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Die Trinity-Anomalie (German Edition)

Die Trinity-Anomalie (German Edition)

Titel: Die Trinity-Anomalie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sean Chercover
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geworden und steckte größtenteils unter einer Mütze, und seine Augen waren hinter einer dunklen Sonnenbrille verborgen. Er rauchte in der Öffentlichkeit und die Großspurigkeit war aus seinem Gang verschwunden. Anfangs waren seine Schritte ein wenig zu steif, fast ruckartig, als hätte er heftigen Muskelkater. Aber nach zwei Blocks wurde sein Gang natürlicher.
    Eigentlich war Trinitys Verkleidung gar nicht mal so übel. Nur diese verdammten Cowboystiefel … 
Scheiße!
Eigentlich wollteDaniel ihm ein paar unauffällige Schuhe kaufen, aber in all der Aufregung hatte er es einfach vergessen. Na ja, seine Stiefel waren mittlerweile ziemlich schmutzig, fast grau, nicht so strahlend weiß, wie man sie vom Bildschirm kannte. Außerdem war es zu spät, um ihn zurückzupfeifen. Daniel betete leise, dass es gut gehen möge.
    Es waren zwar viele Leute unterwegs, aber die Bürgersteige waren nicht überfüllt, deshalb war es kein Problem, ihm zu folgen. Pats Route führte nur durch Einbahnstraßen, und zwar in Fahrtrichtung, sodass die Autos von hinten auf Trinity zufuhren und die Fahrer sein Gesicht nicht ohne Weiteres erkennen konnten. Daniel sah sich die Passanten an. Niemand schien den Mann mit den braunen Haaren und der Baseballmütze zu beachten, der steif die Chartres Street entlanglief und einen Sargnagel paffte.
    Als Trinity in die Dumaine Street einbog, schloss Daniel auf. Er lief nur ein paar Schritte hinter ihm her, bis sein Onkel die Straße überquerte und vor einem kleinen, eingeschossigen Haus stehen blieb. Es war weiß mit grauem Schieferdach. Fensterläden und Tür waren grün.
    Genau wie in Trinitys Vision. Daniel wurde ganz schummrig, als er ebenfalls die Straße überquerte.
    Es war ein Ladenlokal. Im Fenster leuchtete ein kleines, rotes Neonzeichen: GEÖFFNET. Trinity stand bewegungslos da und starrte ins Fenster. Daniel gesellte sich zu ihm. Neben der Leuchtschrift hing ein großes, handbeschriftetes Schild:
    AYIZAN-VOODOO-TEMPEL DES SPIRITUELLEN LICHTS UND SOUVENIRLADEN
ANGELICA ORY, MAMBO
    Daniel war vollkommen entgeistert. »Machst du Witze? Ein Voodoo-Laden? Dafür haben wir uns nach New Orleans durchgekämpft, während uns die Kugeln um die Ohren geflogen sind?«
    Aber Trinity sah gar nicht auf das Schild. »Sieh mal.« Er zeigte auf einen laminierten Zeitungsausschnitt im Fenster. »Das ist sie. Die Frau aus meinem Traum.«
    Die Schlagzeile lautete: PRIESTERIN ORY SIEHT GLÄNZENDE ZUKUNFT FÜR TOURISMUS IN NEW ORLEANS. Die Frau auf dem Foto war wunderschön, genau wie Trinity sie beschrieben hatte.
    »Das darf doch wohl nicht wahr sein.« Daniel schüttelte den Kopf.
    Trinity warf seine Zigarette in die Gosse. »Nun, wir sind jetzt hier und das ist sie«, sagte er und griff nach dem Türknauf. »Komm schon.« Als er die Tür öffnete, klingelte eine Glocke über ihren Köpfen.
    »Ich komme sofort«, rief eine Frauenstimme durch einen Perlenvorhang.
    Der Laden war genau so, wie Daniel aufgrund des Schilds im Fenster erwartet – und befürchtet – hatte. Eine Touristenfalle voller Altarkerzen, Salböle, Plastikstatuetten diverser Heiliger, Amulettbeutelchen, Voodoo-Puppen, Halsketten aus Hühnerfüßen und Alligatorzähnen, New-Age-Bücher, Meditations-CDs und sogar Karikaturpostkarten mit Zombies, die man an die Familie zu Hause in Iowa schicken konnte. Auf einem Schild hinter dem Tresen gab es eine Preisliste für verschiedene Dienstleistungen, vom Kartenlesen bis zum Bannen eines Fluchs. Es roch nach Weihrauch und Patschuli.
    Mit einer Kaffeetasse in der Hand kam Angelica Ory durch den Perlenvorhang und sagte: »Tut mir leid, dass Sie warten mussten. Wir kann ich Ihnen …«
    Sie atmete scharf ein, riss die Augen auf – stechend grüne Augen, die durch den Kontrast zu ihrer tiefbraunen Haut fast hypnotisch wirkten – und ließ ihre Tasse fallen. Die Tasse zerbrach und der Kaffee ergoss sich über den Hartholzboden. »Da … das ist unmöglich«, stammelte sie und streckte einen Finger aus. »
Du
bist es.« Dann eilte sie durch den Perlenvorhang ins Hinterzimmer.
    Daniel sah seinen Onkel an. »Sehr seltsam.«
    »Sie hat mich gar nicht angesehen, geschweige denn erkannt«, sagte Trinity. »Sie hat auf dich gezeigt.«
    Daniel verriegelte die Ladentür und schaltete das Neonzeichen im Schaufenster aus. Dann ging er vorsichtig nach hinten.
    Durch den Perlenvorhang konnte er in einen Wohnraum sehen: darin handgeschnitzte Mahagonimöbel, mit Rohseide bezogen, auf dem Boden ein

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