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Die Trinity Verschwörung

Die Trinity Verschwörung

Titel: Die Trinity Verschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Cumming
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alte bucklige Frau überfahren, die ihren Einkaufswagen über die Straße zog. Gaddis suchte Miklós’ Blick, und ihm fiel auf, dass der Ungar insgesamt ernsthafter geworden war. Sie stellten die Tasche in den Kofferraum, setzten sich in den Wagen und legten die Sicherheitsgurte an.
    Es war ein Beweis für sein Vertrauen zu dem Ungarn, dass Gaddis den Inhalt der Tasche nicht noch einmal überprüft hatte. Hätte er es getan, wäre ihm das kleine Päckchen aufgefallen, das Viki zwischen das Jackett und die schmutzigen Sachen gestopft hatte.
    Das Ehepaar hatte beschlossen, Dr. Sam Gaddis als Kurier zu benutzen.

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    » Hören Sie gut zu.« Miklós hatte den Motor angelassen und lenkte den Wagen auf die Straße. » Wir fahren jetzt zum Flughafen. Sie sind auf den easyJet nach London Gatwick um 16.30 Uhr gebucht. Im Internet ist der Flug ohne Verspätung angekündigt. Wenn wir in Ferihegy sind, werden wir sehen, ob das stimmt. Sollte es zu Verspätungen kommen, setzen wir uns einfach in ein Café und unterhalten uns, okay? Den Pass haben Sie eingesteckt?«
    Gaddis langte in die Manteltasche und zog den Reisepass heraus.
    » Wie Sie auf der ersten Seite lesen können, heißen Sie heute einmal nicht Samuel Gaddis. Ihr Name für diese Reise ist Samuel Tait. Vorname und Geburtsdatum sind gleich geblieben. Damit alles echt aussieht, haben wir auch eine Kontaktadresse für Notfälle eingetragen.« Gaddis schaute auf die innere Rückseite. Dort standen mit blauem Kugelschreiber die Adresse und Telefonnummer einer gewissen Josephine Warner. » Wenn Sie Kontakt zu Tanya in London aufnehmen wollen, suchen Sie in der Namensliste auf dem Mobiltelefon nach › Jo‹. Der Kontakt läuft über eine Vermittlung.«
    » Was bin ich von Beruf?«, fragte Gaddis. Er wusste, dass er einen wachen, professionellen Eindruck machen, zur rechten Zeit die richtigen Fragen stellen musste, dabei war sein Kopf von Zweifeln zermürbt.
    » Gut mitgedacht.« Miklós bog nach links auf eine einspurige Schnellstraße und drückte auf die Hupe, weil ein Mopedfahrer sie auf der Innenbahn geschnitten hatte. » Sie haben denselben Job. Sie lehren Geschichte am University College London. Das hat sich nicht geändert. Nichts hat sich geändert, außer Ihrer Adresse, Ihrem Nachnamen und der Nummer Ihres Reisepasses. Wir sind immer bemüht, die Dinge so einfach wie möglich zu lassen.«
    Immer. Gaddis schaute zum Fenster hinaus auf einen gewöhnlichen Budapester Tag. Wer Miklós’ Dienste wohl sonst noch in Anspruch genommen hatte? Was für Menschen, unter welchen Umständen? Wie anders mochten die Dinge noch vor dreißig Jahren gewesen sein, als es in jedem Mietshaus Spitzel, an jeder Straßenecke Geheimpolizei gegeben hatte? Ihre Fahrt wurde an einer Verkehrsampel aufgehalten, und Gaddis erlebte einen ersten Anflug von Panik, als könnte er jeden Augenblick von Bewaffneten umringt oder an den Straßenrand gewunken werden. Aber der Moment ging vorüber. Er schob es auf Erschöpfung und Schlaflosigkeit und ermahnte sich, am Flughafen die Zigaretten nicht zu vergessen. Die Ampel sprang auf Grün, und Miklós fuhr los, vorbei am Gelände eines Gebrauchtwagenhändlers und sonnengebleichten Werbeplakaten für Samsung-Fernsehgeräte, Whisky oder Damenunterwäsche.
    Der Flughafen tauchte schneller als erwartet vor ihnen auf, ein nagelneues Gebäude, erbaut in einem Stil, den Architekten bevorzugen, die Zeit und Geld sparen müssen: Die Abflughalle ähnelte einem aus vorgeformten Kunststoffbauteilen zusammengesetzten Flugzeughangar. Gaddis hatte ein Chaos wie auf Scheremetjewo erwartet, stattdessen kam er sich im Inneren des Terminals wie in einer Ikea-Filiale vor. Alles makellos sauber mit harten, terracottafarbenen Plastiksitzen und Wänden, deren strahlendes Weiß die Härte des Lichts im Terminal noch verstärkte. Miklós plauderte mit ihm, als sie auf den Abflugschalter zuschlenderten. » Sehr gut, ausgezeichnet«, sagte er, nachdem er entdeckt hatte, dass der easyJet ohne Verspätung angekündigt war. Nach kurzem Warten in der Schlange gab Gaddis seine Tasche auf, bekam den Bordpass und setzte sich mit Miklós in eine Filiale von Caffè Ritazza, wo sie sich Espressos bestellten. Immer wieder suchte sein Blick die Halle nach Hinweisen darauf ab, dass jemand ihn erkannt haben könnte. Aber ein Gefühl der Bedrohung wollte sich in einer solch nüchternen Umgebung beim besten Willen nicht einstellen. Miklós, nach wie vor bemüht, Gaddis zu beruhigen, nahm das

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