Die Trinity Verschwörung
zusammen und lächelte, als wollte er den Beamten von seiner Anständigkeit überzeugen.
» Nein, gesehen hab ich es schon. Aber ich musste Hals über Kopf aus Budapest abreisen. Ein Freund hat die Tasche für mich gepackt.«
» Jemand anderer hat sich an Ihrer Tasche zu schaffen gemacht?«
Gaddis hatte das Gefühl, dass ihm die Worte im Mund umgedreht wurden, seine Lügen schon entlarvt waren, bevor er sie ausgesprochen hatte. Warum hatte er dem Beamten nicht einfach die Wahrheit gesagt? Miklós’ letzte Worte fielen ihm ein, der Witz, den er gemacht hatte. Falls man Sie fragt, ob sich jemand an Ihrer Tasche zu schaffen gemacht hat, wissen Sie, was Sie zu sagen haben. Es schmerzte, so leicht übertölpelt worden zu sein.
» Was heißt zu schaffen gemacht?«, antwortete er, ohne genau zu erinnern, was gesagt worden war. » Es war eben wenig Zeit.«
Der Beamte hatte genug gehört. Er legte das Päckchen auf den Tresen, durchsuchte den Rest der Tasche, dann suchte er in der Hosentasche nach einem Teppichmesser.
» Dann wollen wir es doch mal öffnen, oder?«
Unverzüglich begann er, die Tesafilmstreifen aufzuschneiden. Es sind Drogen, dachte Gaddis, Koks oder Pillen, was sollte es sonst sein? Der Beamte entfernte das braune Packpapier. Ein Spürhund hat den Stoff erschnuppert, und sie mussten nur noch abwarten, wer die Tasche vom Band nimmt.
» Dann wollen wir mal«, sagte der Beamte. Gaddis starrte auf eine kleine dunkle Plastikbox, die der Beamte in der Hand hielt. » Werfen wir einen Blick hinein.«
Er hatte dickliche Finger mit sauberen, kurz geschnittenen Nägeln. Der Deckel der Box schnappte auf. Drinnen, verborgen in einem Nest aus Seidenpapier, war kein Beutel mit Kokain, kein Haschischblock, kein Röhrchen mit Tabletten, sondern eine Armbanduhr mit einem abgenutzten Metallarmband. Der Beamte nahm sie heraus.
» Ein Geschenk«, sagte er.
Womöglich war er noch verblüffter als Gaddis.
» Die muss Dan gehören«, zauberte er gleich die nächste Lüge aus dem Hut.
» Dan?«
» Ein Freund von mir, der letzte Woche in Budapest war. Er muss sie dort vergessen haben.«
» Wo?«
» In dem Apartment, in dem ich gewohnt habe.«
» Aha.«
Gaddis hatte keine Ahnung, wo er seine Lügen herholte, aber sie schienen die gewünschte Wirkung zu haben. Der Beamte schaute jetzt eher gelangweilt. Zweifellos hatte er sich einen dickeren Fisch erhofft.
» Verstehe. Bitte entschuldigen Sie, dass wir Ihre Zeit in Anspruch genommen haben.«
» Keine Ursache.«
Hätte in der Abfertigungshalle ein Sofa gestanden, hätte Gaddis sich zufrieden hineinplumpsen lassen und sich eine Zigarette angezündet. Stattdessen packte er seinen Krempel wieder in die Tasche und ging auf eine Reihe automatischer Türen zu, hinter denen Tanya auf ihn wartete. Sie stand neben einer Säule und trug denselben Regenmantel wie bei ihrer letzten Begegnung vor dem UCL . Sie sah müde aus. Wahrscheinlich hatte sie seit seinem ersten aufgeregten Anruf aus Wien keinen Schlaf mehr bekommen bei all den Plänen und Notfallmaßnahmen, die sie im Lauf der letzten Stunden von Vauxhall Cross aus koordinieren musste.
» Ich weiß nicht, wie ich Ihnen danken soll«, sagte er, obwohl er mit den Gedanken noch bei dem Rätsel der Armbanduhr war. Sie nahmen sich nicht in die Arme, gaben sich nicht einmal die Hand. Es war wie das Wiedersehen eines Liebespaars Monate nach dem Ende der Affäre: die Atmosphäre aufgeladen, das Benehmen zivilisiert.
» Nicht nötig«, sagte sie.
» Ich hatte Ärger mit dem Zoll.«
Ein rascher besorgter Blick. » Ärger?«
» Etwas in meiner Tasche. Ein Päckchen. Ich vermute, Ihre Freunde haben es reingelegt, ohne mir Bescheid zu sagen.« Gaddis schaute in Richtung der Abfertigungshalle. » Ein Zöllner hat mich rausgepickt und meine Tasche durchsucht. Haben Sie eine Ahnung, was das gewesen sein kann?«
Tanya stieß einen unterdrückten Fluch aus und schob Gaddis fort vom Ausgang des Ankunftsbereichs. » Dieser Vollidiot.«
» Wer?«
» Miklós. Ich hab ihm gesagt, er soll die Dinge nicht noch komplizierter machen und die Uhr auf einem anderen Weg schicken.«
» Sie wissen darüber Bescheid?«
Tanya nickte. » Sicher.« Er hatte sie selten so verärgert gesehen. » Tut mir leid, dass man Sie da mit reingezogen hat.«
Gaddis schaute sich um, rechnete fast schon damit, Des mit einer Tüte Murray Pfefferminz und einer News of the World aus einer WH -Smith-Filiale kommen zu sehen. » Wir scheinen es zur Gewohnheit werden
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