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Die Trinity Verschwörung

Die Trinity Verschwörung

Titel: Die Trinity Verschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Cumming
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gerechnet, sie jemals so zu sehen zu bekommen.
    » Warum lächeln Sie?«, fragte sie.
    Er beschloss, ehrlich zu sein. » Es ist interessant, Ihr Zuhause kennenzulernen«, sagte er. » Man denkt einfach nicht, dass Spione Toaster und Mikrowellenherde haben. Ich hab mir immer Waffenschränke und E-Type Jaguars vorgestellt.«
    » Die hab ich verkauft.«
    Er fragte sich, wie viel Zeit sie in dem Haus verbrachte, wie oft sie und Jeremy zusammen waren. War » nichtstaatliche Organisation« nur eine Tarnbezeichnung für SIS ? Sicher. Wahrscheinlich haben sie sich bei der Arbeit kennengelernt und ineinander verliebt. So ein Job brachte einen in die entlegensten Ecken dieser Erde; wahrscheinlich konnten sie von Glück sagen, wenn sie drei- oder viermal im Jahr gemeinsam zu Abend essen konnten.
    » Das Video«, sagte Tanya.
    Gaddis ging zurück ins Wohnzimmer und nahm die Kassette aus der Plastiktüte. Als er sich umdrehte, ging sie gerade die Treppe hinauf.
    » Jeremy müsste noch einen alten Recorder in seinem Arbeitszimmer stehen haben.«
    Augenblicke später kam sie mit einem verstaubten Videorecorder und einem Knäuel alter Anschlusskabel zurück.
    » Glück gehabt.«
    Sie hockten sich vor den Fernseher. Er roch ihr Parfüm und fragte sich, ob sie im Schlafzimmer frisches aufgelegt hatte. Der Fernseher war supermodern, ein Bildschirm von der Größe einer mittleren Perserbrücke; Gaddis befürchtete schon, die Technik des Videorecorders könnte zu alt dafür sein.
    » Es gibt ein Scartkabel«, sagte Tanya hoffnungsvoll und steckte es in den Anschluss.
    Die nächste Sorge galt der Kassette selber.
    » Jetzt brauchen wir starke Nerven«, sagte Gaddis. » Diese alten Kisten fressen liebend gerne Kassetten.«
    Er drückte auf die Einschalttaste. Der Fernseher war bereits eingeschaltet und wechselte automatisch auf den AV -Kanal, der das Video zu unterstützen schien.
    » Versuchen Sie Ihr Glück«, forderte Tanya ihn auf.
    Gaddis schob die Kassette in die Öffnung des Recorders, sie wurde ihm aus den Fingern gezogen. Das Band begann sich aufzuspulen.
    » Nicht fressen, Mistding«, murmelte er. » Wehe du frisst sie.«
    Tanya lachte. Ihre Knie berührten sich, und er konstatierte, dass sie keine Anstalten machte, etwas daran zu ändern. Plötzlich erwachte der Flachbildschirm zum Leben. Aber kein Sergej Platow war zu sehen. Stattdessen lief der Vorspann der Parkinson-Talkshow.
    » Können Sie den Ton einschalten?«, fragte Gaddis.
    Tanya drückte auf eine Taste der Fernbedienung, und die Titelmelodie dröhnte ihnen in den Ohren. » Weiter«, sagte sie und stellte den Ton leiser.
    Es handelte sich offensichtlich um eine Folge jüngeren Datums. Die Anwesenheit des ersten Gastes – Jamie Oliver – war der Beweis, dass sie keinesfalls älter als zehn Jahre sein konnte.
    » Können wir weiterspulen?«, fragte Tanya.
    Gaddis drückte die Taste für schnellen Vorlauf, und die Talkgäste flitzten in verschwommenen Nahaufnahmen vorüber. Joan Rivers. Cliff Richard. Parky. Fünf Minuten kauerten sie dort auf dem Fußboden, den Blick gebannt auf den Bildschirm gerichtet, und warteten auf eine Unterbrechung der Sendung. Vergeblich. Keine Bilder von Sergej Platow, isoliert in einem sicheren Haus in Berlin, stattdessen eine Episode von Cheers, und für den Rest der Laufzeit von mehr als einer Stunde rieselten Salz und Pfeffer über den Bildschirm. Als die Kassette – am Ende angekommen – ausgeworfen wurde, war Gaddis enttäuscht und musste sich eingestehen, zu optimistisch gewesen zu sein.
    » Uns bleibt ja noch eine Chance«, sagte Tanya und deutete mit dem Kopf auf die Plastiktüte. Beim Aufstehen knackten ihre Kniegelenke.
    Gaddis holte die BASF -Kassette. Tanya hatte einen Schrank neben dem Tisch geöffnet, in dem ein kleiner Denon Hi-Fi-Turm stand, ein Tapedeck auf halber Höhe. Er brachte ihr die Kassette und nahm auf einem der harten Esstischstühle Platz. Nach drei Sekunden Stille am Anfang der Kassette erklangen die ersten Takte von Prokofjews Romeo und Julia. Gaddis sah sie an.
    » Geduld«, sagte sie. » Geduld.«
    Über eine Stunde lang lauschten sie dem Ballett, gingen im Raum auf und ab, tranken eine zweite Tasse Tee, machten sich Rühreier auf Toast. Nach der Hälfte der Rückseite gab Tanya auf und machte in der festen Überzeugung, dass kein Platow-Verhör mehr folgen würde, eine Flasche Wein auf. Gaddis hörte sich die Kassette sicherheitshalber bis zum Schluss an, bevor er seinen Teller in die Küche trug.
    »

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