdecken. Das würde Mutter gar nicht gefallen.«
Anna nickte und kniete sich vor das Guckloch. Sie wusste, es war nicht fein, andere Menschen heimlich zu belauschen, aber sie begründete ihre Handlung damit, dass sie lediglich aus Sorge um Duncan so handelte.
Lady Flamina schritt wie ein Racheengel in der Halle auf und ab. »Lady Alice hat mir mitgeteilt, dass sie sich in anderen Umständen befindet. Was hast du dazu zu sagen, Duncan?«
Zum ersten Mal hob Duncan den Kopf und sah seine Mutter an. »Was soll ich dazu schon sagen?«
»Du bist unverschämt, Duncan Cruachan! Ich will auf der Stelle wissen, ob zwischen dir und Lady Alice das vorgefallen ist, was ihre Schwangerschaft begründet.«
»Zweifelt Ihr an meinen Worten?«, jammerte Alice Skelton und presste zwei Tränchen aus den Augen. »Ich liebe Duncan so sehr, und ich dachte, da wir ja verlobt sind, kann es kein so großes Unrecht sein.«
Auf Anna wirkte ihr Verhalten gekünstelt, und sie wartete gespannt auf Duncans Antwort.
»Du meine Güte, ja, aber Alice hat immer gesagt, dass nichts passieren kann, weil sie Kräuter einnimmt, die ...«
»Genug!« Lady Flaminas Faust krachte auf die Tischplatte, dass die Teller klapperten. »Es ist zum Glück noch nicht zu spät, den Schaden zu begrenzen. Natürlich wirst du Alice unverzüglich heiraten. Ich werde sofort alles veranlassen, die Trauung wird nächsten Sonntag stattfinden.«
»Nächsten Sonntag!« Duncan fuhr in die Höhe, sein Stuhl fiel polternd zu
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