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Die Trinity-Anomalie (German Edition)

Die Trinity-Anomalie (German Edition)

Titel: Die Trinity-Anomalie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sean Chercover
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die Aluminium-Gangway hoch und betrat den luxuriösen Passagierraum, wo ihn der Geruch von neuem Leder begrüßte. Die breiten Sitze waren weich und ließen sich drehen, und auf jeder Kopfstütze prangte ein gesticktes, goldenes Kreuz. Es gab Seitentische aus poliertem Maserholz und an den Fenstern Seidenvorhänge. Im Fond befand sich eine gut gefüllte Bar und an der Wand ein Flachbildfernseher.
    Als sie Flughöhe erreichten, stellte er seine Sitzlehne zurück und schloss die Augen.

32
    Julia wickelte ein Handtuch um ihre nassen Haare und griff nach dem Handy. Auf dem Display war der Name ihres Redakteurs zu sehen, der aus New Orleans anrief.
    »Ich habe ihn noch nicht gefunden«, sagte sie.
    »Scheiße.«
    »Ich habe in seinem Büro mehrere Nachrichten hinterlassen, seine Geheimnummer herausgefunden und auch bei ihm zu Hause auf den AB gesprochen. In der Richtung kann ich momentan nichts mehr machen.«
    »Es
gibt
keine andere Richtung, Julia. Trinity
ist
die Story.«
    »Habe schon verstanden, Herb. Du brauchst mich nicht anzuschreien. Niemand weiß, wo er ist. Was soll ich denn machen? Außerdem hast du keine Ahnung, was hier los ist. Ganz Atlanta ist plötzlich durchgedreht.«
    »Habe ich in den Nachrichten gesehen. Was hast du sonst noch?«
    »Ich habe das Sheriff’s Office angerufen und warte auf einen Rückruf von Alatorre. Außerdem werde ich wohl ein paar Überlebende interviewen und mich mit dem menschlichen Aspekt beschäftigen. Das dürfte erst mal reichen, bis Trinity wieder auftaucht.«
    »Okay, setz dich mit Kathryn Reynolds in Verbindung. Sie ist Produzentin bei CNN. Du wirst fürs Erste mit ihr zusammenarbeiten.«
    »Oh Gott, tu mir das nicht an.«
    »Ich will nichts hören, Julia. Du weißt doch, wie’s läuft. Wir sind pleite und CNN hat angeboten, deine Spesen zu zahlen. Außerdem können wir die Werbung gut gebrauchen.
    Wenn du nicht willst, kannst du zurückkommen und wir schicken Sammy hin. Es ist deine Story, du kannst entscheiden.«
    Julia ließ einen langen Seufzer hören. »Also gut, aber ich unterstehe nur dir. Ich kann nicht zwei Herren dienen.« Sie schrieb die Telefonnummer auf, die Herb ihr gab, und sagte dann: »Ich muss mich sputen.«
    »Warte, nur noch eins.«
    »Ja?«
    »Gute Arbeit heute Morgen bei
Good Morning America

    »Danke. Dafür, dass ich nur zwei Stunden geschlafen hatte, war’s ganz okay.«
    »Besser als okay, du warst großartig. Die Kamera liebt dich.«
    »Vielen Dank.«
    »Hör zu … Ich weiß, wir bezahlen nicht so viel wie das Fernsehen – selbst für eine Zeitung ist die Bezahlung nicht toll –, aber … ich hoffe, du bleibst uns erhalten, wenn die Sache vorbei ist. Ich meine, du kannst es dir jetzt aussuchen …«
    »Mach dir keine Sorgen, Herb. New Orleans ist mein Zuhause. Und ich bin eine Zeitungsfrau. Ich habe Druckerschwärze im Blut.«
    Sie legte auf, frottierte ihre Haare, band sie zu einem Pferdeschwanz und schaltete den Fernseher an.
    Die Stadt drehte tatsächlich vollkommen durch. Verrückte aus dem ganzen Land strömten herbei, verstopften die Straßen und errichteten Zelte auf dem Parkplatz vor Trinitys Kirche. Und wahrscheinlich würde es noch schlimmer kommen. Sämtliche Fernsehsender hatten wegen dieser Story so eine Art kollektiven Tantra-Orgasmus und entschlüsselten auch Trinitys frühere Weissagungen, überprüften sie und machten aus jeder korrekten Prophezeiung eine »Sondermeldung«, wobei sie mit ebensolcher atemloser Intensität darüber berichteten wie über die Explosion in der Raffinerie.
    Wie wir soeben erfahren, hat Reverend Tim Trinity vor drei Wochen einen Verkehrstau korrekt vorausgesagt!
    Wie wir soeben erfahren, hat Reverend Tim Trinity erklärt, Jambalaya sei gesund!
    So was Idiotisches …
    Julia war wirklich eine Zeitungsfrau mit Druckerschwärze im Blut. Fernsehen ist wie ein Opossum mit Bandwurm, dachte sie, immer hungrig und bereit, jeden Dreck zu schlucken. Aber der Zeitungsbranche ging es nicht gut – einige sagten sogar, sie sei todkrank –, doch keiner wusste, was man dagegen tun sollte.
    Julia schaute kurz zum Fernseher, ohne den Ton anzustellen: eine Hubschrauberaufnahme der verstopften Highways Richtung Atlanta. Was hatte es mit diesen Menschenmengen auf sich? Es war nicht fair, sie
alle
als Verrückte abzustempeln – immerhin waren es Hunderttausende, und es wurden immer mehr. Aber trotzdem, was ging in ihren Köpfen vor? Warum akzeptierten die Menschen so gern für alles, was sie nicht

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