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Die Trinity-Anomalie (German Edition)

Die Trinity-Anomalie (German Edition)

Titel: Die Trinity-Anomalie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sean Chercover
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durch die laue italienische Nacht auf die hellen Lichter der Großstadt zu, lehnte sich in die Kurven, gab auf den geraden Strecken kräftig Gas und fühlte sich so lebendig wie seit Jahren nicht. In null Komma nichts hatte er den Vatikan erreicht, trat den Seitenständer herunter, bahnte sich seinen Weg durch die Touristenmassen an der Schweizer Garde vorbei – knallbunt wie Korallenottern und ebenso tödlich – und sprang behänd die altehrwürdigen Marmorstufen hoch.

    »Ach, hallo Daniel.« Nicks Sekretär George stand im Vorzimmer. Er sprach mit rauem Belfaster Akzent, und sein Lächeln wies Lücken auf, denn im Lauf der Jahre hatte er den einen oder anderen Zahn im Kampf eingebüßt. »Pater Nick hat schon einige Besprechungen hinter sich und es wird langsam spät. Er hat gesagt, Sie sollen nach Hause gehen und sich richtig ausschlafen. Er ist morgen früh für Sie da.«
    »Ich habe im Flugzeug geschlafen.«
    »Nun, aber
er
nicht.«
    Daniel wollte an ihm vorbeigehen, aber George stellte sich ihm in den Weg. »Nicht so schnell, Junge.«
    George war Ende vierzig, um die Mitte etwas füllig, aber unter den Fettpolstern verbargen sich harte Muskeln. Es ging das Gerücht um, George sei in seiner Jugend ein Schläger der Provisional IRA gewesen, was Daniel für durchaus möglich hielt. Und selbst ein guter Boxer kann es nur selten mit einem erfahrenen irischen Straßenkämpfer aufnehmen.
    »Ich muss zu ihm, George. Jetzt sofort.«
    George legte sanft die Hand auf Daniels Schulter und sagte mit leicht drohender Stimme: »Er hat morgen gesagt.«
    Mit einer Drehbewegung wandte Daniel sich an George vorbei, stürzte auf die Eichentür zu, riss sie auf und sagte: »Ich muss mit Ihnen reden, Nick.« Als er den Raum betrat, ließ Pater Nickeinen Ordner auf den Schreibtisch fallen, nahm seine Lesebrille ab und stand auf.
    George packte Daniel von hinten fest an der Schulter, fand den richtigen Druckpunkt am Gelenk und bohrte seinen Daumen hinein. Es fühlte sich an, als hätte Daniel einen Eispickel in der Schulter sitzen. George flüsterte in Daniels rechtes Ohr: »Ihr großkotzigen Ermittler, ihr haltet euch ja für so was Besonderes. Aber nicht mit mir, Bürschchen. Jetzt komm mal wieder runter und hör auf, dich hier wie Bono persönlich aufzuspielen.« Dann sagte er zu Nick: »Pater Nick, wenn Sie wollen, gehe ich mal mit unserem kleinen Rockstar hier nach unten und bringe ihm Manieren bei.«
    »Danke für das Angebot, George, aber es ist schon in Ordnung, ich rede mit ihm.« Er nickte beschwichtigend. »Bitte mach die Tür hinter dir zu.«
    Als George ihn losließ, verklang der Schmerz in Daniels Schulter zu einem dumpfen Pochen. Hinter ihm ging die Tür zu.
    »Haben Sie meine Nachricht nicht erhalten?«, fragte Daniel.
    »Welche?«
    Daniel bemerkte plötzlich die Schärfe in Nicks Stimme und die Wut in seinem Blick.
    »Also ehrlich gesagt«, fuhr Nick fort, »ich werde nicht ganz klug aus Ihrem Verhalten. Und eins finde ich ganz besonders seltsam: Sie hatten den ausdrücklichen Befehl, sich zurückzuziehen. Und was machen Sie? Sie wenden sich an die Presse. Und dann auch noch an Ihre Exfreundin?«
    »Spionieren Sie mir nach?«
    »Ich passe auf Sie auf … und langsam habe ich ernsthafte Zweifel. Sie machen nicht irgendeinen Job, Sie haben ein Gelübde abgelegt.«
    »Okay, hören Sie, es ist … nun ja, etwas kompliziert.«
    »Kann ich mir vorstellen.«
    »Nicht, wie Sie meinen.« Daniel hob die Hände und holte einmal tief Luft. »Ich weiß, ich habe einen direkten Befehl missachtet und es tut mir leid, aber es war Gefahr im Verzug. Sie werden verstehen,wenn Sie meinen Bericht hören.« Er holte sein Notizbuch aus der Brusttasche und klappte es auf. »Nun, Nick, wir haben es mit einem echten Wunder zu tun.«
    Nick seufzte und strich sich mit einer Hand über den Kopf. »Heilige Mutter Gottes, ich habe Sie nicht dorthin geschickt, um ein Wunder zu finden. Sie sollten einen billigen, herausgeputzten Prediger überführen, von dem Sie bereits
wussten
, dass er ein Schwindler ist. Und Sie haben es nicht nur versaut, Sie haben sich auch noch von ihm bekehren lassen.«
    »Aber das stimmt doch gar nicht. Eigentlich bin ich sogar wütend auf Gott, weil er ihn auserwählt hat. Aber ich kann nicht leugnen, was ich mit eigenen Augen gesehen habe. Und ich habe etwas Unvorstellbares gesehen. Haben Sie meine E-Mail überhaupt gelesen?«
    Daniels Vorgesetzter nickte. »Und ich glaube, er hat Sie zum Narren gehalten.

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