Die Trinity-Anomalie (German Edition)
mit welchem Flug Sie kommen.«
»Nehmt es nicht persönlich, Jungs, aber wieso sollte ich euch glauben?«
Der Weiße grinste. »Er hat schon gesagt, Sie wären ziemlich misstrauisch. Wir sollen die Sache mit Judas erwähnen, der vom Auto angefahren wurde. Und wir sollen Ihnen auch sagen, es stimmt nicht, was er damals gesagt hat. Keine Ahnung, was er damit meint.«
Judas …
Als Daniel neun Jahre alt war, waren sie den Sommer über in New Orleans geblieben, und Trinity hatte sich schließlich überreden lassen, einen Hund anzuschaffen. Sie hatten sich einen verwahrlosten, kleinen Köter aus dem Tierheim in der Japonica Street geholt. Trinity taufte ihn Judas. Er sagte, er hätte den Namen ausgesucht, weil jeder Hund, den er als Kind gehabt hatte, weggelaufen war und es nur eine Frage der Zeit wäre, bis dieser sich auch davonmachte.
Aber Judas lief nicht weg und sie beide verliebten sich in ihn. Daniel ging jeden Tag mit Judas im Audubon Park spazieren, und an den Wochenenden kam Trinity auch mit. Judas planschte gern im großen Springbrunnen herum und schnappte nach den Wasserstrahlen. Sie johlten jedes Mal vor Lachen.
Trinity machte es auch einen Heidenspaß, ihn in der Öffentlichkeit bei seinem Namen zu rufen.
Judas lieft nicht weg. Aber an einem verregneten Samstagmorgen Anfang August kroch er unter dem Gartenzaun hindurch, um eine Katze über die Straße zu jagen – gerade, als ein Auto um die Ecke kam. Daniel rannte hinterher, um ihn aufzuhalten. Es war zu spät.
Judas starb in Daniels Armen.
Sie begruben ihn im Garten, und Trinity machte ein kleines Holzkreuz für das Grab.
»Ich weiß, wie weh das tut, Sohn, und es tut mir leid«, sagte er, als er eine Hand auf die Schulter des Jungen legte. »Aber es ist besser, dass du es jetzt erfährst. So ist das Leben. Jeder, den du liebst, verlässt dich irgendwann.«
Und wir sollen Ihnen auch sagen, es stimmt nicht, was er damals gesagt hat.
Der Weiße fragte: »Zufrieden?«
Daniel nickte.
Der Schwarze deutete auf seinen Partner. »Das ist Chris. Ich bin Samson.« Sie gaben sich die Hand. »Der Wagen steht draußen. Gehen wir.«
Chris steuerte die große Limousine Richtung Stadtzentrum. Er mied den Highway und fuhr durch Industrie- und Wohngebiete. Samson saß mit Daniel hinten und unterrichtete ihn über alles.
»Reverend Trinity hat uns angewiesen, Ihnen uneingeschränkten Zugang zu gewähren. Außerdem stehen Sie ständig unter Schutz. Wenn Sie irgendwas brauchen, sagen Sie einfach Bescheid.« Er reichte Daniel eine Visitenkarte. »Mein Handy ist immer eingeschaltet.«
Daniel steckte die Karte in die Tasche. »Was zum Teufel ist denn eigentlich los, Samson?«
Samson pfiff durch die Zähne. »Da fragen Sie mich zu viel, Pater.«
»Einfach Daniel bitte.«
»Okay, Daniel. Was den Personenschutz angeht, ist das Ganze ein einziger Albtraum. Wir mussten Reverend Trinity aus seinem Haus schleusen und in eine sichere Umgebung bringen. Das ganze Viertel wimmelte nur so von Pilgern. Und im Westin herrscht absolutes Chaos. Es ist von Polizei umstellt und jeder, der reinwill, muss seine Schlüsselkarte vorzeigen.« Er gab Daniel eine. »Sie haben ein Zimmer auf demselben Flur wie Ihr Onkel.«
»Ich habe ein Zimmer?«
»Auf Anweisung von Reverend Trinity. Wir haben das ganze obere Stockwerk und kontrollieren den einzigen Aufzug, mit dem man bis ganz oben kommt. Der Aufzug funktioniert nur mit Code. Den ändern wir täglich. Wir haben Männer an den Treppenschächten und in der Lobby aufgestellt. Drinnen können wir ihn beschützen. Aber draußen … In den letzten sechsunddreißig Stunden sind fast eine Million Menschen nach Atlanta gekommen, und es werden immer mehr. Jetzt bauen sie schon Zelte im Piedmont Park auf. Zuerst hat die Polizei versucht, sie zu vertreiben, aber jetzt versuchen sie nur noch, dafür zu sorgen, dass nichts passiert. Die ganze Stadt ist nervös, und es fehlt nicht mehr viel, dann kippt die Stimmung um.«
»Ach du meine Güte!«
»Überall an den Rändern der Parks werden Toilettenkabinen aufgestellt«, fügte Chris hinzu, »aber es reicht alles nicht. Das Rote Kreuz hat Erste-Hilfe-Zelte aufgestellt und verteilt Wasser.«
Samson sagte: »Heute haben wir achtundzwanzig Grad Höchsttemperatur, morgen über dreißig. Die Leute da draußen brutzeln im eigenen Saft, und über kurz oder lang wird’s Krawall geben. Oder Schlimmeres. Keiner macht sich eine Vorstellung davon, wie schnell die öffentliche Ordnung zusammenbricht,
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