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Die Trinity Verschwörung

Die Trinity Verschwörung

Titel: Die Trinity Verschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Cumming
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auf der Stirnseite der Halle zubewegte, war er überzeugt, in eine Falle gelaufen zu sein. Dutzende Male war er in den vergangenen Jahren mit mehr als der erlaubten Menge Camel oder Glenlivet durch den Zoll gegangen; heute war sein Glück aufgebraucht. So unfehlbar, wie man die ersten Anzeichen einer Krankheit spürt, wusste Gaddis, das sich jemand an seiner Tasche zu schaffen gemacht hatte. Was sollte schon anderes dabei herauskommen? Er stand vor einem angegrauten, fleckigen, verkratzten Spiegel, auf dessen Rückseite er sich ein Aufgebot grinsender MI 6-Agenten vorstellte, unter ihnen Tanya, die seine letzten Augenblicke in Freiheit beobachteten. Hatte sie ihn verraten, oder sah er so erledigt aus, dass einem Zollbeamten gar nichts anderes übrig blieb, als ihm auf den Zahn zu fühlen? Gaddis stellte die Ledertasche auf einen der Tische und den Plastikbeutel daneben. Der Zollbeamte war Mitte vierzig, ein leicht übergewichtiger Mann mit blassem Stubenhockerteint, dem das kurzärmelige Hemd lose am Leib hing. Zuerst warf er einen Blick in den Plastikbeutel, untersuchte den Toblerone-Riegel, zog das Buch und den Guardian Weekly heraus und schob sie wieder hinein. Offenbar wollte er sich noch ein bisschen die Zeit vertreiben, bevor er sich der Tasche widmete.
    » Würden Sie die bitte für mich öffnen, Sir?«
    Es war die Höflichkeit der Aufforderung, die Gaddis auf den Geist ging, dieser Respekt vor dem zu befolgenden Prozedere, den Buchstaben des Gesetzes. Sie lassen einen die Tasche selbst öffnen, damit ihnen hinterher keiner vorwerfen kann, ein Beweisstück dort versteckt zu haben. Sie lassen sie einen selbst öffnen, um zu sehen, ob einem beim Aufziehen des Reißverschlusses die Finger zittern. Hitze wallte ihm durch den Körper, er hatte das Gefühl, dass der Zollbeamte mit ihm spielte. Vielleicht sollte er sich erleichtern, ihm die ganze Geschichte erzählen. Hören Sie, ich bin vom MI 6 exfiltriert worden. Letzte Nacht ist ein Mord geschehen. Ich reise mit einem gefälschten Pass. Aber vielleicht war ja doch alles nur ein Irrtum, und er wurde in ein paar Minuten wieder entlassen. Gaddis versuchte, sich einzureden, dass er in ein bestimmtes Raster passte: ein ungepflegt wirkender Mann mittleren Alters, allein aus Osteuropa einreisend. Der Zoll war verpflichtet, so jemanden zu kontrollieren.
    Er zog den Reißverschluss auf und sah seine sogenannten persönlichen Dinge in der Tasche liegen: die Paperbacks, die er in Hegyeshalom von Eva bekommen hatte, die Dose österreichischen Rasierschaum, die Tube Colgate. Seine schmutzigen Klamotten – die Sachen, die er im Kleinen Café getragen hatte – lagen jetzt neben dem Jackett, das er in der Great Marlborough Street gekauft hatte. Viki hatte es zu einer Kugel gerollt.
    Der Beamte fasste nach dem Jackett. Als er es hochhob, sah Gaddis zu seinem Entsetzen, dass etwas herausgefallen war. Etwas in Papier Gewickeltes. Ein Päckchen.
    Blitzschnell nahm der Beamte es hoch und zeigte es Gaddis.
    » Was ist das, Sir?«
    Wieder die Hitze. Die beklemmende Angst, erwischt zu werden. Gaddis starrte auf das Päckchen. Es war ungefähr so groß wie zwei Taschenbücher, in braunes Papier eingeschlagen, mit einer dicken Schicht Tesafilm verschlossen und weder beschrieben noch frankiert. Gerade wollte er bestreiten, es jemals gesehen zu haben, als eine dickköpfige Entschlossenheit, dem Beamten gegenüber nicht klein beizugeben, ihn zu einer Lüge bewog. Die Worte purzelten ihm aus dem Mund, bevor er genau wusste, was er tat.
    » Das ist ein Geschenk.«
    » Ein Geschenk?«
    » Ja.«
    Es war eine lächerliche Erklärung. Womöglich enthielt das Päckchen Drogen, die Miklós oder Viki ihm untergejubelt hatten. Wieder hatte Gaddis das Gefühl, dass ein anderer Mann seinen Körper bewohnte und für ihn das Wort ergriff. Er meinte im Rücken die verurteilenden Blicke der Menschen zu spüren, die hinter ihm vorbeigingen. Und als er ein Kind sagen hörte: » Was hat der Mann getan, Mum?«, wollte er sich umdrehen und seine Unschuld beteuern.
    » Und was ist das für ein Geschenk, Sir?«
    Der Beamte stellte die Frage in eher unbeteiligtem Tonfall, aber Gaddis sah, dass er seine Reaktion ganz genau beobachtete.
    » Ehrlich gesagt, ich weiß es nicht genau«, antwortete er. » Ein Freund hat es eingepackt. Ein Freund hat es für mich in die Tasche gelegt.«
    » Sie sehen das Päckchen zum ersten Mal?«
    Direkter Blickkontakt jetzt. Gaddis’ Blick wollte ausweichen, aber er riss sich

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