Die Trinity Verschwörung
Frage.«
» Warum nicht?«
» Weil es Selbstmord wäre, Sam. Doronin hat dem FSB Ihre Beschreibung gegeben. Wahrscheinlich warten die schon vor Ihrem Haus. Sie müssen nur die Nasenspitze nach Shepherd’s Bush hineinstecken und sind geliefert.«
» Und warum fahren wir dann auf der M25 Richtung London?«
» Weil ich Sie in ein sicheres Haus bringe.«
Gaddis fühlte eine Mischung aus Erleichterung und Verzweiflung: Erleichterung, weil Tanya ihm ein gewisses Maß an Schutz bot, Verzweiflung, weil man ihn aus seinem Haus vertrieb.
» Ist es wirklich so gefährlich?«, fragte er. » Wenn wir nur einen ganz kurzen Abstecher machen? Ich muss mich doch umziehen. Meine Papiere sind alle im Haus, das ganze Zeug für meine Arbeit. Nur fünf Minuten.«
» Nein«, antwortete Tanya.
» Ihr letztes Wort?« Ein jäher Zorn stieg in ihm auf, ausgelöst durch die plötzlichen Barrieren, die man vor seinem gewohnten Leben errichtete. » Ich darf nicht nach Hause? Anordnung vom MI 6?«
» Nicht vom MI 6.«
» Sondern?«
» Von mir.«
Er war längst an der Zeit für die nächste Zigarette, doch er schob das Päckchen zurück in die Manteltasche.
» Von Ihnen?«
» Brennan will Sie von der Bildfläche haben.« Tanya spuckte die Worte beinahe heraus, als könnte sie selber nicht glauben, was sie da sagte. » Sie sind ihm ein Dorn im Auge.« Gaddis spürte den Konflikt, die Zweifel, die in ihr arbeiteten. » Ich werde ein paar Tage auf Sie aufpassen. Die Russen könnten den Hinweis auf Wilkinson von Brennan bekommen haben, fürchte ich. Und ich habe mich nicht um diesen Job beworben, um tatenlos mitanzusehen, wie mein Boss seine eigenen Mitarbeiter an den Kreml verrät und die Leben unschuldiger Menschen aufs Spiel setzt.«
Einen Moment lang glaubte er, dass sie schon wieder mit ihm spielte. Ihre Worte klangen aufrichtig, aber dieses schwerwiegende Eingeständnis war so untypisch, dass er sich fragte, ob nicht jedes Wort einstudiert war. Es war ein Mechanismus, den Gaddis ausgebildet hatte, ein Sicherheitsventil, um nicht manipuliert zu werden. Doch als er jetzt ihre Hand in seine nahm, wusste er, dass Tanya es ehrlich meinte. Er spürte es an der Art, wie sie ihn anschaute und gleich wieder wegsah. Kurz erwiderte sie seinen Händedruck, die Zusicherung ihrer Freundschaft, dann ließ sie los. War ihre Theorie realistisch? So ungeheuer die Beschuldigung war, Brennan hatte gute Gründe, Wilkinson zu verraten. Gaddis drehte sich um und blickte hinter sich. Auf der Rückbank des Renaults lag Wäsche aus der Reinigung, auf dem Boden verstreut der Inhalt einer Dose Roses Chocolates. Dies war ihr Auto, ihre Operation. Er dachte an Eva, an Fußballschuhe und Kinder.
» Bringen Sie mich zu mir nach Hause«, sagte er, als wollte er die Diskussion ganz von Neuem beginnen.
» Sie hören mir nicht zu. Es hat keinen Sinn, nach dem Band zu suchen. Ihre Geschichte wird nie erscheinen. Man wird Ihnen nicht erlauben, sie erscheinen zu lassen. Die Regierung drückt den Zensurstempel auf das Crane-Buch, bevor Sie den ersten Absatz formuliert haben.«
Das bezweifelte Gaddis.
» Glaub ich nicht. Mit solchen Sätzen wollen Sie sich um Dinge herumdrücken, von denen Sie wissen, dass wir sie tun müssen. Sehen Sie sich Platow an, Tanya. Meinen Sie nicht, dass es Zeit für einen Wechsel in Moskau wäre, eine neue Besetzung?« Sie schüttelte den Kopf, aber das war der Reflex des Bürokraten. » Sehen Sie sich seine Bilanz an. Platow hat in Russland innerhalb weniger Jahre den offenen Totalitarismus installiert. Unschuldige Bürger werden in die Luft gesprengt, um illegale Kriege im Ausland zu rechtfertigen. Exilanten werden in fernen Städten ermordet, um abweichende Meinungen mundtot zu machen. Zeitungsredakteure, die den Mut haben, die Orthodoxie herauszufordern, lässt man in Krankenhäusern verrecken. Scheiß auf den Zensurstempel. Wenn wir das Videoband in die Hände kriegen und der Öffentlichkeit zugänglich machen, und sei es nur im Internet, dann haben wir die Macht, das Dreckschwein aus dem Amt zu kegeln.«
Tanya glitt an einem MG Cabrio vorbei.
» Fünf Minuten«, sagte sie. » Keine Sekunde länger.«
50
Sie parkten etwa dreihundert Meter vor Gaddis’ Hauseingang am nördlichen Ende der Straße.
» Das ist nicht mein Haus«, sagte er.
» Ich weiß. Welche Hausnummer haben Sie?«
» Ich dachte, Sie wissen alles über mich, Josephine. Sie lassen nach.«
Tanya erklärte ihm, dass sie Ausschau halten wollte, ob irgendwelche
Weitere Kostenlose Bücher