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Die Trinity Verschwörung

Die Trinity Verschwörung

Titel: Die Trinity Verschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Cumming
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Direktor von Saatchi oder der Weltbank sein können. Einmal war Gaddis sicher, zwei der Hochzeitsgäste erblickt zu haben, aber sie schienen ihn nicht zu erkennen und verließen kurz nach vier das Lokal.
    Kurz nach halb sechs, als die letzten Gäste hinausgeworfen wurden, stolperte Gaddis zusammen mit einer Gruppe Studenten in den jungen Morgen hinaus. Oben auf der Treppe trennte er sich von ihnen und ging ein paar Häuserblocks weiter auf der Suche nach einem Platz, an dem er sich bis sechs verstecken konnte. Es hatte aufgehört zu regnen, und er sah sich nach einem Geldautomaten um, bis ihm einfiel, dass vermutlich jede Transaktion dieser Art interessierten Zeitgenossen, die im Besitz seiner Bankdaten waren, seine Position verriet. Etwas von der paranoiden Furcht, die ihn vor dem Aufenthalt in der Bar umgetrieben hatte, hatte sich zurückgemeldet. Dreimal sah Gaddis auf die Uhr, nur um herauszufinden, dass die Zeiger sich mit unerträglicher Langsamkeit vorwärtsbewegten. Beim Gehen hatte er das Gefühl, mit seiner Körpersprache, seiner ganzen Haltung den lebenden Hinweis auf seine Schuld zu liefern. Jedem Passanten musste dieser seltsame Ausländer auffallen, der scheinbar ohne Ziel durch die Straßen ging, sich viel zu oft umdrehte, nervös in jeden Torweg, jede Seitenstraße spähte. Gaddis merkte selber, dass er die Hände ständig in die Hosentaschen schob und wieder herauszog, sich durch die Haare strich, ins Gesicht fasste. Er konnte einfach nicht locker sein.
    Schließlich zog er die letzte Zigarette aus dem Päckchen, bog ab in einen weitläufigen, tagsüber gewiss von Hunden und gurrenden Tauben bevölkerten Park, setzte sich auf eine Bank und rauchte. Diese eine Zigarettenlänge gab er sich noch, bevor er das Handy einschalten und auf Tanyas Instruktionen warten würde. Er hatte keinen Pass, keine frischen Kleider, keine Möglichkeit, Kontakt zu Freunden oder Kollegen aufzunehmen, außer über ein Telefon, das seine Position wie ein Leuchtfeuer in der Dunkelheit eines verlassenen Tals verriet, wenn er es einschaltete. Er war ganz auf sich allein gestellt.
    Gaddis drückte die Zigarette aus. Über die Bäume des Parks ragte ein mit unverständlichen Graffiti übersäter Flakturm aus Beton, ein Relikt aus dem Zweiten Weltkrieg. Er zog das Telefon aus der Tasche und schaltete es ein. Allein der Druck auf die Einschalttaste fühlte sich an wie ein Akt der Kapitulation, als fügte er sich freiwillig in die Unvermeidlichkeit seiner Gefangennahme. Er lauschte den unschuldigen Tonsignalen und Melodien des hochbootenden Telefons und rechnete jede Sekunde damit, dass ein Trupp gestiefelter Milizionäre den Weg entlanggetrampelt kam, um ihn gefangen zu nehmen. Er blickte auf den winzigen Bildschirm des Mobiltelefons. Er war der Gnade eines Stücks Technik ausgeliefert, das halb so groß wie seine Hand war. Alle fünf Balken waren zu sehen, er hatte Empfang. Aber nichts geschah. Keine Textnachricht von Tanya. Keine Meldung eines verpassten Anrufs. Nichts.
    Eine Minute verging. Gaddis schaute mehrmals auf die Uhr. Es war schon fast fünf nach sechs. Wie lange durfte er das Telefon eingeschaltet lassen? Vielleicht hatte er Tanyas Instruktionen missverstanden und das Telefon eine Stunde zu früh oder zu spät eingeschaltet. Hatte sie sechs Uhr österreichischer oder Londoner Zeit gemeint? Auf der anderen Seite des Parks, unter einer Laterne neben einer Reihe von Kinderschaukeln machte eine Frau Streckübungen für ihren Rücken. Zweihundert Meter links von ihr, halb verdeckt von Büschen, schienen zwei Männer auf den Vordersitzen eines Autos ein frühes Frühstück einzunehmen. Natürlich wurden sie zu potenziellen Agenten oder gedungenen Mördern. Ob er sich jemals wieder von dieser Paranoia befreien konnte?
    Das Telefon piepte. Gaddis stürzte sich mit manischer Erleichterung darauf.
    KUCKUCKSUHR . DIZZY MOUSE .
    Laut sagte er zu sich selbst: » Wie bitte?«, und schaute wieder auf das Display. Kuckucksuhr? Dizzy Mouse? Was meint Tanya damit? Er hatte mit detaillierten Instruktionen gerechnet, der Adresse eines sicheren Hauses in Wien, zumindest aber den Abfahrtszeiten der Züge nach Prag oder Zürich. Nicht mit so etwas. Nicht mit zwei scheinbar sinnlosen Begriffen am frühen Morgen.
    Kuckucksuhr. Sein Gehirn begann zu arbeiten. Es musste ein Code sein. Tanya versteckte ihre Instruktionen vor eventuell mitlesenden Dritten. Sie durfte keinen Ort nennen, an dem der MI 6 Kontakt mit ihm aufnehmen würde. Sie wandte

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