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Die Trinity Verschwörung

Die Trinity Verschwörung

Titel: Die Trinity Verschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Cumming
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Gespräch über russische Literatur wieder auf und ermutigte ihn zu einem längeren Vortrag über Tolstois Kindheit. Nachdem sie einen zweiten Espresso getrunken und zwei weitgehend geschmacklose Muffins verzehrt hatten, wurde es Zeit für das Boarding.
    Die beiden Männer steuerten auf die Sicherheitskontrolle zu. Es standen keine Polizisten am Eingang, keine Spürhunde, auch keine breitschultrigen Russen, die schwarzweiße Überwachungsfotos von Dr. Samuel Gaddis herumzeigten. Es war ein normaler Nachmittag an einem normalen Billigflugterminal. Gaddis konnte sich nicht vorstellen, dass sich ihm noch irgendein Problem in den Weg stellen würde.
    » Also«, sagte Miklós und legte ihm eine Hand auf die Schulter, » wir sind alte Freunde, okay? Sie sind für ein paar Tage bei mir zu Besuch gewesen. Die meiste Zeit haben wir getrunken.«
    Plötzlich kam die Angst zurück. Ihm wurde klar, warum Miklós ihn erst jetzt in die letzten Einzelheiten ihrer Tarnung einweihte. Offenbar hatte er befürchtet, dass Gaddis sie vergessen könnte.
    » Wir haben uns vor fünf Jahren auf einem Junggesellenwochenende in Budapest kennengelernt.« Miklós rieb sich grinsend den Bart, als wären ihm ein paar schmutzige Details dazu eingefallen. » Und jetzt müssen Sie gehen, Mr. Tait. Ich wünsche Ihnen einen angenehmen Flug.«
    Gaddis brachte ein Lächeln zustande, obwohl er vor Nervosität Sodbrennen hatte.
    » Vielen Dank für alles«, sagte er und streckte dem Ungarn die Hand entgegen. Miklós hatte offensichtlich andere Vorstellungen von einer richtigen Verabschiedung und umarmte ihn herzlich.
    » Nicht vergessen, wir sind Freunde«, knurrte er Gaddis ins Ohr. Er gab seinen Kopf wieder frei, hielt ihn aber noch bei den Armen. Sein Griff war kräftig. » Wenn Sie Probleme bekommen, rufen Sie die britische Botschaft an. Das Gesetz berechtigt Sie, sich durch Ihre Regierung vertreten zu lassen. Es kommt dann ein Botschaftsmitarbeiter zu Ihnen, jemand, der über Ihre Situation Bescheid weiß. Haben Sie verstanden?«
    » Ich habe verstanden.« Er wischte sich die Schläfe, wo er eine Schweißperle gefühlt zu haben meinte, und versuchte seinem Gesicht einen beherzteren Ausdruck zu geben. » Sie waren so wahnsinnig nett zu mir. Ich wünschte, ich könnte Ihnen auf irgendeine Weise danken.«
    » Sie müssen mir nicht danken«, erwiderte Miklós eilig, und Gaddis sah das verschmitzte Funkeln in seinen Augen, das ihm auf dem Bahnsteig in Keleti schon aufgefallen war. » Ich habe einen interessanten Tag mit Ihnen verbringen dürfen, Sam. Mit sehr anregenden Gesprächen. Ich wünsche Ihnen eine glückliche und sichere Heimkehr.« Es entstand eine kleine Pause, in der Miklós sich auf einen bösen Witz vorbereitete. » Falls man Sie fragt, ob sich jemand an Ihrer Tasche zu schaffen gemacht haben könnte, wissen Sie, was Sie zu sagen haben.«
    Gaddis lachte und machte sich auf den Weg zu den Kontrollschaltern. Er kam sich vor wie in einem Raum, in dem rundherum alle Bilder schief hingen. Wenn man den Pass nun als Fälschung erkannte? Was dann? Ob Miklós auf ihn wartete und ihm zu Hilfe kommen könnte? Ob er sich vergewisserte, dass der Engländer es in den Abflugbereich geschafft hatte? Oder war er jetzt ganz auf sich allein gestellt?
    Er stand in der Schlange hinter einem jungen polnischen Ehepaar und einem Mann mit einem braunen Gitarrenkoffer. Er drehte sich um, wollte Miklós ein letztes Mal zuwinken.
    Aber Miklós war nicht mehr da.

49
    Es war wieder genau wie in Berlin, nur dass Gaddis diesmal allein war. Diesmal begleitete ihn keine Tanya.
    Er passierte das Röntgengerät und den Metalldetektor; die Schuhe hatte er ausziehen, den Gürtel ablegen müssen. Miklós hatte ihm einen Guardian Weekly und eine Ausgabe von Malcolm Gladwells Tipping Point gekauft, die Gaddis zusammen mit einem Päckchen Zigaretten und einem Riegel Toblerone in eine Plastiktüte gesteckt hatte. Er schlüpfte wieder in seine Schuhe, fädelte den Gürtel in die Jeans und nahm die Plastiktüte aus dem Korb, der durch den Scanner geschickt worden war. Gleich darauf musste er sich schon wieder anstellen. Die Passkontrolle war nur einen Steinwurf entfernt.
    Er hatte sich gleich in der ersten Schlange angestellt, wartete hinter einem älteren englischen Ehepaar und einem jungen Mann mit Rastafrisur und geschulterter Segeltuchtasche, die schon die eine oder andere Mottenepidemie hinter sich zu haben schien. Es war die kürzeste Schlange, aber nach einem Blick auf den

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