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Die Triffids: Roman - Mit einem Vorwort von M. John Harrison (www.Boox.bz)

Die Triffids: Roman - Mit einem Vorwort von M. John Harrison (www.Boox.bz)

Titel: Die Triffids: Roman - Mit einem Vorwort von M. John Harrison (www.Boox.bz) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Wyndham
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bildeten die Triffids keine Bedrohung. Anders lagen die Dinge in den Tropen; dort wurden sie, besonders in unwegsamen Waldgebieten, eine wahre Geißel.
    Im dichten Gestrüpp übersah sie der Reisende leicht; war er in Reichweite, schlug der Giftstachel zu. Auch für den Eingeborenen war es schwierig, eine im Dickicht lauernde Triffid zu entdecken. Die Pflanze spürte jede Bewegung in ihrer Nähe und ließ sich nicht leicht überrumpeln.
    In solchen Gegenden wurde ihre Bekämpfung ein ernstes Problem. Die beliebteste Methode war, sie zu köpfen und so ihres Giftstachels zu berauben. Im Dschungel führten die Eingeborenen lange, leichte Stangen mit sich, die an der Spitze mit einer gekrümmten Klinge versehen waren. Eine wirksame Waffe, wenn man sie rechtzeitig gebrauchte, aber ganz unwirksam, wenn die Triffid einem zuvorkam, ausschwingen und die Distanz unerwartet um anderthalb Meter verringern konnte. Diese unzulänglichen Spieße wurden daher bald von richtigen Schusswaffen verdrängt, die mit Federkraft schwirrende kleine Metallplättchen oder Stahlscheiben abschnellten; sie boten über zehn Meter hin aus keine Treffsicherheit, wenn sie aber ihr Ziel erreichten, kappten sie eine Triffid auch noch auf zwanzig Meter Entfernung. Diese Erfindung gefiel sowohl den Regierungen – die fast ausnahmslos das wahllose Hantieren mit Gewehren ablehnten –, als auch den Benutzern, die diese Geschosse aus rasierklingendünnem Stahl preiswerter und leichter fanden als Patronen, zudem eigneten sie sich wunderbar für lautlose Raubzüge.
    Inzwischen war die Wissenschaft nicht müßig gewesen, man untersuchte alles, was mit Triffids zu tun hatte, aufs Genaueste. Man untersuchte, wie weit und wie lange Triffids wandern konnten, ob sie eine Vorder- und eine Rückseite hatten oder in jede beliebige Richtung gleich unbeholfen taumelten, wie sie auf bestimmte Chemikalien im Boden reagierten, und andere nützliche und unnütze Fragen.
    Die größte in den Tropen beobachtete Triffid erreichte eine Höhe von beinahe drei Metern. In Europa wurde keine über zwei Meter fünfzig hoch, die durchschnittliche Höhe betrug knapp zwei Meter. Sie nahmen anscheinend mit jedem Klima und jedem Boden vorlieb. Ihr einziger natürlicher Feind war der Mensch.
    Sie hatten indes noch die eine oder andere Eigenheit, auf die man anfangs nicht geachtet hatte. Erst nach einiger Zeit wurde man auf die unheimliche Zielsicherheit ihrer Stiche aufmerksam; sie zielten fast ausnahmslos auf den Kopf. Es fiel zunächst auch nicht auf, dass sie meist in der Nähe eines gefällten Opfers auf der Lauer blieben. Es stellte sich heraus, dass sie nicht nur Insekten, sondern auch Fleisch fraßen; die Geißel mit dem Giftstachel hatte zwar nicht Muskelkraft genug, um lebendes Fleisch zu packen, vermochte aber von verwesendem Stücke loszureißen und dem Trichter zuzuführen.
    Auch die drei Stiele neben dem Hauptstamm erweckten kein großes Interesse. Man suchte sie mit dem Fortpflanzungssystem in Verbindung zu bringen. Das Auffällige an diesen drei kurzen, blattlosen Stielen bestand darin, dass sie manchmal plötzlich aus ihrer Reglosigkeit erwachten und schnell gegen den Hauptstamm trommelten; man erklärte dieses Trommeln als eine Art erotische Betätigung.
    Vielleicht hielt mein frühes Erlebnis mein Interesse an den Triffids wach, eine Art Verbundenheit blieb jedenfalls bestehen. Ich verbrachte – oder vergeudete, in den Augen meines Vaters – viel Zeit mit ihrer Beobachtung.
    Man konnte es meinem Vater nicht verübeln, dass er diese Beschäftigung für wertlos hielt. Doch später sollte sich herausstellen, dass es keine verlorene Zeit gewesen war. Knapp vor meinem Schulaustritt reorganisierte sich die Fischölverwertungsgesellschaft – in der neuen Firmenbezeichnung fehlte das Wort »Fisch« –, und man erfuhr, dass die Firma, wie ähnliche Unternehmungen im Ausland, sich auf Triffids umstellte, aus denen hochwertiges Öl und Tierfutter gewonnen werden sollte. Triffids rückten damit über Nacht in das »große Geschäft« auf.
    Da fasste ich den für meine Zukunft entscheidenden Entschluss. Ich bewarb mich bei der Ölfirma um eine Stelle und erhielt sie. In der Produktion. Die Höhe des Gehalts, das für mein Alter recht gut war, milderte ein wenig die Missbilligung meines Vaters. Er blieb zwar skeptisch, wenn ich mich in enthusiastischen Zukunftsvisionen erging. Letztlich vertraute er nur Berufen mit langer Tradition, doch er ließ mich meinen Weg gehen. »Du bist

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