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Die Triffids: Roman - Mit einem Vorwort von M. John Harrison (www.Boox.bz)

Die Triffids: Roman - Mit einem Vorwort von M. John Harrison (www.Boox.bz)

Titel: Die Triffids: Roman - Mit einem Vorwort von M. John Harrison (www.Boox.bz) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Wyndham
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erkrankten Männer tot aufgefunden; und allem Anschein nach lag der andere im Sterben – und vier neue Krankheitsfälle waren dazugekommen. Nach dem Abendessen waren es wieder zwei mehr. Ich hatte keine Ahnung, was es war. Bei dem Mangel an Pflege und angesichts der allgemeinen Lage kamen eine ganze Reihe von Seuchen infrage. Ich dachte an Typhus, mutmaßte aber, dass die Inkubationszeit diese Diagnose ausschloss – nicht, dass ich irgendetwas hätte tun können, wenn ich es gewusst hätte. Ich wusste nur, es war etwas so Bösartiges, dass es den rothaarigen jungen Mann veranlasst hatte, nach seiner Pistole zu greifen und von der Verfolgung meiner Gruppe abzulassen.
    Es sah ganz so aus, als hätte ich meinen Leuten von Anfang an einen zweifelhaften Dienst geleistet. Ich hatte sie am Leben erhalten, hatte sie zwischen der Bedrohung durch einen rivalisierenden Trupp auf der einen Seite und der durch die von Hampstead Heath herandringenden Triffids auf der anderen durchgeschleust. Nun kam diese Krankheit dazu. Und alles in allem hatte ich nichts weiter erreicht als einen Aufschub des Hungertodes für kurze Zeit.
    Aus dieser Situation sah ich keinen Ausweg.
    Und dann beunruhigte mich der Gedanke an Josella. Das Gleiche wie hier geschah wohl auch in ihrem Distrikt, vielleicht Schlimmeres …
    Ich musste an Michael Beadley und seine Gruppe denken. Ich hatte schon immer gewusst, dass die Logik für sie sprach, und nun gewann es den Anschein, dass ihr Vorgehen auch das humanere war. Sie hatten erkannt, dass der Versuch, mehr zu retten als einige wenige, scheitern musste. Den Übrigen eine leere Hoffnung geben war eigentlich Grausamkeit.
    Und wir selbst? Wozu waren wir verschont worden? Doch nicht nur, um uns um etwas Vergebliches und Unmögliches zu bemühen?
    Ich beschloss, morgen auf die Suche nach Josella zu gehen; wir würden uns dann die Sache gemeinsam überlegen …
    Die Türklinke wurde niedergedrückt, und die Tür ging langsam auf.
    »Wer ist da?«, sagte ich.
    »Oh, Sie sind es«, antwortete eine Mädchenstimme.
    »Was wollen Sie?«, fragte ich.
    Sie war groß und schlank. Noch keine zwanzig, meiner Schätzung nach. Leicht gewelltes Haar. Kastanienbraun. Von ruhigem Wesen, und doch fiel sie auf – es lag an ihrer Erscheinung, an ihrer Haltung. Sie hatte sich nach meiner Bewegung und der Stimme orientiert. Ihre goldbraunen Augen blickten gerade über meine linke Schulter hinweg, sonst hätte ich gesagt, sie betrachtete mich.
    Sie antwortete nicht sogleich. Diese Unentschlossenheit stimmte nicht zu dem Eindruck, den sie sonst machte. Ich wartete auf ihre Antwort. Etwas begann mir die Kehle zuzuschnüren. Sie war jung. Und schön. Vor ihr hätte das Leben liegen sollen, vielleicht ein wunderbares Leben …
    »Sie werden von hier fortgehen?« Es klang halb wie eine Frage, halb wie eine Feststellung, die Stimme war ruhig, ein wenig gebrochen.
    »Das habe ich nie gesagt«, entgegnete ich.
    »Nein«, gab sie zu, »die anderen sagen es. Und haben recht, nicht wahr?«
    Darauf gab ich keine Antwort. Sie fuhr fort: »Sie können nicht fort. Können uns nicht so verlassen. Wir brauchen Sie.«
    »Ich tue hier nichts Gutes«, sagte ich. »Es ist hoffnungslos.«
    »Vielleicht kommt doch noch Rettung.«
    »Jetzt nicht mehr. Wir wüssten es nun schon.«
    »Und wenn sie dennoch käme – und Sie wären einfach auf und davon …«
    »Glauben Sie, ich hätte mir das alles nicht überlegt? Ich sage Ihnen, ich tue hier nichts Gutes. Ich bin nur so etwas wie eine Injektion, die den Kranken aufpulvert, ein Stimulans, ein Aufschub, kein Heilmittel.«
    Sie schwieg sekundenlang. Dann sagte sie mit schwankender Stimme: »Das Leben ist sehr kostbar – auch jetzt noch.« Ihre Kraft war fast zu Ende.
    Darauf konnte ich nichts erwidern. Sie gewann ihre Fassung wieder.
    »Sie können uns am Leben erhalten. Eine Chance bleibt uns. Es kann eine Wendung kommen. Auch jetzt noch.«
    Die Antwort darauf hatte ich schon gegeben. Ich wiederholte sie nicht.
    »Es ist so schwer«, sagte sie wie zu sich selber. »Wenn ich Sie wenigstens sehen könnte … Dann freilich wäre ja alles anders … Sie sind jung? Ihre Stimme klingt jung.«
    »Ich bin unter dreißig«, antwortete ich. »Und ganz durchschnittlich.«
    »Ich bin achtzehn. Der Tag, an dem der Komet kam, war mein Geburtstag.«
    Mir fiel nichts ein, was ich hätte sagen können, ohne dass es wie eine Grausamkeit geklungen hätte. Es entstand eine lange Pause. Ich sah, dass sie ihre Hände

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