Die Trinity-Anomalie (German Edition)
Fernsehen gesehen. Ich habe so rumgezappt, wissen Sie? Und plötzlich gab meine Fernbedienung den Geist auf, bei der Sendung von Reverend Trinity. Und der Reverend redete mit mir – ich meine,
mit mir persönlich
–, und da kam ich auf den Gedanken, dass Gott durch ihn sprach. Keine Ahnung, woher ich das wusste, aber ich
wusste
es einfach, irgendwie gefühlsmäßig. Also am nächsten Morgen, als ich von dem Anruf hörte, da wusste ich es ganz sicher und ich habe gesagt: ›Also ich bin weg, und zwar ruck, zuck.‹«
»Äh … wow.«
Der hat doch eine Schraube locker.
»Bitte erzählen Sie weiter. Was ist dann passiert?«
»Das war’s. Reverend Trinity hat mir das Leben gerettet und der Herr hat meine Seele gerettet. Ich habe meinen Kollegen gesagt, sie sollen mitkommen, aber sie sind dageblieben.
Der Vorarbeiter hat mich noch auf dem Weg zum Ausgang gefeuert. Ich bin trotzdem abgehauen. Die beste Entscheidung meines Lebens.«
»Da haben Sie wohl recht«, sagte Julia. »Also, Andrew, das ist ja eine unglaubliche Geschichte. Ich bin zwar gerade in Atlanta, aber falls Sie sich mit mir treffen wollen, kann ich heute Nachmittag in New Orleans sein.«
Was soll’s? Schließlich kommt CNN für die Flugkosten auf.
»Ich möchte Sie ausführlich interviewen und ein Profil über Sie schreiben.«
»Fliegen Sie meinetwegen ruhig nach New Orleans, aber ich werde nicht mehr da sein. Der Herr hat mir ein Zeichen gegeben und ich mache mich auf den Weg. Ich rufe Sie an, wenn ich in Atlanta bin.«
Julia legte auf und dachte:
Der muss sich wirklich mal seinen Kopf untersuchen lassen.
Sie bekam Gänsehaut an den Vorderarmen und ein Schauer lief über ihren Körper. Genau das hast du auch gedacht, als Danny anrief, erinnerte sie sich, und über hundert Menschen mussten für deine Arroganz mit dem Leben bezahlen.
Scheiße …
Ihr Magen verkrampfte sich, und zum ersten Mal seit Langem sehnte sie sich nach einer Zigarette.
Na, toll.
Nachdem Danny dem Seminar beigetreten war, fing sie richtig mit dem Rauchen an. Vorher hatte sie nur ab und zu in Gesellschaft eine gepafft. Aber vor fünf Jahren hatte sie es endlich geschafft aufzuhören, und sie würde auf keinen Fall wieder anfangen.
Danny …
Sie hatte versucht, den Gedanken an ihn zu verdrängen.
Also gut, Unterbewusstsein
, dachte Julia,
du willst also drüber reden? Dann lass uns drüber reden.
Wenn sie ehrlich war, hatte das Wiedersehen mit Danny Gefühlsschlick aufgewühlt, der vor langer Zeit aus ihrem Bewusstsein gesunken war und den sie jetzt gar nicht gebrauchen konnte. Aber das war zu erwarten gewesen. Er war immerhin ihre erste richtige Liebe gewesen. Die erste und bisher tiefste Liebesbeziehung ihres Lebens.
Nachdem er sie verlassen hatte, um Priester zu werden, war sie vor Schmerz wie gelähmt gewesen. Die nächsten Monate machte sie ihre Arbeit rein mechanisch, und wenn sie freihatte, rauchte sie Gras. Ihr Selbstwertgefühl war schwer in Mitleidenschaft gezogen worden. Schlimm genug, wenn einen ein Mann wegen einer anderen Frau verließ, aber Danny hatte sie wegen seines imaginären Gott-Daddys verlassen. Für ein Leben im Zölibat. Was sagte das wohl über ihre weiblichen Reize aus …? Es war ein harter Schlag gewesen.
Sie hatte aber nicht vor, ihm lange nachzutrauern, zwang sich, die Sache rasch hinter sich zu lassen und sich anderweitig umzuschauen. Um sich zu trösten, fing sie etwas mit einem Verflossenen aus Uni-Zeiten ein, was zu einer übereilten Ehe führte, die zwei Jahre hielt – zweieinhalb, wenn man die Verlobungszeit mitrechnete.
Ihre Schuld, denn sie war nie wirklich in Luc verliebt gewesen. Andererseits war Luc ein typischer Cajun-Macho, der seine Gedanken für sich behielt. Hinter schmiedeeisernen Gittern verborgen, für Frauen unzugänglich. Und er hätte niemals eine Frau geheiratet, die ihn gut genug kennenlernen wollte, dass wahre Liebe möglich war.
Als ihr bewusst wurde, dass sie ihren Mann nicht liebte, wollte sie ihm näherkommen. Sie hoffte, sich in ihn zu verlieben, wenn sie ihn nur richtig kennenlernte. Aber Luc konnte sich nicht öffnen und fühlte sich unter Druck gesetzt – und so war ihre Beziehung nach kurzer Zeit zum Teufel.
Danny hatte sie nie auf Distanz gehalten. Wie alle Männer hatte auch er seine schmiedeeisernen Gitter, aber er hatte sie für sie geöffnet und dahinter hatte sie ihr Zuhause gefunden … und dann, ganz plötzlich, hatte er es ihr genommen.
Und jetzt war er wieder da.
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