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Die Trinity Verschwörung

Die Trinity Verschwörung

Titel: Die Trinity Verschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Cumming
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war noch nicht zehn, als Gaddis sich schon zu Tode langweilte. Er stopfte seine Klamotten in die Waschmaschine in der Küche. Gegen elf hängte er sie im Garten auf eine Wäscheleine, dann suchte er tatsächlich Zuflucht beim Tagesprogramm des Fernsehens und entschied sich für einen alten Schwarzweißstreifen mit James Cagney. Sah so seine Zukunft aus? Wann immer er darüber nachdachte, was Brennan und Tanya für ihn ausgeheckt haben mochten, kam er zu dem Schluss, dass es nur ein Zeugenschutzprogramm sein konnte, wie Edward Crane es für sich in Anspruch nahm. Das war kein Leben. Allein die Vorstellung deprimierte ihn zutiefst. Eine solche Existenz würde ihn von Min trennen, von seiner Arbeit am UCL , von der gesamten Struktur seines Lebens. Er musste Kontakt mit Holly aufnehmen. Sein einziger Weg in die Freiheit führte über diese Kassette.
    Um halb drei fand er im Kühlschrank ein Fertiggericht Spaghetti Bolognese und etwas Salat. Erst als er die Salatsauce mit einer Scheibe alten, trockenen Brots auswischte, fiel ihm der Umschlag wieder ein, der auf der Matte vor seiner Haustür in Shepherd’s Bush gelegen hatte. Er holte die Tragetasche aus dem Wohnzimmer, setzte sich mit einem Küchenmesser aufs Sofa und ritzte den Umschlag auf.
    Die Handschrift auf der Vorderseite des Umschlags kam ihm nicht bekannt vor. Er vermutete ein Buch, vielleicht ein Manuskript, das ihm ein Kollege schickte.
    Aber es war etwas anderes.
    Der Umschlag enthielt Fotografien. Gaddis zog sie zusammen mit einer getippten, nicht unterschriebenen Nachricht auf einem zusammengefalteten DIN -A4-Blatt heraus.
    DIE SUMME VON HUNDERTTAUSEND PFUND WIRD AUF IHR BANKKONTO ÜBERWIESEN . DAS IST MEHR , ALS SIE FÜR IHR SCHWEIGEN ERWARTEN DÜRFEN .
    Als er die Fotos umdrehte, durchfuhr ihn ein jäher Schmerz. Was er sah, tat ihm in der Seele weh.
    Es waren sieben Fotos von Min.
    Min am Strand. Min mit einer Freundin. Min mit Natasha. Min vor ihrer Schule.
    Gaddis sprang auf und rannte zur Tür.

52
    Fünfzig Meter vor der Cromwell Road fand Gaddis eine Telefonzelle; das Gebrüll einer vielbefahrenen sechsspurigen Schnellstraße toste durch die Zellentür, als er den Hörer aufnahm. Er durchwühlte die Hosentaschen nach Kleingeld, kippte sich den Inhalt in die offene Hand, um ein Zwanzig-Pence-Stück zu finden. Er hatte nur Pfundmünzen, stieß eine von ihnen in den Schlitz und ließ dabei drei andere auf den Boden fallen.
    Die Münze rutschte durch, ohne auf dem Display registriert zu werden. Gaddis fluchte, machte einen zweiten Versuch und verlor auf diese Weise sein zweites Pfundstück. Er wählte 155 für die Auslandsvermittlung und geriet an eine Frau mit ausgeprägtem Liverpooler Akzent.
    » Ich muss ein R-Gespräch mit Spanien führen.«
    » Gerne, Sir. Wie lautet die Nummer?«
    Natashas Festnetznummer kannte er auswendig, und nach ein paar Sekunden klingelte in Barcelona das Telefon. Sei zu Hause, flüsterte er. Sei bitte zu Hause.
    » Hola?«
    Es war Nick, der Freund. Die Vermittlerin teilte ihm mit, dass jemand aus London ihn » per R-Gespräch« anzurufen wünsche, und fragte, ob er bereit sei, die Gebühren zu übernehmen.
    » Na klar.« Sie wurden verbunden. » Sam?«
    » Ja. Ist Min zu Hause?«
    » Was?«
    » Ob Min zu Hause ist!«
    Nick war nicht erfreut über Gaddis’ Ton. Immerhin hatte er die Gebühren übernommen. Für seine Freundlichkeit sollte er eigentlich ein bisschen Respekt verdient haben, ein kleines bisschen Dankbarkeit, vielleicht ein nettes Wort. » Du willst Min sprechen?«
    » Ja, Min, meine Tochter. Ist sie da?«
    » Sie ist in der Schule, Sam. Du klingst nervös. Alles in Ordnung, Chef?«
    Das war ein Augenblick, in dem Gaddis nicht gerne » Chef« genannt wurde, und schon gar nicht von Natashas unfähigem, chronisch mittellosem Geliebten.
    » Nein, nichts ist in Ordnung. Wo ist Natasha?«
    » Bei der Arbeit, vermute ich mal.«
    » Vermutest du.«
    » Weißt du was, Chef, warum rufst du sie nicht einfach dort an? Scheint mir um ein Thema zu gehen, das man besser persönlich bespricht.«
    » Ich habe die Num–«
    Nick hatte aufgelegt. Gaddis stieß einen so lauten Kraftausdruck aus, dass zwei Passanten sich auf dem Gehsteig umdrehten und beklommen zu ihm hereinschauten. Er knallte den Hörer auf die Gabel, und während er das Hartgeld vom Boden aufsammelte, machte er sich klar, dass er den Namen der Firma vergessen hatte, für die Natasha in Barcelona arbeitete. Die Nummer hatte er in seinem Mobiltelefon gespeichert,

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