Die Trinity-Anomalie (German Edition)
glauben Sie mir.«
Als sie die Innenstadt erreichten, kam der Verkehr fast zum Erliegen. Ein paar Blocks nördlich von Five Points bogen sie auf die Peachtree Street ab und schoben sich zentimeterweise durch das Meer der Seelen.
Die breiten Bürgersteige quollen über von Fußgängern, die ab und zu auf die Fahrbahn hinausdrängten. Straßenverkäufer standen dicht an dicht und boten Tim-Trinity-T-Shirts, Tim-Trinity-Poster, blaue Bibeln, batteriebetriebene Ventilatoren und Flaschenwasser an.
Schweigend fuhren sie weiter, während Daniel das Treiben auf der Straße beobachtete.
Einige musizierten mit Trommeln und Tamburinen, Banjos und Gitarren.
Andere tanzten und stimmten Sprechgesänge an.
Junge Leute sangen von Frieden, Liebe und Erlösung.
Alte Männer spuckten Galle und redeten von Höllenfeuer und Verdammnis.
Einige marschierten langsam mit Transparenten durch das Chaos.
BEREITET DEN WEG DES HERRN
AMERIKA IST DAS LAND GOTTES
TRINITY WIRD UNS ERLÖSEN
Daniel staunte nur.
Unglaublich. Einfach unglaublich
.
39
In der Präsidentensuite herrschte reges Treiben. Es wurden Schreibtische und Computer aufgebaut und Telefonleitungen verlegt. Überall standen Flachbildfernseher, auf denen CNN, MSNBC, FoxNews, BBC, CBCNewsworld und SkyNews liefen, und die Hälfte der Sender brachten Reportagen über Tim Trinity.
»Danny, willkommen!«, rief Trinity über die dröhnenden Fernseher, Akku-Bohrmaschinen und klingelnden Telefone hinweg. »Ich freue mich, dass du wieder da bist.« Er deutete auf die Blondine, die ein paar Tage zuvor mit ihm aufgetreten war. »Das ist Liz Doherty, unsere PR-Direktorin.« Daniel schüttelte ihr die Hand. »Und da drüben, das ist Jennifer Bartlett«, sagte er und deutete auf die andere Seite des Raums, von wo eine kurvenreiche junge Frau in biederem Kostüm sie anlächelte und mit den Fingern winkte, während sie telefonierte. »Meine Sekretärin«, sagte er und korrigierte sich mit amüsiertem Gesichtsausdruck, »ich meine natürlich ›Chefassistentin‹.« Er ließ sein perlweißes Lächeln aufblitzen. »Wie dumm von mir … Wie war dein Flug?«
Das kann doch gar nicht wahr sein …
»Tim, was zum Teufel ist hier los?«
Trinity strahlte. »Wir haben es geschafft, Sohn! Wir haben den ganz großen Wurf gemacht!« Er deutete mit seiner Zigarette auf den Fernseher auf der Bar. »BBC, Baby! Wo ist dein Koffer?«
Daniel konnte gar keinen klaren Gedanken fassen oder seine Eindrücke richtig verarbeiten. »Ich … äh, ich weiß nicht … Ichbin unter etwas ungewöhnlichen Umständen abgereist. Mein Koffer ist weg.« Er hielt seine kleine Reisetasche hoch. »Das ist mein ganzes Gepäck.«
»Nun, dann brauchst du neue Klamotten und so.« Er rief quer durch den Raum: »Jennifer, geben Sie Danny fünftausend aus der Portokasse.«
»Ich habe dich nicht um Geld gebeten«, sagte Daniel.
Trinity winkte ab. »Wo das herkommt, gibt’s noch mehr. Mach dir keine Gedanken darüber. Ich musste schon drei zusätzliche Callcenter-Tische mieten, um mit den ganzen Anrufen fertigzuwerden. Eine halbe Million pro Stunde, rund um die Uhr. Gelobt sei unser Herr.«
Was zum Henker ist denn hier los?
»Du glaubst doch nicht etwa, dass mich das alles irgendwie beeindruckt«, sagte Daniel mit bewusst gelassener Stimme. Trinitys Lächeln wurde etwas unsicherer. Er war gerade vor seinen Leuten zurechtgestutzt worden. »Und woher wusstest du überhaupt, dass ich in diesem Flieger sitze?«
Trinitys Lächeln erstrahlte wieder in alter Herrlichkeit. Er deutete auf die raumhohen Fenster und die Stadt, die fünfundsiebzig Stockwerke tiefer in der Sonne schmorte. »Es geht nicht nur um die Leute da draußen in den Zelten. In der kurzen Zeit, die du weg warst, haben wir einen
Paradigmenwechsel
erfahren, mein Junge. Ich habe einfach meinen neuen Freund, Senator Paul Guyot, angerufen, der im Ausschuss der Homeland Security sitzt, und ihn gefragt, ob dein Name auf der Passagierliste irgendeines Fluges nach Atlanta steht. Kinderspiel. Wie ich schon sagte: Wir haben es geschafft, Baby. Wir haben den ganz großen Wurf gemacht.«
»Ich habe gerade deinetwegen mein Leben im Klo runtergespült!«, schrie Daniel. »Und wofür? Für
das
hier? Verdammte Scheiße!«
Der ganze Raum verstummte plötzlich.
Nur die Fernseher liefen leise weiter. Das Geplapper der Nachrichtensender erzeugte eine Art Hintergrundrauschen, in dem hie und da Wörter wie
Trinity … Atlanta … Wunder …
zu vernehmen waren.
Trinity hob
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