Die Tricks der Trickser
immer im Guten ausgeht, sondern sogar extrem selten – und manchmal, aber nur manchmal gerät das Opfer in ein solches Drama, dass es einem Trauma gleicht.
So ist das Opfer der offenkundig Leidende, der Retter scheint zu helfen, wird aber subtil keine Verbesserung zulassen, und der Verfolger ist der offensichtlich Leid Schaffende. Verfolger und Retter arbeiten in gewisser Weise zusammen: Der Verfolger hält das Opfer durch Anklagen ,ohnmächtig‘. Der Retter kann dann besonders gut ,helfen‘, indem er das tut, was das Opfer unter normalen Umständen ganz allein schaffen würde. Dreh- und Angelpunkt im Drama-Dreieck ist also immer das Opfer.
Dummerweise sind alle drei so sehr in ihre dramatischen Rollen verstrickt, dass sie glauben, vollkommen erwachsen und logisch zu handeln. Sie meinen, ihr Verhalten sei angemessen und produktiv. Doch wenn Sie mit jemandem sprichwörtlich im Dreieck springen, dann sind Sie sich gegenseitig auf den Leim gegangen in der Vermeidung von Verantwortung. Wie eine heiße Kartoffel wird die Verantwortung hastig hin und her geworfen, und jeder fürchtet, sich die Finger zu verbrennen.
Noch ein Beispiel:
Opfer Frau Meier aus dem Großraumbüro.
Frau Meier sitzt mit großen feuchten Augen im Großraumbüro. Mit der Zeit bekommt auch der Unaufmerksamste mit, dass sie vor sich hinschnüffelt.
Retter Frau Müller, auch aus dem Großraumbüro.
Endlich erbarmt sich Frau Müller, ihr weiches Herz schmilzt, und sie kann es einfach nicht mehr mitansehen. „Nun, Erika, was hast du denn?“ „Ach, nein, lass nur!“, gefolgt von einem unterdrückten Seufzer, den man bis in die hinterste Ecke hören kann. „Ja, aber was ist denn nur passiert?“, insistiert Frau Müller, die weiß, dass man manche Menschen einfach zu ihrem Glück zwingen muss. Mittlerweile sind alle neugierig geworden, und eine kleine Abwechslung ist doch immer willkommen.
Täter Der Chef.
Ein Dackelblick von Frau Meier zur Bürotür des Chefs weist auf den wohl anscheinend Schuldigen für ihre emotionale Misere hin. „Ja, das ist ja unerhört“, denkt sich Frau Müller, „da hat doch wohl der Chef wieder seine Launen ausgelassen. Nein, so geht das aber nicht!“ Frau Meier schnüffelt weiter in ihr Taschentuch, während Frau Müller sie behutsam, doch unmissverständlich zur Kaffeeküche bugsiert: „Nun sag schon, mir kannst du’s doch erzählen!“
Fehler im System Hat Frau Meier irgendetwas Konkretes gesagt? Hat irgendwer mal gefragt, ob Frau Meier vielleicht eine berechtigte Kritik bekam, die sie nur nicht gern gehört hat? Frau Meier hat, was sie wollte – enorm viel Zuwendung, zwar erschlichen, aber immerhin –, alle sind aufmerksam geworden, und mehr als die Hälfte der Abteilung solidarisiert sich sofort mit ihr gegen ... ja, gegen wen eigentlich? Ach, ist doch egal, warum nicht gegen den Chef, der ist ja gerade nicht da, und im Zweifel immer für den scheinbar Schwächeren. Außerdem kann man dabei so toll seine eigenen unterdrückten Ärgernisse noch einmal nett wiederkäuen – gemeinsam ärgert es sich einfach besser.
Prognose Krawall in den Herzen und passiver Widerstand, denn so richtig traut man sich ja doch nicht gegen den Chef. Mittlerweile ist die ganze Mannschaft aufgebracht. Frau Meier realisiert vage, dass sie da etwas angezettelt hat, was jeder Grundlage entbehrt, aber wenn alle anderen derselben Meinung sind, dann wird da wohl schon etwas dran sein. Die Situation scheint verfahren – wer will jetzt noch zugeben, dass er sich nur von seinen Emotionen hat leiten lassen?!
Im Unternehmen sieht das so aus:
Sie kennen doch diese Mitarbeiter, die schon bei kleinsten Grenzsetzungen das Leid der Welt erfahren, die bei kritischen Rückmeldungen den Dolch im Rücken spüren und die, sobald Sie etwas zu bemerken haben, lauthals (hinter Ihrem Rücken) behaupten, dies sei Ihr persönlicher Feldzug gegen sie.
Nun kommen Führungskräfte natürlich nicht drum herum, auch diese Mitarbeiter zu kritisieren. Meist sind dies auch nicht die kompetentesten oder auch nur engagiertesten Teammitglieder. So vorsichtig Sie die Kritik auch anbringen, so berechtigt diese auch ist – es hilft nichts. Der Fehdehandschuh scheint geworfen, und besagter Mitarbeiter sieht sich als Opfer Ihrer persönlichen Launen. In Rekordzeit ist die Mitarbeitervertretung informiert.
Wenn die Mitglieder der MAV nicht fit sind in der Erkennung von Machtspielen, dann lassen sie sich dazu instrumentalisieren, sich gegen Sie als Vorgesetzten
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