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Die Trinity Verschwörung

Die Trinity Verschwörung

Titel: Die Trinity Verschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Cumming
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Grenzbeamten wusste er, dass er schlecht gewählt hatte. Am Nachbarschalter saß eine relativ harmlos aussehende Frau, sein Beamter dagegen hatte den strengen, dienstbeflissenen Blick des eingefleischten Bürokraten. So jemandem könnte es ein seelisches Fußbad sein, einen britischen Touristen in die Mangel zu nehmen.
    Mit einem Abknicken der Hand wurde Gaddis herangewinkt. Den gefälschten Pass hatte er griffbereit und reichte ihn unter einer dicken Glasscheibe hindurch. Der Beamte nahm ihn nicht entgegen, sondern wartete, bis Gaddis ihn abgelegt hatte, als wollte er sehen, ob seine Hand dabei zitterte. Gaddis spürte, wie der Blick des Beamten hinauf zu seinem Gesicht wanderte, und erwiderte ihn ostentativ, schaute ihm direkt in die Augen. Der Ausdruck des Beamten war von eisiger Kälte. Den aufgeklappten Reisepass schnappte er sich mit – wie Gaddis fand – beinahe verächtlichem Misstrauen und sagte: » Wie heißen Sie, bitte?«
    » Tait.« Gaddis nahm zum ersten Mal sein Pseudonym in den Mund. » Sam Tait.«
    Der Beamte hatte bereits die letzte Seite des Passes aufgeschlagen und studierte das Foto, als ahnte er, dass ein vom MI 6 gedungener Fälscher es erst vor ein paar Stunden dorthin platziert hatte.
    » Was war der Grund für Ihren Aufenthalt in Budapest, bitte?«
    Vor lauter Angst brachte Gaddis im ersten Moment nichts heraus. Er war davon überzeugt, jeden Moment verhaftet zu werden. War das Tanya Acocellas letzter Verrat? Hatte Miklós ihn kaltblütig in die Fänge der ungarischen Polizei geführt?
    » Bitte?«
    » Ich frage Sie nach dem Grund Ihres Aufenthalts in Budapest.«
    » Oh, tut mir leid. Ich hab Sie nicht richtig verstanden.« Und dann fiel Gaddis wieder ein, wie man log. » Ich habe einen Freund besucht. Privat, nicht geschäftlich.«
    Für den Moment schien die Geschwindigkeit und Exaktheit, mit der die Antworten kamen, den Beamten zufriedenzustellen, aber jetzt wandte er seine Aufmerksamkeit wieder dem Foto zu. Er blickte hoch zu Gaddis’ Gesicht. Dann wieder hinunter auf das Foto. Dann wieder hoch, nötigte Gaddis, aufrechter vor dem Schalter zu stehen. Zu Gaddis’ Entsetzen holte er jetzt noch eine Lupe hervor und begann, das Foto zu untersuchen wie ein Diamantenhändler den Schliff eines Steins. Das rechte Auge ruhte auf der Seite des Reisepasses, prüfte minutiös jedes Wasserzeichen, jede gekreuzte Schraffur, jedes gefälschte Pixel. Gaddis wechselte den Plastikbeutel von der rechten in die linke Hand, warf einen sehnsüchtigen Blick hinüber zum Abflugbereich jenseits der Sicherheitskontrollen, der ihm jetzt wie eine unerreichbare Oase in der Wüste erschien, und versuchte, Ruhe zu bewahren. Jede Sekunde rechnete er damit, aufgefordert zu werden, zur Seite zu treten und dem Beamten in den Verhörraum zu folgen.
    » Vielen Dank, Mr. Tait. Ich wünsche einen guten Flug.«
    Gaddis musste sich zwingen, nicht in wilder Erleichterung den Pass an sich zu reißen. Augenblicke später saß er in dem für Raucher reservierten Bereich, sog den Rauch einer Zigarette tief in sich hinein und dankte im Stillen der Kompetenz einer Tanya Acocella. Wenn ihn jetzt kein extremes Pech heimsuchte, musste er sich nicht mehr bedroht fühlen, weder von der Flughafenpolizei noch von russischer Überwachung.
    Zwei Stunden später landete der easyJet in Gatwick. Während des Flugs hatte Gaddis auf seinem Fensterplatz sogar für zwanzig Minuten die Augen schließen und dringend benötigten Schlaf nachholen können. Aber er hatte keine Glücksgefühle, als das Flugzeug in einem verregneten England landete, sein Herz tat keinen Sprung der Wiedersehensfreude. Bestenfalls fühlte er die Beklommenheit dessen, der in die Falle zurückkehren musste, der er gerade erst entkommen war. Als ahnte er, dass seine Probleme noch lange nicht beendet waren, sondern jetzt erst richtig beginnen sollten.
    Bis er zur Zollkontrolle kam, war alles in Ordnung. Er hatte seine Tasche vom Karussell geholt, den überschwänglichen Dank eines alten Ehepaars entgegengenommen, dem er mit den Koffern geholfen hatte, und sein eigenes Gepäckstück zu dem grün markierten Bereich ganz hinten in der Halle getragen. Keine fünf Meter trennten ihn mehr von der Freiheit, als ein Zollbeamter sich ihm in den Weg stellte, auf die Ledertasche deutete und ihn aufforderte, auf die Seite zu treten.
    » Dürfte ich da mal einen Blick hineinwerfen, Sir?«
    Eine elende Enttäuschung ergriff Besitz von Gaddis. Als er sich auf die Reihe niedriger Stahltische

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