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Die Triffids: Roman - Mit einem Vorwort von M. John Harrison (www.Boox.bz)

Die Triffids: Roman - Mit einem Vorwort von M. John Harrison (www.Boox.bz)

Titel: Die Triffids: Roman - Mit einem Vorwort von M. John Harrison (www.Boox.bz) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Wyndham
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Abweichungen, wobei wir die vorgeschriebenen engmaschigen Drahtmasken trugen. Ich sah nicht genau, was geschah. Soviel ich weiß, beugte ich mich vor, als ein bösartig gegen mein Gesicht peitschender Stachel an das Drahtgitter der Maske schlug. Neunundneunzigmal von hundert wäre nichts geschehen; dafür waren die Masken ja da. Diesmal zerplatzten infolge der Gewalt des Schlages einige der kleinen Giftsäckchen, und ein paar Tropfen spritzten mir in die Augen.
    Im Nu hatte mich Walter in sein Labor zurückgebracht und das Gegenmittel angewendet. Nur seiner schnellen Hilfe war zu verdanken, dass überhaupt Aussicht bestand, mir das Augenlicht zu retten. Aber trotzdem bedeutete es mehr als eine Woche Bettruhe und Dunkelheit.
    Während ich dalag, hatte ich bereits beschlossen, mich um Versetzung in eine andere Abteilung zu bemühen. Und wenn das nicht klappen sollte, wollte ich den Job ganz hinschmeißen.
    Seit ich im Garten den ersten Stich abbekommen hatte, war ich gegen Triffidgift ziemlich immun. Ich hatte ohne besondere Schädigungen Stiche überlebt, die einen weniger Abgehärteten wohl das Leben gekostet hätten. Aber das alte Sprichwort vom Krug, der zum Brunnen geht, bis er bricht, ging mir nicht aus dem Sinn. Ich war gewarnt.
    Ich erinnere mich, dass ich mir stundenlang ausmalte, während ich mit verbundenen Augen dalag, was ich tun könnte, wenn man meine Bitte um Versetzung ablehnte.
    Bedenkt man, was dann geschah, hätte ich mir diese Überlegungen sparen können.

3 In der City
    3
    In der City
    Die Tür zum Pub schwang hinter mir zu, und ich wanderte bis zur nächsten Straßenkreuzung. Dort machte ich halt.
    Zu meiner Linken lagen meilenweit Vororte und das offene Land; zur Rechten das Londoner West End mit dem Zentrum dahinter. Ich fühlte mich etwas erholt, aber seltsam schwebend und orientierungslos. Ich hatte nicht den Schimmer eines Plans. Welcher Plan wäre einer solchen Situation auch angemessen? Ich kam mir verlassen und verloren vor, und alles erschien mir seltsam unwirklich.
    Kein Verkehr weit und breit, auch keine Verkehrsgeräusche. Nichts Lebendiges zu sehen als hie und da eine vereinzelte Gestalt, die behutsam tastend an der Häuserfront entlangschlich.
    Es war ein herrlicher Frühsommertag. Alles war blank und klar, bis auf eine dunkle Rauchsäule, die im Norden über den Dächern stand. Einige Minuten blieb ich unentschlossen stehen. Dann wandte ich mich ostwärts, nach London …
    Ich weiß heute noch nicht, warum. Vielleicht lockte mich die vertraute Umgebung, vielleicht erwartete ich, wenn irgendwo, dann dort Autorität und Führung zu finden.
    Der genossene Branntwein hatte mich hungrig gemacht, ich musste etwas essen. Ein schwieriges Problem. Es gab zwar Läden genug, herrenlos und unbewacht, mit Lebensmitteln in den Schaufenstern, und ich war hungrig und hatte Geld oder konnte, wenn ich nicht zahlen wollte, eine Scheibe einschlagen und mir nehmen, was ich brauchte.
    Dazu aber konnte ich mich nicht entschließen. Dreißig Jahre lang hatte ich Recht und Gesetz respektiert, und noch konnte ich nicht einsehen, dass sich wirklich grundlegend etwas geändert hatte. Ich glaubte sogar, dass es darauf ankäme, sich ganz normal zu verhalten; dann würde sich auf wunderbare Weise auch die normale Ordnung der Dinge wiederherstellen. Es war zweifellos absurd, aber ich hatte das starke Gefühl, dass ich in dem Moment, in dem ich eine dieser Schaufensterscheiben einschlüge, die alte Ordnung für immer zerstörte. Was für eine feine Empfindsamkeit mitten im Chaos! Und doch denke ich noch gerne daran, dass die Gewohnheiten des zivilisierten Lebens nicht sofort von mir abfielen und dass ich zumindest eine Zeit lang wegen meiner schon veralteten Anstandsregeln hungrig und mit wässrigem Mund an den ausgestellten Köstlichkeiten vorüberging.
    Nachdem ich etwa eine Meile zurückgelegt hatte, löste sich das Problem von selbst. Ein Taxi war auf den Gehsteig und mit dem Kühler in einen Delikatessenladen geraten. Ich kletterte an dem Fahrzeug vorbei in den Laden und holte mir alles, was zu einer guten Mahlzeit gehörte. Noch immer hatte ich meine gute Erziehung nicht vergessen und ließ gewissenhaft eine angemessene Summe als Kaufpreis auf dem Ladentisch zurück.
    Auf der anderen Straßenseite war ein kleiner Park. Einst war es ein Friedhof gewesen, die zugehörige Kirche stand nicht mehr. Die alten Grabsteine hatte man an der Umfassungsmauer aufgereiht, das Gräberfeld mit Rasen bepflanzt und mit

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